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Die Bezirksverordnetenversammlung stoppte den Bildungsstadtrat: Die Pestalozzi-Schule bleibt erhalten.

© Boris Buchholz

BVV Steglitz-Zehlendorf beschließt, die Pestalozzi-Schule zu erhalten: Ohrfeige für den Bildungsstadtrat

Politische Niederlage ist zu sanft formuliert, Ohrfeige trifft es besser: In der Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwochabend untersagten die Bezirksparlamentarier dem Amt in einem einstimmig verabschiedeten Antrag „sämtliche Maßnahmen“, die zur Schließung der Pestalozzi-Schule dienen könnten.

Die Bezirksverordneten wussten nur wenig über die Pestalozzi-Schule und die Hintergründe der von Amt, Schulaufsicht und Stadtrat betriebenen schleichenden Schließung der Schule als sie Bildungsstadtrat Frank Mückisch (CDU), er war krank und wurde von der Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne) vertreten, ausbremsten. Sie seien nicht informiert worden, Konzepte und Abwägungen des Schulamts und der Schulaufsicht lägen nicht vor, der Schulausschuss hätte sich zum ersten Mal am 6. Februar mit der drohenden Abwicklung der Schule beschäftigen können. Deshalb beschloss die BVV einstimmig auch einen zweiten Antrag: Der Stadtrat wurde aufgefordert, die Mitglieder des Schulausschusses „umgehend ausführlich über die bisherigen Überlegungen von Schulamt und Schulaufsicht zur Zukunft der Pestalozzi-Schule zu informieren und eventuelle Pläne vorzulegen.“ Das klingt nach Rüge, nach Ohrfeige.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Kay Ehrhardt, sagte es deutlich: Was sich Stadtrat Mückisch hier geleistet habe, sei eine „Missachtung gegenüber den Ausschüssen und der BVV“, die FDP werde kein „Mäntelchen des Schweigens“ über das Geschehen decken. Und dann spricht er es noch einmal ganz genüßlich und langsam aus: „Der Bildungsstadtrat ist von der CDU, der C - D - U.“ Auch SPD-Fraktionschef Volker Semler übte heftige Kritik: „Der zuständige Stadtrat hat immer noch keinen Plan vorgelegt.“ Es werde nicht gesagt, was los ist. „Schulträger sein, heißt, die Schule zu tragen“, fasste Semler zusammen - und das habe weder das Amt noch der Stadtrat getan.

CDU wirbt für Antrag gegen den eigenen Stadtrat

Es war politisch kurios: Vehement warben Clemens Escher und Torsten Hippe (beide CDU) für den Antrag, der dem Amt „sämtliche Maßnahmen“ zur Schließung untersagte. Der FDP-Fraktionschef legte den Finger in die Wunde: „Anscheinend kann die CDU-Fraktion anders ihrem Stadtrat nicht vermitteln, in welche Richtung er agieren soll.“

Etwa fünfzig Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern verfolgten mit großer Geduld die zweieinhalbstündige Debatte im viel zu kleinen alten BVV-Saal im Rathaus Steglitz. „Die Kinder sind hier, um zu hören, wie es mit ihrer Schule weitergeht“, rief der CDU-Bezirksverordnete Harald Mier ins Mikrofon: „Sie sind nicht hier, um uns streiten zu hören.“ Alle Rednerinnen und Redner waren sich einig, dass an der Schule – und zwar an der Grundschule wie am Förderzentrum – gute Arbeit geleistet werde. Susanne Mertens, schulpolitische Sprecherin der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sagte, für sie sei die Pestalozzi-Schule „eine Leuchturmschule“, die in Sachen Inklusion anderen Schulen als Vorbild dienen sollte. Auch Johann Trülzsch (AfD) lobte: „Es handelt sich hierbei um eine Schule, die ihre Aufgaben wirklich ernst nimmt.“ „Der Bezirk braucht dieses besondere Angebot“, unterstrich Gerald Bader von der Fraktion der Linken. Und Jan Kellermann (SPD) ergänzte: „Diese Schule braucht eine Perspektive.“

Eltern haben kein gutes Gefühl

Als am Ende der Debatte die beiden Anträge - insgesamt standen zwei Große Anfragen und drei Anträge zur Pestalozzi-Schule auf der Tagesordnung, später zog die AfD ihren Antrag zurück - einstimmig verabschiedet waren, war die Stimmung bei den Eltern dennoch gedämpft. Ihr Gefühl sei, dass es es nur eine Frage der Zeit sei, bis wieder über eine Schließung der Schule gesprochen werde, sagte eine Mutter. Tatsächlich hatte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Hippe so ausgedrückt: „Von uns sollte das Signal ausgehen, die Schule wird heute nicht geschlossen.“ Er kündigte auch an, über die Schülerzahlen sprechen zu wollen, denn die seien rückläufig.

Zur Zeit hat die Pestalozzi-Schule 186 Schülerinnen und Schüler: In die Grundschule gehen 114 Kinder, zum Förderzentrum gehören 72 Schüler. Für das kommende Schuljahr liegen der einzügigen Schule 27 Anmeldungen vor, davon haben acht Kinder einen Förderbedarf. Die Klassenstärke der Grundschule liegt bei 20 Kindern, davon sind fünf Schüler Inklusionskinder mit Förderbedarf. Während das Schulamt behauptet, Eltern würden die Pestalozzi-Schule weniger stark nachfragen, berichten Eltern davon, dass die Schulaufsicht wiederholt Aufnahmestopps ausgesprochen habe. Zudem seien Eltern aktiv „wegberaten“ worden. Vorwürfe, denen die Bezirksverordneten nachgehen müssen.

Regulär tagt der nächste Schulausschuss am 6. März: Spätestens dann sollten mehr Informationen auf dem Tisch liegen - und die Debatte, wie die Pestalozzi-Schule gestärkt und positiv entwickelt werden könnte, könnte beginnen.

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