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Vielen Berlinern hat sie die ersten Tanzschritte beigebracht: Monika Keller

© Tanzschule Keller

Zum 70. Geburtstag von Tanzlehrerin Monika Keller: Mehr als eine Schritteverkäuferin

Seit 46 Jahren unterrichtet sie Tanz, vermittelt Lebensfreude - und indirekt über ihre Tanzkurse sogar Partnerschaften. Auch Thomas Gottschalk und Günther Jauch unterwies Monika Keller in Standardtanz. Am 3. Oktober wird sie 70 Jahre alt.

An den Bewegungen kann sie ablesen, was für ein Mensch da tanzt, sagt sie. So wie andere anhand der Schrift auf den Charakter eines Menschen schließen können, sieht Monika Keller, ob der Tanzende eine zaghafte Person ist oder forsch und auch mal übermütig. „Ein Tanzlehrer ist eben viel mehr als ein Schritteverkäufer“, sagt sie. Nur wenn ein Tanzlehrer die Persönlichkeit einschätzen kann, könne er individuell auf seine Schüler eingehen. Denn anscheinend geht es für viele Tanzschüler nicht nur um die Tanzschritte, wenn sie sich für einen Tanzkurs anmelden. In den zurückliegenden 46 Jahren hat Monika Keller ungezählten Berlinern nicht nur die ersten Tanzschritte beigebracht - viele Freundschaften sind dabei unter den Tanzschülern entstanden. „Viele Menschen suchen in einer Tanzschule eigentlich den Partner für’s Leben oder einen neuen Freundeskreis", weiß Keller. Mit den in den Jahrzehnten gestifteten "Keller-Ehen" könne sie einen ganzen Ballsaal füllen. "Und ich freue mich, wenn ich höre, dass diese Ehen zum Teil schon seit 35 Jahren funktionieren." Das Zwischenmenschliche sei auch heute noch das Wichtigste in einer Tanzstunde. In der Tanzdidaktik habe sich im Lauf der Jahre aber vieles verändert. "Früher waren die Tanzkurse mit Schrittkombinationen überfrachtet. Heute können sich die Leute nicht mehr so gut konzentrieren, das ganze Freizeitverhalten hat sich ja verändert durch all den Berufsstress, den die Menschen mit ins Tanzstudio bringen." Und so unterrichte sie heute eher leichte Schritte; die Menschen sollen vor allem Spaß an der Bewegung und Erfolgserlebnisse haben.

Gerade Haltung, die Füße immer leicht auswärts

Sie selbst tanzt so lange sie denken kann: Mit zwei Jahren schickt ihre Mutter sie zum ersten Mal zum Ballettunterricht. Sie habe sich anscheinend schon immer gerne zur Musik bewegt. Noch heute profitiere sie von dieser langen Tanzerfahrung: die gerade Haltung, die Füße immer leicht auswärts, die Disziplin.

Als sie in der Pubertät sieht, dass viele ihrer Freundinnen vom Training dicke Oberschenkel bekommen, hört sie auf mit dem klassischen Ballett. Aber ohne Tanzen geht es nicht: Sie schreibt sich ein für einen Grundkurs im Standardtanz, tanzt bald erste Turniere und genießt die Erfolge auf dem Tanzparkett neben dem Studium zur Realschullehrerin. Ihren ersten großen Auftritt als Formationstänzerin hat sie 1963 auf der Funkausstellung.

Ein Leben in ständiger Bewegung: Seit fast 68 Jahren tanzt Monika Keller, seit 46 Jahren unterrichtet sie Standardtanz
Ein Leben in ständiger Bewegung: Seit fast 68 Jahren tanzt Monika Keller, seit 46 Jahren unterrichtet sie Standardtanz

© Tanzschule Keller

Im Sommer 1967 lernt sie in der Tanzschule Keller in Halensee den Juniorchef, Dieter Keller, kennen. „Ein toller Mann mit verrückten Ideen. Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Sie heiraten und gründen 1970 ihre eigene Tanzschule. Ihre Großveranstaltungen in der Deutschlandhalle – Welt- und Europameisterschaften im Tanzsport mit 8.000 Zuschauern – machen die Kellers international bekannt. Als ihr Mann Dieter 1979 bei einem Autounfall ums Leben kommt, steht das Leben von Monika Keller einen Moment still. „Das war heftig. Ich war mit 33 Jahren Witwe", sagt sie und noch heute zittert dabei ihre Stimme ein wenig. „Aber ich musste da irgendwie durch.“ Und so rappelt sich die schlanke blonde Frau wieder auf. Das Unterrichten in der Tanzschule gibt ihr Kraft. Von früh bis spät unterrichtet Keller, sie bringt die Bilanz wieder in Ordnung und mit ihr den Schuldenberg, den ihr ihr Mann hinterlassen hat. Noch heute erlebe sie das Unterrichten als heilsam: „Wenn ich unterrichte, verfliegt schlechte Stimmung sofort. Man darf ja nie krank sein, kein Kopfweh haben, muss immer zugewandt und gut drauf sein.“ Diese Diszipliniertheit erwartet sie auch von ihren Tanzlehrern. „Da gibt es kein Kino, kein Treffen mit Freunden abends, bis um halb elf die Tanzschule schließt. Das müssen sie wissen.“ Aber viele junge Leute seien heute nicht mehr so belastbar und fit, bedauert sie, und man verdiene als Tanzlehrer ja keine Millionen. Früher hätte sie eine Flut an Bewerbern gehabt; heute sei es schwierig, die richtigen Leute zu finden.

„Der Jauch konnte gar nichts, aber er gab sich Mühe“

Gefragt nach dem Highlight in ihrer Karriere, erzählt sie begeistert von der Funkausstellung 1991: Dort hat sie zehn Tage lang Günther Jauch und Thomas Gottschalk live im Fernsehen unterwiesen, jeden Tag in einem anderen Standardtanz. Cha Cha Cha, Rumba, Charleston, Lambada - „der Jauch konnte gar nichts, aber er gab sich Mühe", erinnert sie sich und muss noch heute lachen. „Der Gottschalk konnte sich zwar bewegen, aber er ließ sich in keine Schiene pressen, wenn ich links oder rechts vorgab“.

Noch heute ist sie schon morgens in ihrer Tanzschule in der Steglitzer Rheinstraße, kümmert sich im Büro um das Organisatorische, unterrichtet ihre Kurse. Auch am Wochenende ist sie unterwegs auf Veranstaltungen im Studio oder auf Kongressen.

Ab Januar aber wird sie die Verantwortung an ihre Tochter Karola und ihren Schwiegersohn Sebastian abgeben. Ihre eigenen Kurse montags, donnerstags und freitags will sie aber behalten - und bei der "Dienstagsbesprechung" die Planung für die nächsten Kurse mit gestalten. „Von 100 auf 0, das geht nicht“, sagt sie bestimmt. „Ich muss ja wissen, dass es auch ohne mich geht. Ich habe das alles 46 Jahre aufgebaut; und die Tanzschule soll unserer Familie erhalten bleiben. Das ist mehr wert als ein Sechser im Lotto.“

Am 3. Oktober 2016 wird Monika Keller 70 Jahre alt. Auch wenn sie sich noch nicht wie 70 fühle, sei es nun Zeit für ihren lang gehegten Reisewunsch: Seit sie zu Schulzeiten in Erdkunde von den Niagara-Fällen gehört hat, möchte sie dorthin. Und es ist nun Zeit für sich selbst, findet sie, für ihre beiden Enkelkinder, für ihre Wassergymnastik und einen Computerkurs. Außerdem kocht sie gern – „mir wird was einfallen“, verspricht sie.

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