zum Hauptinhalt
Bäume im Wald der Revierförsterei Dachsberg in Berlin-Zehlendorf.

© Thilo Rückeis

55 neue Straßenbäume für Steglitz-Zehlendorf: „Es werden mehr Bäume gefällt als gepflanzt“

In Steglitz-Zehlendorf werden in diesem Frühling 55 Bäume neu gepflanzt. Das gleicht zwar das Verhältnis zwischen Fällungen und Pflanzungen nicht aus, macht aber den Azubis Spaß.

Lara Brückner lächelt ein wenig verlegen. Sie möchte sich nicht hervortun. Es könnte protzig wirken. Gleichwohl ist sie stolz auf ihre Arbeit, wie man spürt. Wenn die 19-Jährige durch die Straßen ihres Heimatbezirkes Steglitz-Zehlendorf fährt, kann sie sagen, diesen Baum habe ich mitgepflanzt oder diesen Spielplatz mit eingerichtet. „Mir macht es Spaß, meine Umgebung mitzugestalten“, sagt sie, Auszubildende zur Gärtnerin im Fachbereich Garten- und Landschaftsbau im dritten Lehrjahr. Das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirkes ist ihr Ausbildungsbetrieb. Und jetzt im Frühling zur Pflanzzeit sind auch die Azubis mit ihrem Ausbilder im Bezirk unterwegs. An diesem Donnerstagvormittag pflanzen zwei von ihnen einen Baum in der Elmshorner Straße.

Es ist eine so genannte Baum-Hasel, circa zwölf Jahre alt. Sie gehört zu den Birkengehölzen und gilt als industriefest, wie es im Fachjargon heißt. Bedeutet: der Baum hält viel aus, ist widerstandsfähig gegen Hitze, Kälte, Trockenheit sowie Pilze. Weil er langsam wächst und eine schmale Krone bildet, eignet er sich gut als Straßenbaum in einer schmalen Wohnstraße, erklärt Andreas Kaprucka, seit 1998 Ausbildungsleiter für die Gärtner-Azubis im Bezirk.

Autos und Motten bilden Gefahren für den jungen Baum

„Auf geht’s, schnapp Dir den Spaten, Lara“, ruft er ihr zu. Sie und Albert Ahl, der noch im ersten Lehrjahr ist, pflanzen gemeinsam den Baum – unter Anleitung. Zunächst setzen sie vorsichtig den Wurzelballen in das Pflanzloch ein und verfüllen es mit Erde. Bevor der Baum fest angedrückt wird, schauen sie, ob er nicht schief steht. „Sieht gut aus, jetzt kann er angebunden werden“, sagt Kaprucka und gibt den Azubis ein spezielles Seil aus Kokosfasern. Lara steigt auf eine Leiter und bindet den Stamm oben an zwei Pfählen, die zuvor links und rechts ins Erdreich geschlagen wurden, fest. Die Pfähle sollen den Stamm schützen; etwa vor ein- und ausparkenden Autos, die mitunter gegen die Bäume fahren.

„Beschädigungen durch solche mechanische Einwirkungen oder durch Unfälle können ein Grund sein, warum ein Baum eingeht“, erklärt der Ausbildungsleiter. Andere Gründe seien Krankheiten, wie beispielsweise die Miniermotte bei den Rosskastanien, oder Schäden durch Streusalz im Winter.

In sechs Jahren fast doppelt so viele Fällungen wie Pflanzungen

Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hat mit insgesamt rund 62.000 Straßenbäumen den höchsten Straßenbaumbestand in Berlin. Im letzten Jahr wurden laut Grünflächenamt in Steglitz-Zehlendorf allerdings 843 Straßenbäume gefällt und lediglich 315 gepflanzt, im Jahr zuvor waren es 997 zu 361.

Das Mehr oder Weniger im Verhältnis zu den Vorjahren sei jedoch schwierig zu beziffern, denn die Zahlen schwanken, wie es aus dem Grünflächenamt heißt. Im Jahr 2013 war das Verhältnis von Fällungen und Pflanzungen zum Beispiel fast ausgeglichen, im Jahr 2011 wurden mehr als doppelt so viele Bäume gepflanzt wie gefällt. Summiert auf die letzten sechs Jahre sehen die Zahlen jedoch folgendermaßen aus: 3930 Straßenbäume wurden gefällt und 2032 neu gepflanzt. Besonders betroffen von Fällungen waren Kaiser-Wilhelm-Straße, Feuerbachstraße, Argentinische Allee, Wilskistraße, Ehrenbergstraße und Thielallee.

55 neue Bäume im Frühling

„Leider werden mehr Bäume gefällt als gepflanzt, denn nicht überall, wo gefällt wird, kann nachgepflanzt werden“, erklärt die zuständige Bezirksstadträtin, Maren Schellenberg (Grüne) und nennt als Gründe, dass zum Beispiel Ampeln, Straßenbeleuchtung, Gehwege, Wasserleitungen, Radwege oder Bushaltestellen gebaut oder verändert würden. Zudem stünden mancherorts auf privatem Gelände große Bäume. Junge Bäume hätten hier unter dem „Konkurrenzdruck“ keine Chance. „Auch kann es an manchen Stellen sinnvoll sein, weniger dicht zu pflanzen, damit sich die Bäume besser entwickeln“, macht sie deutlich. Gleichwohl schätzt sie, dass derzeit etwa 500 bis 600 Straßenbäume im Bezirk fehlen und nachgepflanzt werden könnten.

So erscheint es als durchaus überschaubarer Schritt, dass in diesem Frühling mit den Auszubildenden in Steglitz-Zehlendorf rund 55 Straßenbäume gepflanzt werden. Neue Spitz-Ahorne sind zum Beispiel für die Horst-Kohl-Straße vorgesehen und Rosskastanien in der Kopernikusstraße. Darüber hinaus werden Kupfer-Felsenbirnen, Roteichen, und japanische Zierkirschen gepflanzt. Die Kosten für diese Neupflanzungen inklusive einer Entwicklungspflege von drei Jahren liegen bei rund 60.000 Euro und werden aus dem Budget des Fachbereichs Grünflächen finanziert.

Ein Job, bei dem Arbeit direkt Ergebnisse offenbart

Das Pflanzen der Baum-Hasel in der Elmshorner Straße in Zehlendorf ist inzwischen nahezu abgeschlossen. Der 20-jährige Albert Ahl streicht den Stamm noch mit einer weißen Schutzfarbe. „Das schützt vor Pilzen und Viren“, erklärt Andreas Kaprucka. Die Farbe sei biologisch abbaubar und blättere nach zwei bis drei Jahren ab. Dann dürfte der Baum kräftig genug sein, um sich selbst zu schützen. Und damit er gut anwächst, wird er noch reichlich gewässert - mit knapp 100 Litern. Danach ist die Arbeit hier getan. Die Azubis und der Ausbildungsleiter räumen die Werkzeuge auf ihren Kleintransporter. Weiter geht’s zur nächsten Baustelle.

Der Fachbereich Grünflächen des Bezirkes bildet derzeit 25 Azubis in drei Lehrjahren im Fachbereich Garten- und Landschaftsbau aus. Die Abteilung – Ausbildungskolonne genannt – hat ihren Hauptsitz in der Charlottenstraße in Lankwitz im so genannten Werkhof. Hier machen die Azubis ihre praktische Ausbildung. Die theoretischen Grundlagen lernen sie an der Peter-Lenné-Schule in Zehlendorf; einer Fachschule für Gartenbau.

Schaufel und Spaten oder oft sogar schwerere Geräte in die Hand zu nehmen, das macht Lara Brückner nichts aus. Auch ihre Mutter arbeitet als Gärtnerin, sie kennt es nicht anders. Worüber sie sich am meisten freut, wenn die Arbeit getan ist: „Ich kann direkt sehen, was ich gemacht habe.“ Während sie das sagt, dreht sie sich um, blinzelt gegen die Sonne und schaut noch einmal zu der frisch gepflanzten Baum-Hasel. Sie nickt. Und lächelt jetzt wieder.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false