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Zentrum von Reinickendorf: das Rathaus.

© Imago/Ritter

Update

Wahl-Ärger im Berliner Norden: Vizebürgermeisterin abgelehnt – CDU verlässt Reinickendorfer Rathaus

Reinickendorf hat einen neuen Bezirkschef. Doch um seine Vize gab es Ärger. Die Kandidatin flog durch, die CDU vermutet „Traumabewältigung der SPD“.

Nach der gescheiterten Wahl von Emine Demirbüken-Wegner (CDU) zur stellvertretenden Bürgermeisterin von Reinickendorf eskaliert der Streit innerhalb der CDU im Bezirk immer weiter. Marc Lehmann, Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Frohnau, fordert den Rücktritt von Kreischef Frank Balzer. Dieser sei als Vorsitzender der Bezirksverbandes nicht mehr dazu in der Lage, die politische Situation zu überblicken, erklärte Lehmann, der bereits zuvor als Gegner Balzers galt.

Das Vorgehen der CDU-Fraktion am Mittwochabend sei alles andere als professionell und politisch unklug gewesen, sagte Lehmann weiter und forderte seinen Kreisverband dazu auf, nicht länger an der Kandidatur von Demirbüken-Wegner festzuhalten.

Was war passiert? Am Mittwochabend, kurz nach der Wahl von Uwe Brockhausen (SPD) zum neuen Bürgermeister des Bezirks, gab es Ärger mit der CDU. Deren Kandidatin von den Posten der Stadträtin für Soziales und die Vertretung von Brockhausen fiel in zwei Wahlgängen durch.

Nachdem sie im ersten Wahlgang 24 Ja-Stimmen erhielt und damit die benötigte Mehreit verfehlte, waren es im zweiten Wahlgang sogar nur noch 19 Ja-Stimmen. Die CDU-Fraktion unter Leitung des Vorsitzenden Marvin Schulz verließ daraufhin das Rathaus. Auch Julia Schrod-Thiel und Harald Muschner, die beiden anderen Kandidat:innen auf die insgesamt drei der CDU zustehenden Stadtratsposten, konnten nicht gewählt werden.

Hitziger Streit nach Wahltag

Am Tag darauf ging der Streit erst richtig los. Stephan Schmidt, Sprecher des CDU-Kreisverbands und nicht zum ersten Mal vorgeschickt von Frank Balzer, tat die Rücktrittsforderung Lehmanns als "einfach lächerlich" ab.

Kurz darauf ging er zur Attacke auf SPD und deren mit Grünen und FDP gebildete Zählgemeinschaft über. Diese würden die Arbeitsfähigkeit des Bezirksamtes gefährden und insbesondere die SPD betreibe "Traumabewältigung" für die Nichtwahl ihres heutigen Fraktionsvorsitzenden Marco Kälber zum Stadtrat im 2016.

Das Wahlergebnis für Demirbüken-Wegner vom Donnerstagabend sei eine "Retourkutsche" für dessen Scheitern vor fünf Jahren, behauptete Schmidt und versicherte, die Ablehung der eigenen Kandidatin habe die CDU "vollkommen überraschend" getroffen.

SPD wirft Demirbüken-Wegner ausländerfeindliche Propaganda vor

Dem wiederum widersprach SPD-Kreischef Jörg Stroedter vehement. Demirbüken-Wegner, die Stroedter vor wenigen Wochen im Duell um das Direktmandat für das Abgeordnetennhaus knapp unterlegen war, habe wegen ihrer "ausländerfeindlichen Propaganda im Stile der AfD" jegliches Vertrauen bei der SPD verspielt, erklärte der Kreischef.

Der Einsatz der CDU-Frau gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Paracelsusbad habe die Menschen aufgehetzt und sie für das Amt der Sozialstadträtin disqualifiziert. Stroedter erklärte darüber hinaus, die CDU darüber vorher darüber in Kenntnis gesetzt zu haben, dass Demirbüken-Wegner keine Mehrheit bekommen würde. Diese zog ihre zuletzt auch in der CDU nicht unumstrittene Kandidatur dennoch durch, mit den nun bekannten Folgen.

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Emine Demirbüken-Wegner wurde gleich zwei Mal abgelehnt.
Emine Demirbüken-Wegner wurde gleich zwei Mal abgelehnt.

© dpa

Nachdem am Vorabend bereits CDU-Fraktionschef Marvin Schulz zu dem Vorfall Stellung genommen hatte und der SPD-geführten Ampelkoalition im Bezirk vorwarf, den 26 Jahre lang beschrittenen "Weg des gemeinsamen Miteinanders für die Reinickendorfer Bürger" verlassen zu haben, legte CDU-Generalsekretär Stefan Evers am Donnerstag nach.

"Die Wahlen zum Reinickendorfer Bezirksamt sind ein Armutszeugnis für SPD, Grüne und FDP. Die Bildung einer Zählgemeinschaft gegen den klaren Wählerwillen war offenbar nur der Anfang", erklärte er.

Zudem wählte er folgende Formulierung: "Dass die einzige Bezirksamtskandidatin mit Migrationshintergrund an der Ausgrenzungsstrategie der ‚Ampel‘-Koalition im Bezirk scheitert, ist ein verheerendes Signal."

[Entscheidung auch im Berliner Südwesten: Grüne wird Bürgermeisterin nach 50 Jahren CDU-Vorherrschaft - Thema im Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf]

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Nächster Wahltermin in zwei Wochen

Wie es nun weiter geht, ist unklar. Die nächste Sitzung der Bezirksverordneten ist am 8. Dezember geplant. CDU-Sprecher Stephan Schmidt kündigte am Donnerstag an, an der Kandidatur Demirbüken-Wegner festzuhalten. Dass die SPD ihre Vorbehalte gegenüber der Kandidatin bis dahin ablegt, gilt als unwahrscheinlich.

Zumal nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese im zweiten Wahlgang sogar von Mitgliedern der eigenen Partei nicht unterstützt wurde. "Das muss die CDU unter sich klären", hieß es dazu aus der SPD.

Immerhin: Im Rathaus wurde am Abend mit der Wahl der anderen Stadträtinnen fortgefahren, was ohne die CDU ganz gut geklappt hat: Korinna Stephan (Grüne) wurde zur Stadträtin Stadtentwicklung/Verkehr/Umwelt gewählt, mit 38 von 38 Stimmen.

Neuer Bezirkschef in Reinickendorf: Uwe Brockhausen (SPD).
Neuer Bezirkschef in Reinickendorf: Uwe Brockhausen (SPD).

© SPD

Verkehrsstadträtin Stephan war bisher Mobilitätsmanagerin im Stadtentwicklungsamt von Berlin-Pankow. Zu ihren Zielen im benachbarten Reinickendorf gehören „sichere und schöne Fußwege“ sowie eine „integrierte Sichtweise aller Verkehrsmittel des Umweltverbunds“ – zu letzterem gehören umweltverträgliche Verkehrsmittel wie Fahrräder, öffentliche Verkehrsmittel und Carsharing.

Im Bereich Klimaschutz sind ihr unter anderem Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden wichtig, Radwege sollen außerdem ausgebaut und temporäre errichtet werden.

Alexander Ewers (SPD) wurde zum Stadtrat für Jugend und Gesundheit gewählt, mit 29 Ja- und 8 Nein-Stimmen. Eine Stimme fehlt, da scheint sich also noch jemand aus dem Staub gemacht zu haben.

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Neue Verantwortliche für den Verkehr: Korinna Stephan von den Grünen.
Neue Verantwortliche für den Verkehr: Korinna Stephan von den Grünen.

© Grüne

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