zum Hauptinhalt
Das Haupthaus des Klosters an der Straße in Alt-Lankwitz.

© Anett Kirchner

Ökumene im Kloster Lankwitz: Klösterliches Leben im alten Dorfkern

Die Schwestern der Gemeinschaft Chemin Neuf gehen mitten in Lankwitz neue Wege: Sie leben die Ökumene, streben die Versöhnung der Christen an und vermieten Zimmer an Studenten.

Schwester Andrea Eulitz wirkt sehr bei sich angekommen, wenn sie im Garten des Klosters Lankwitz sitzt und über ihr Leben hier erzählt. Sie lacht oft. Es ist so ein ansteckendes Lachen, bei dem man sich direkt willkommen fühlt. Sie und Christina Tabet wohnen hier als zölibatäre Schwestern der katholischen Gemeinschaft Chemin Neuf (neuer Weg). Seit 2006 nutzt die Gemeinschaft die Räume des ehemaligen Dominikusklosters im Herzen des alten Dorfkerns von Lankwitz. Gegenüber steht die evangelische Dorfkirche; erbaut mit Feldsteinen gegen Ende des 13. Jahrhunderts. Die historischen Gebäude gehören zum denkmalgeschützten Ensemble des einstigen Angerdorfes Lankwitz.

Schwester Andrea - wie sie genannt wird - lebt hier seit etwa dreieinhalb Jahren. Zwar gehört die 34-Jährige einer katholischen Gemeinschaft an, gleichwohl ist sie evangelisch und Mitglied der Dorfkirchengemeinde Lankwitz. "Wenn ich sonntags Zeit finde, besuche ich den Gottesdienst in der Dorfkirche", sagt sie. Bei Chemin Neuf geht das, denn es ist eine Gemeinschaft innerhalb der katholischen Kirche mit ökumenischer Berufung; entstanden 1973 aus einem Gebetskreis in Lyon in Frankreich.

Einheit und Versöhnung

Das Hauptanliegen der Gemeinschaft ist die Einheit und Versöhnung der Christen. Deren Mitglieder haben deswegen verschiedene konfessionelle Hintergründe - etwa katholisch, orthodox, freikirchlich, reformiert oder evangelisch.

Und so entspricht die Philosophie der heutigen Bewohner genau jener der einstigen Gründerinnen des Klosters. Auf dem Gelände des ehemaligen Schulzenhofes in Alt-Lankwitz errichteten 1927 so genannte Christkönigsschwestern das Mutterhaus ihrer Ordensgemeinschaft. Sie betrieben zuerst ein Kinderheim und Sanatorium, später ein Krankenhaus und Pflegeheim. Seit jeher wird hier Ökumene aktiv gelebt.

Das Innere der Klosterkirche.
Das Innere der Klosterkirche.

© Anett Kirchner

Denn der Gründerin, Schwester Imelda von Jesus, war es wichtig, dass auch andere Gemeinschaften in dem Kloster Gottesdienste feiern konnten. So haben in der Krypta der Kapelle die russisch-orthodoxe Gemeinde "St. Isidor" und inzwischen auch die georgisch-orthodoxe Gemeinde eine Heimstätte gefunden. Aus finanziellen Gründen mussten die Christkönigsschwestern ihr Krankenhaus und Pflegeheim im Jahr 2003 aufgeben. Das Grundstück kaufte die Katholische Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft Petruswerk, die bis heute die Eigentümerin ist.

Beim Rundgang durch den Garten fällt im hinteren Bereich ein kleiner Friedhof auf. Hier wurden einst die verstorbenen Schwestern beigesetzt. In einer kleinen Kapelle befindet sich das Grab der Ordensgründerin. Ein paar Schritte weiter zeigt Schwester Andrea die so genannte Lourdesgrotte. Sie wurde von französischen Kriegsgefangenen errichtet, die zuvor im Lager Stalag III D in Lichterfelde inhaftiert waren. "Die Schwestern hatten sie aufgenommen und als Dank bauten sie mit originalen Steinen aus Lourdes diese Grotte", erzählt sie. Viele Male seien die einstigen Kriegsgefangenen mit ihren Familien aus Frankreich hierher nach Lankwitz gekommen und hätten die Schwestern besucht.

Von Sachsen über Frankreich und Spanien nach Berlin

Wenn Schwester Andrea heute über Vergangenes erzählt, ist ihre eigene tiefe Überzeugung zu spüren. Sie möchte für andere Menschen da sein, ihnen helfen, für sie beten. Sie ist in Großweitzschen in Sachsen in einem evangelischen Elternhaus aufgewachsen, hat in Leipzig eine Ausbildung zur Europasekretärin gemacht. Weil sie ihr französisch aufbessern wollte, ging sie für ein Praktikum nach Frankreich und lernte dort die Gemeinschaft Chemin Neuf kennen. Später besuchte sie in Savoy eine Art Bibelschule und entschied sich, in die Gemeinschaft einzutreten. Sie lebte sieben Jahre in Frankreich, danach zweieinhalb Jahre in Spanien, bevor sie schließlich nach Berlin kam.

Schwester Christiana Tabet, Studentin Benedicte Eustache und Schwester Andrea Eulitz (von links).
Schwester Christiana Tabet, Studentin Benedicte Eustache und Schwester Andrea Eulitz (von links).

© Anett Kirchner

Im Kloster Lankwitz kümmert sie sich unter anderem um Veranstaltungen wie etwa Einkehrwochen zum Krafttanken. Sie mag den Austausch mit Menschen, wie sie sagt und das christliche Miteinander. Gemeinsam mit ihrer Mitschwester empfängt Schwester Andrea auch junge Erwachsene, die Deutsch lernen wollen und bietet Zimmer für Studierende. Die Teilnehmer der Sprachschule und die Bewohner ihrer Studentenzimmer haben die Möglichkeit, am klösterlichen Leben teilzunehmen und sich einzubringen.

Zehn Studierende leben im Kloster

Im Moment leben hier zehn Studenten, eine davon ist die 22-jährige Benedicte Eustache aus Frankreich. Sie studiert Germanistik an der Freien Universität (FU) Berlin. "Als ich angekommen bin, dachte ich anfangs, dass das Leben hier sehr streng sein würde", erinnert sie sich. Doch nichts dergleichen. Man gehe ungezwungen miteinander um.

In der ersten Etage des gelb angestrichenen Haupthauses direkt an der Straße in Alt-Lankwitz sind die Zimmer für die Studenten - eher schlicht eingerichtet im klösterlichen Stil. Toiletten und Bäder befinden sich auf dem Flur. Unten im Erdgeschoss gibt es zum Beispiel eine Studentenküche und das Refektorium, also den Speisesaal.

Dahinter in Richtung Garten schließt sich ein Kreuzgang an, der zur Kirche und zum Kirchturm führt. Dass Schwester Andrea derzeit gerade hier lebt, ist für sie eher zweitrangig. Zwar mag sie diesen besonderen Ort, doch Zuhause fühlt sie sich vor allem in ihrem Glauben. Und schon morgen kann ein Anruf kommen, in dem sie gebeten wird, in einem anderen Kloster irgendwo auf der Welt zu leben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false