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Eingang zur Onkel-Tom-Sporthalle in Berlin-Zehlendorf in der gleichnamigen Straße gelegen. Aktuelle Fotos aus der Notunterkunft hat der Wachschutz verhindert.

© ale

Flüchtlinge in Sporthalle in Berlin-Zehlendorf: Allein mit dem Wachschutz

Eine ältere Dame weint, ein junger Wachschützer ist eigentlich Rapper, und ein Betreiber lässt sich nicht blicken: Der normale Wahnsinn im Berliner Flüchtlingsalltag am Beispiel der Onkel-Tom-Sporthalle in Zehlendorf.

Die ältere Dame beginnt zu weinen. Eigentlich ist sie wie an jeden Donnerstag gekommen, um Sport zu machen in der Onkel-Tom-Halle in Zehlendorf. Aber Sport fällt hier nun länger aus. Sie ist die Treppe hoch zur Tribüne gelaufen und blickt von dort nicht wie üblich auf eine leere Halle, sondern auf ein Meer von Betten. An den jeweiligen Wänden stehen Doppelstockbetten aus Holz, in der Mitte einfache Metallgestelle mit blauen Matratzen. 200 Schlafgelegenheiten. Die Betten sind so eng aufgebaut, dass kaum Platz dazwischen bleibt. Die ältere Frau sieht, dass in einigen Betten Menschen schlafen, Kinder strecken sich und gähnen. Sie schluchzt: „Das ist so traurig."

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag war es in Zehlendorf so wie überall in Berlin, wenn es mal wieder ganz schnell gehen muss. Am Mittwochnachmittag wusste der Bezirk noch nicht, wann genau die Flüchtlinge kommen, selbst das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) konnte keine Auskunft geben, am Donnerstagfrüh, gegen 8 Uhr, waren die ersten 50 schon da.

Zwölf Mitarbeiter eines privaten Wachschutzes hatten in der Nacht Betten aufgebaut, draußen türmt sich ein Kartonberg. Drei sehr junge Wachschützer sind noch da, stehen auf der Zuschauertribüne und verbieten Fotoaufnahmen. Sonst ist niemand da. Wer denn der Betreiber sei? Antwort: "Wissen wir nicht, fragen sie den Sozialarbeiter."

Onkel-Tom-Sporthalle in der gleichnamigen Straße in Berlin-Zehlendorf. Normalerweise spielen im Winter hier die Fußballmannschaften von Hertha 03, jetzt sind 200 Betten in der Halle aufgebaut worden, dicht an dicht, nur der Betreiber ließ sich am ersten Tag nicht blicken.
Onkel-Tom-Sporthalle in der gleichnamigen Straße in Berlin-Zehlendorf. Normalerweise spielen im Winter hier die Fußballmannschaften von Hertha 03, jetzt sind 200 Betten in der Halle aufgebaut worden, dicht an dicht, nur der Betreiber ließ sich am ersten Tag nicht blicken.

© Foto: Tagesspiegel/Uncredited

Der Sozialarbeiter, der unten im Büro des Hallenwarts sitzt, entpuppt sich als junger Chinese, der wenig Deutsch spricht. Auf dem Boden lagern pappige Brötchen mit einer Scheibe Käse und Butter in Plastikfolie. Seit wann arbeiten sie für den Betreiber? „Seit gestern Abend.“ Er murmelt „Sanctum Homes“.

Sanctum Homes betreibt ausschließlich Notunterkünfte, in Zehlendorf in der Thielallee und dem Cole-Sportcenter am Hüttenweg. In die Onkel-Tom-Halle sollten am Donnerstag weitere 100 Flüchtlinge einziehen, der Betreiber lässt sich nicht blicken – nur die Jungs vom Wachschutz, einer sagt: „Ich bin eigentlich Rapper aus dem Wedding.“

Im Flüchtlingsheim in der Thielallee waren es vor allem die vielen und spontanen ehrenamtlichen Helfer, die die notwendige Ordnung, die Essensausgabe und die Verwaltung der Kleiderkammer mit großem Fleiß gewährleisteten. In der Onkel-Tom-Halle sind keine Ehrenamtlichen zu sehen. Aus dem bezirklichen Willkommensbündnis wie aus dem Bezirksamt heißt es dazu: „Wir bekommen die Informationen vom Lageso immer erst in letzter Sekunde, so schnell können wir niemanden mobilisieren.“

Aus dem Bezirksamt ist auch zu hören, dass die Qualität der Betreiber sehr unterschiedlich sei. Über Sanctum Homes wolle man sich lieber nicht äußern. Der Geschäftsführer von Sanctum Homes ist Rechtsanwalt mit einer eigenen Kanzlei, gleichzeitig Geschäftsführer einer Hausverwaltung, die verschiedene Immobilien betreut. Eine Ehrenamtliche aus der Thielallee sagt: „Manche Betreiber setzen darauf, dass freiwillig geholfen wird, das spart Personal.“ Der Geschäftsführer war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel und hat den Tagesspiegel-Zehlendorf, das digitale Stadttteilportal aufgebaut. Der Redaktion Zehlendorf können Sie auf Twitter folgen. Armin Lehmann finden Sie auch auf Twitter.

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