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Das Glas ist halb voll. Aber was aus dem Hahn kommt, war mit zunehmender Wahrscheinlichkeit schon mal im Klärwerk.

© Paul Zinken/dpa

Bilanz der Berliner Wasserbetriebe: Die Gewinne sprudeln, aber der Nachschub stockt

Das Landesunternehmen macht hohen Gewinn, muss aber mit immer höheren Investitionen dem Klimawandel begegnen. Das werden bald auch die Kunden spüren.

Ein dreistelliger Millionengewinn ist Standard, wenn die Berliner Wasserbetriebe (BWB) ihre jährliche Bilanz vorlegen. Aber bei der 2021er-Präsentation am Mittwoch wurde vor allem über Mangel geredet – weil der immer spärlichere Wassernachschub durch Regen und Flüsse die Versorgung Berlins vor ganz neue Herausforderungen stellt. Ein Überblick über die Themen, die als Kunden alle Berliner:innen betreffen.

Steigende Kosten und Gebühren

Auf 200 Millionen Euro Überschuss bei 1,22 Milliarden Euro Umsatzerlös bezifferte BWB-Vorstandschef Frank Bruckmann die wesentlichen Bilanzzahlen fürs vergangene Jahr. 122 Millionen Euro überweist das wieder komplett kommunale Unternehmen an den Landeshaushalt. Im Vorjahr waren es 194 Millionen bei 286 Millionen Euro Gewinn. Der Rückgang resultiert laut Bruckmann im Wesentlichen aus geringeren Zinserlösen.

Die seit mehr als zehn Jahren konstanten, teils sogar gesunkenen Gebühren für Trink- und Abwasser bleiben bis Ende 2023 konstant, aber danach sollen sie steigen. Wie hoch, sei vor allem angesichts der aktuellen Preisausschläge auf den Energiemärkten noch völlig offen. Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) lobte als Aufsichtsratschef die hohen Investitionen, die von knapp 400 in diesem Jahr auf 478 Millionen und in den nächsten Jahren noch weiter steigen sollen und vor allem der lokalen Wirtschaft zugute kämen. Bis 2030 wollen die BWB insgesamt 5,3 Milliarden Euro investieren.

Kostbare Ressource

Zwar ging der Trinkwasserabsatz gegenüber dem extrem trockenen Vorjahr um acht auf 215 Millionen Kubikmeter zurück, aber der Trend seit 2015 weist nach oben – weil die Stadt wächst und die Jahre 2018 bis 2020 die trockensten und wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren. Die Grundwasserstände, die darauf verzögert reagieren, seien teils deutlich gesunken. Stabil bleibt der Kreislauf vor allem dadurch, dass zwei Drittel des Trinkwassers aus Uferfiltrat um die Seen gewonnen werden – und diese wiederum mit gereinigtem Klärwerkswasser aufgefüllt werden.

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„Wassersparen auf Teufel komm raus“ ist laut Bruckmann in Berlin vorerst nicht nötig und in Privatwohnungen – der durchschnittliche Bedarf liegt bei reichlich 100 Liter pro Person und Tag – auch nur sehr begrenzt machbar. Allerdings sind Kampagnen für bewussteren Umgang mit der Ressource geplant, die sich beispielsweise an Gartenbesitzer richten sollen: Nachts zu gießen sei besser als in der Mittagssonne, Tröpfchenbewässerung besser als Rasensprenger. Eine Rationierung sei absehbar aber nicht nötig. Der Senator sekundierte: „Verbote sind für uns kein Thema.“

Ständige Wasserimporte nicht geplant

Während der Wasserverband Strausberg-Erkner im östlichen Berliner Umland gerade die Menge für Neukunden rationiert hat, kann sich Berlin laut Bruckmann wegen der Lage im Urstromtal auch langfristig selbst versorgen. Eine Fernwasserversorgung im Sinne einer Leitung aus einer wasserreicheren Region Deutschlands stehe nicht zur Debatte, aber man sei „in ersten Überlegungen und vorsichtige Gesprächen“, um die Versorgung der gesamten Metropolregion langfristig zu planen und zu sichern. Eine Option sei, aus einem Verbund heraus Verbrauchsspitzen zu glätten.

Erhöhter Klärungsbedarf

Um die Qualität im immer lokaler werdenden Berliner Wasserkreislauf zu sichern, werden alle sechs BWB-Klärwerke mit zusätzlichen Reinigungsstufen nachgerüstet. Unterschiedliche Techniken sollen beispielsweise gelöste Nährstoffe als Flocken herausholen und menschgemachte Spurenstoffe wie Medikamentenrückstände beseitigen. Bruckmann forderte „eine klare Umsetzung des Verursacherprinzips“ für Stoffe, die das Wasser belasten. Aber: „Bei den Klärwerken haben wir nicht alles geschafft, was wir uns vorgenommen haben“, sagte Bruckmann und begründete die Defizite mit Verzögerungen bei Genehmigungen, Planung und Bau.

Kanal zu voll

Während Regenwasser bei Neubauten nur ausnahmsweise in die Kanalisation geleitet werden darf, ist das im Gebäudebestand Standard. So geht Regen über Klärwerke und Flüsse verloren, statt zu versickern. Zugleich überlasten Güsse die innerstädtische Mischkanalisation, aus der dann auch Hausabwasser in die Gewässer rauscht. Nach Auskunft von Bruckmann sollen die Einleitungen von Regenwasser systematisch überprüft und Hausbesitzer zu Änderungen aufgefordert werden. „Wir wissen, dass wir uns damit nicht nur beliebt machen.“ Um die Mischwasserüberläufe zu verringern, werden 300.000 Kubikmeter Stauraum gebaut, von denen 260.000 fertig seien.

Viel Wind um grünen Strom

Die BWB-Tochter Berliner Stadtwerke hat inzwischen rund 33.000 Privatkunden und erzeugt 68 Megawatt Strom aus Wind sowie 20 Megawatt solar. Hinzu kämen Absichtserklärungen für weitere 30 Megawatt. Der Verlust von 1,4 Millionen Euro liege etwa im Plan und zeige, dass der Sprung in die Gewinnzone anstehe. Anders als andere Ökostromanbieter nehmen die Stadtwerke auch Neukunden an.

Die Leute werden immer jünger

Nach Auskunft von Personalvorständin Kerstin Oster haben die BWB im vergangenen Jahr 203 externe Bewerber:innen eingestellt, so dass das Durchschnittsalter der nun 4634 Beschäftigten auf 48 Jahre sank. Die Frauenquote liege bei insgesamt 31 Prozent, unter den Führungskräften bei 54 Prozent.

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