Ausflug zum Berliner Stadtrand: Die faszinierende Sowjet-Wildnis bei Berlin
Frische Luft gefällig? Dann rein in die "Döberitzer Heide", nach Brandenburg. Da gibt es alte Sowjet-Gräber, Tiere - und ein geheimnisvolles Fahrzeug.
Was für ein faszinierender Ort! Kurz hinter der Berliner Stadtgrenze beginnt die Wildnis: die "Döberitzer Heide". Die ist ein gewaltiges Gelände hinterm Einkaufszentrum "Havelpark" (Baujahr 1995), wo ein einsamer Obelisk in der Prärie auftaucht.
„Betreten verboten“, steht auf einem einsamen Schild vor dem beschmierten Bauwerk, „denkmalgeschütztes Objekt.“
11 Meter ist das Ding hoch, eingeritzt sind kyrillische Buchstaben - Erinnerungen an die sowjetischen Soldaten, die hier übten.
Drei Kilometer sind es von Berlin bis in die Wildnis, wo es höchstens am Wochenende trubeliger wird, wenn die Hundebesitzer eine Runde mit ihren Tieren drehen. Vom Parkplatz am Einkaufszentrum braucht man vielleicht 15 Minuten zu Fuß.
Doch die Geschichte des Bauwerks beginnt nicht mit dem Truppenübungsplatz der sowjetischen Armee, sondern früher: „1753 hatte Preußenkönig Friedrich II. in der Döberitzer Heide ein Manöver mit 44.000 Soldaten abgehalten“, steht in einem Artikel der „MAZ“ 2017. Aber: „Der Preußenkönig hat sich den Granitklotz nicht selbst auf den Hasenheideberg gestellt. Das besorgte 1903, also 150 Jahre später, Kaiser Wilhelm II. für seinen Urahn, als er ebenfalls ein Manöver in der Döberitzer Heide abhielt.“
Die vier Marmortafeln mit den Widmungen sind leider längst gestohlen. Der „Naturverein Döberitzer Heide“ aber zeigt hier zwei Fotos von den Tafeln und wie der Obelisk früher einmal aussah. Hier die Seite des Vereins: www.doeberitzerheide-ev.de.
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Wer die Gegend erkundet, entdeckt übrigens einen Panzer. Oder zumindest ein gepanzertes Fahrzeug, das vermutlich von den Sowjets im Gestrüpp zurückgelassen wurde. Oder ist das noch was ganz anderes, eine alte Suppenküche oder ein Müllfahrzeug?
Erkennen Sie, was das für ein Militärfahrzeug ist? Räder hat es nicht (mehr); Bäume wachsen links und rechts vorbei. Es steht in einer Senke. Die Bäume und das Gestrüpp ringsherum wurden gestutzt, deshalb fällt das Ding im Winter 2020 plötzlich auf.
Ach ja, noch ein Tipp für den Winter: Handschuhe nicht vergessen. Da weht eine steife Brise. Und ein heißer Tee in der Thermoskanne ist auch gut, weil es hier keine Gastro gibt, nur Natur und Weite. Und Bunker wie diesen hier.
Interessant ist auch der Friedhof nebenan. Seit vielen Jahren fahren die Spandauer auf der B5 gen Outlet-Center dran vorbei (oder wenn sie zur Autobahn wollen). Beim Ausflug für den Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel habe ich einfach mal angehalten – von der Bundesstraße ist nämlich hinter der Fußgängerbrücke ein roter Stern zwischen den Bäumen zu erkennen: ein sowjetisches Ehrenmal. Die Gräber sahen bestimmt schon mal gepflegter aus.
Auf dem Grabstein steht übersetzt, dass dort die „Helden der Sowjetunion“ liegen. Zum Beispiel ein Hauptmann namens Nikolai Dimitriwitsch Dugin, gestorben am 2. Mai 1945, als Spandau längst besiegt war. Und ein Major Iwan Timofejewitsch Akulenko („kämpferischer Bolschewik“, gestorben 1948).
Unter dem Sowjet-Stern neben der B5 steht: „Ewigen Ruhm der Helden im Kampf um die sowjetische Heimat“. Sa sdarowje!
Zu erkunden gibt es dort aber noch so viel mehr Orte. Radfahrer klagen über den weichen Sand, zu sehen sind daher vor allem Fußgänger. Nur die wilden Tiere in der Schutzzone in der Mitte, Pferde zum Beispiel, die wollen nicht besucht werden.
Viel Spaß beim Frühlingsausflug, oder wann es Sie auch immer in die Natur hier im wilden Westen zieht, kurz hinter Berlin-Spandau.
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