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Westwärts. "Nachtwölfe"-Chef Alexander Saldostanow will heute mit einem Korso von Moskau aus nach Berlin aufbrechen.

© Zurab Dzhavakhadze/dpa

Biker-Club "Nachtwölfe": Berliner Clubbetreiber rechtfertigt seine Freundschaft zum umstrittenen Rocker-Chef

Sascha Disselkamp von der Clubcommission hat eine enge Verbindung zum Chef des umstrittenen russischen Biker-Clubs „Nachtwölfe“ - und sieht darin kein Problem. Polen hat den Rockern die Durchreise verboten.

Der Chef des russischen Biker-Clubs „Nachtwölfe“, Alexander Saldostanow, der mit dutzenden Rockern zum 70. Jahrestag des Kriegsendes am 9. Mai in Berlin einfahren will, bekommt Rückendeckung aus der Berliner Club-Szene. Die „Nachtwölfe“ gelten als ultranationalistisch, Kreml-nah und streng konservativ. „Glaube, Kirche, Heimat“ sind in ihrer Satzung fest verankert, für Homosexualität haben die Rocker wenig übrig. Umso bizarrer erscheint die Verbindung zwischen ihrem Präsidenten Saldostanow und Sascha Disselkamp, Besitzer des Sage-Clubs und Mitglied im erweiterten Vorstand der Clubcommission.

Disselkamp und Saldostanow sind seit den 80er Jahren befreundet. Kennengelernt haben sie sich, als Saldostanow jahrelang im Tresor und in Disselkamps Schöneberger Club Sexton arbeitete. 1989 gründete Saldostanow die „Nachtwölfe“. Nach dem Protestauftritt der Punk-Band Pussy Riot in der Moskauer Erlöser-Kathedrale vor mehr als drei Jahren stellten sich Tausende seiner „Nachtwölfe“ vor orthodoxe Kirchen.

Sascha Disselkamp hat seinen Freund nun in Schutz genommen. Die „taz“ zitiert ihn mit folgenden Worten: „Mir hat er erst vor Kurzem gesagt, dass er überhaupt nichts gegen Schwule habe. Er sieht das eher so wie die orthodoxe Kirche, dass Schwulsein eine Krankheit ist.“

Das veranlasste die Clubcomission nun zu einem deutlicheren Standpunkt. Mehrere Vorstandsmitglieder selbst seien homosexuell und organisierten Partys in der Schwulenszene. Auf der Homepage heißt es, Disselkamp kenne „Nachtwölfe“-Mitglieder und „setzt auf Dialog“. Mit Saldostanow habe er „stundenlange Diskussionen“ geführt. Disselkamp selbst ärgert sich, dass die Überzeugungen Saldostanows mit seinen eigenen in Verbindung gebracht werden. „Ich könnte es mir leicht machen und sagen, das ist nicht mehr mein Freund, aber so bin ich nicht.“ Vor einigen Wochen seien er und andere Vertreter der Clubcommission nach Moskau gefahren, um mit Saldostanow ins Gespräch zu kommen. Der Rocker-Chef sei privat „ein wirklich liebenswerter Mensch“, seine homophoben Standpunkte könne Disselkamp aber nicht tolerieren. In Berlin habe sich Saldostanow im Übrigen auch in Kreisen bewegt, in denen eine andere Haltung als bei den „Nachtwölfen“ geherrscht habe. „Was das betrifft, erkenne ich ihn nicht wieder.“ Allerdings würden die Nachtwölfe auch keine Jagd auf Homosexuelle machen. „Dann würde ich das Wort Freundschaft nicht mehr benutzen.“

Ob der „Nachtwölfe“-Korso am 9. Mai tatsächlich in Berlin stattfindet, ist unklar. Die „Nachtwölfe“ wollen binnen zwei Wochen von Moskau aus auf der Spur der Sowjetarmee fahren, die am 9. Mai 1945 Berlin erreichte. Wenn sie ihr Ziel erreicht haben, wollen die Rocker das sowjetische Ehrenmal im Treptower Park besuchen.

Das polnische Außenministerium teilte am Freitag mit, dass den Rockern die Fahrt durch Polen verboten sei. In Tschechien muss die Motorradgang mit massiven Polizeikontrollen rechnen. „Der Staat sucht nach Wegen, um ihnen den Spaß an der Fahrt zu verderben“, berichtete die Zeitung „Lidove noviny“ am Freitag. Die Biker dürften nicht als Kolonne fahren. Die Beamten planten, nach Waffen zu suchen sowie Drogen- und technische Kontrollen durchzuführen. In einer Petition forderten 1600 Unterzeichner die Regierung in Prag auf, die Biker-Durchfahrt zu verhindern. Und auch das Auswärtige Amt hat sich zu Wort gemeldet: Die Tour leiste keinen Beitrag zur Stärkung der deutsch-russischen Beziehungen, hieß es am Freitag. Anliegen Deutschlands sei es, den 70. Jahrestag des Kriegsendes 1945 in Würde zu begehen. Angie Pohlers (mit dpa)

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