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Melanie Saunar im Heizungskeller des Fichtenberg-Gymnasiums - und in ihrem Element.

© Kitty Kleist-Heinrich

Schulhausmeisterin in Zehlendorf: Melanie Saunar kennt keine Sommerferien

Wenn andere Urlaub machen, geht für sie die Arbeit erst so richtig los: ausmisten, reparieren, putzen. Alle paar Minuten brummt das Handy. Zu Besuch bei Melanie Saunar, Hausmeisterin am Fichtenberg-Gymnasium in Steglitz.

Sie haben es bestimmt nett gemeint, die Lehrer und Schüler, die ihrer Hausmeisterin schöne Ferien wünschten und sagten: „Na, Frau Saunar, ohne uns hast du es jetzt hier sicher schön ruhig.“ Von wegen ruhig. Ruhig ist es höchstens im Sinn von: leise. Im kühlen Foyer des Fichtenberg-Gymnasiums in Steglitz ist es so still, dass die Stimmen widerhallen.

Durch die Stille wirbelt Melanie Saunar. Bis zu ihrem eigenen Urlaub schließt sie auch in den Ferien pünktlich um 7 Uhr das Schulhaus auf und um 15.30 Uhr wieder zu. Ihr Diensttelefon ist auf ihr privates Mobiltelefon umgeleitet. Anders als Schüler haben Schulhausmeister nicht die ganzen Ferien frei, sondern 30 Tage Urlaub wie andere Arbeitnehmer auch.

Die großen Sommerferien: Für die Schulhausmeisterin ist das die Zeit des Jahres, in der endlich einmal die Dinge angepackt werden können, für die während des Schuljahres Zeit und Ruhe fehlen. „Im Schuljahr kommt immer wieder was dazwischen“, sagt die 30-Jährige.

Gleich am Anfang der Ferien hat der Glaser kaputte Fenster ausgetauscht – eine Arbeit, die sich im Schulalltag schlecht organisieren lässt. Seit Wochen schon unterziehen Putzkräfte die Schule einer Grundreinigung. Zwei Wochen dauert allein die Pflege des Linoleumbodens. Alles, was den normalen Schulablauf stören würde, wird auf die Ferien vertagt. Deshalb hat die Hausmeisterin auch kaum eine ruhige Minute. Alle paar Minuten zieht sie ihr brummendes Mobiltelefon aus der Hosentasche. Erst kommt die Baufirma, die zurzeit die Dienstwohnung renoviert, und liefert Material für den Boden, der in den nächsten Tagen neu verlegt werden soll.

"Am Anfang habe ich mich noch nicht getraut, Sachen wegzuwerfen“

Dann kommt der Entsorger, der die große Abfallmulde aus dem Schulhof freiräumt, in der sich kaputte Möbel, morsches Holz und sonstiges Gerümpel türmen. Seit einem Jahr ist Saunar an der Schule. „Am Anfang habe ich mich noch nicht getraut, Sachen wegzuwerfen“, sagt sie. Vor den Sommerferien hat sie dann aber doch zum Entrümpeln aufgerufen: Jeder Lehrer sollte in seinem Klassenzimmer ausmisten. Die Mulde war zum Ferienbeginn gut gefüllt.

Das wichtigste Werkzeug einer Hausmeisterin - ein großer Schlüsselbund.
Das wichtigste Werkzeug einer Hausmeisterin - ein großer Schlüsselbund.

© Kitty Kleist-Heinrich

Kaum ist der Müll weg, brummt erneut das Telefon. Zwei Techniker stehen im Hof, sie sollen Heizungsrohre überprüfen. Die beiden müssen erst mal Dampf ablassen, Ärger über einen anderen Auftraggeber. Nach einem kurzen Schnack und viel Gelächter klimpert Melanie Saunar mit ihrem dicken Schlüsselbund und begleitet die beiden in den Keller.

Die Rohre sind rasch untersucht und sie nutzt die Zeit für eine Zwischeninspektion der Reinigungsarbeiten. Im Laufschritt geht es durch das Schulhaus, Treppe rauf, Treppe runter. Draußen drücken 35 Grad. Drinnen ist es angenehm kühl. Auf Saunars Nase glänzen trotzdem feine Schweißperlen. Langsam laufen? „Kann ich nicht“, sagt sie und lacht.

Auch die Grundreinigung wird inspiziert

Gestresst wirkt die junge Frau aber nicht im Geringsten. Im Vorbeigehen steckt sie ihre Nase in eine der Toilettenräume. „Riecht schon deutlich besser als vor den Ferien“. Aber über den Boden muss noch mal gewischt werden. Während sie die langen Flure entlangläuft, lässt sie den Zeigefinger über die Türen und Wandleisten gleiten – staubig. Da wird sie wohl die Reinigungsleute zu mehr Sorgfalt mahnen müssen. „Ich habe mir mal durchgelesen, was alles zu einer Grundreinigung dazugehört“, sagt sie. „Und das ist eben nicht nur der Boden.“

Melanie Saunar nimmt ihren Job sehr ernst, das sagt sie selbst. Viel ist in den vergangenen Monaten geschrieben und gestritten worden über den immensen Sanierungsbedarf am ehrwürdigen Fichtenberg-Gymnasium: die seit Jahren abbröckelnde Fassade; die einsturzgefährdete Aula; die vielen kleinen Mängel an allen Ecken. Viele Millionen wird die Sanierung kosten. Die Hausmeisterin tut das Ihrige, damit es im Schulhaus ein bisschen schöner wird. Tropfende Wasserhähne, kaputte Lampen – was ihr in den Weg kommt, wird repariert; entweder sie macht es selbst, oder sie ruft einen Handwerker. Und sauber soll es eben sein.

Ihr Vater hatte den gleichen Beruf

Melanie Saunar macht Tempo. Seit ziemlich genau einem Jahr ist die fröhliche 30-Jährige als Hausmeisterin nicht nur für das Gymnasium zuständig, sondern auch für die benachbarte Rothenburg-Grundschule. Am 1. August 2014 trat sie ihren Dienst an – mitten in den Sommerferien. „Es war gut, dass ich hier erst mal allein war“, sagt sie. „So konnte ich mich in Ruhe zurechtfinden.“ Der große Altbau ist vom Keller bis zum Dachboden ziemlich verwinkelt. Lang hat es trotzdem nicht gedauert, bis sie sich ausgekannt hat. „Ein Kollege sagt immer: Schule ist Schule.“

Hausmeister? Melanie Saunar mag das alte Schild ihrer Vorgänger, auch wenn da jetzt ein "-in" fehlt. Vielleicht hängt sie stattdessen ein "-ei" dran.
Hausmeister? Melanie Saunar mag das alte Schild ihrer Vorgänger, auch wenn da jetzt ein "-in" fehlt. Vielleicht hängt sie stattdessen ein "-ei" dran.

© Kitty Kleist-Heinrich

Schule – das kennt sie aus ihrer Kindheit und zwar nicht nur als Schülerin, denn ihr Vater war Schulhausmeister in Charlottenburg. Sie ist im Schulhaus groß geworden. „Es war toll, ich habe mich immer geborgen gefühlt“, erinnert sie sich. Ihr Vater erlaubte den Kindern aus der Nachbarschaft, bis 20 Uhr auf dem Schulhof zu spielen. „Das war für uns natürlich ein riesiger Spaß.“

Ist sie die einzige Berliner Schulhausmeisterin? Sie weiß es nicht

Nach der Schule machte sie eine Malerlehre, besuchte die Meister- und Technikerschule, bekam ihre Tochter. Fünf Jahre lang arbeitete sie in einem Baubüro. „Der Job hat Spaß gemacht, war aber sehr schwer mit der Familie zu vereinbaren“, sagt sie. Sie ging halbtags zurück, aber das klappte auch nicht. „An einem besonders schlechten Tag habe ich an meinen Papa gedacht“, erzählt sie und lacht. Noch am selben Abend setzte sie sich an den Rechner und suchte nach Hausmeisterstellen in Berlin. Sechs Stellen waren ausgeschrieben, sie bekam die Stelle in Steglitz. Ob sie damit die einzige Frau auf einem Schulhausmeisterposten in Berlin ist? Sie weiß es nicht. Eine der jüngsten ist sie allemal.

Das Fichtenberg-Gymnasium kannte sie sogar schon: „Das habe ich während meiner Ausbildung gestrichen“, sagt sie und zeigt auf ein Fenster im Foyer. „Diese Schule und ich – das hat einfach gepasst.“ Auch, weil sie Altbauten liebe. Manchmal wird sie gefragt, ob es ihr reicht, „nur“ Hausmeisterin zu sein. Das kann sie nicht nachvollziehen. „Wenn man den Job richtig macht, ist das eine Knochenarbeit.“

Momentan wohnt sie noch ein paar Ecken entfernt, im Oktober wird sie mit Freund und Tochter in die renovierte Dienstwohnung einziehen. „Man hätte hier auch ohne Renovierung einziehen können“, sagt sie, „aber da ich hier lange bleiben will, wollte ich einiges lieber gleich gemacht haben.“

So froh sie ist, dass in den Ferien Zeit ist für dringend nötige Handwerkerarbeiten: „Die Schüler vermisse ich schon auch.“ In zwei Wochen sind alle zurück.

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