zum Hauptinhalt
Überall Heidekraut - und mittendrin: ein 11 Meter hoher Obelisk.

© André Görke

Ausflug zum Berliner Stadtrand: Die faszinierende Sowjet-Wildnis bei Berlin

Frische Luft gefällig? Dann rein in die "Döberitzer Heide", nach Brandenburg. Da gibt es alte Sowjet-Gräber, Tiere - und ein geheimnisvolles Fahrzeug.

Was für ein faszinierender Ort! Kurz hinter der Berliner Stadtgrenze beginnt die Wildnis: die "Döberitzer Heide". Die ist ein gewaltiges Gelände hinterm Einkaufszentrum "Havelpark" (Baujahr 1995), wo ein einsamer Obelisk in der Prärie auftaucht.

„Betreten verboten“, steht auf einem einsamen Schild vor dem beschmierten Bauwerk, „denkmalgeschütztes Objekt.“

11 Meter ist das Ding hoch, eingeritzt sind kyrillische Buchstaben - Erinnerungen an die sowjetischen Soldaten, die hier übten.

Drei Kilometer sind es von Berlin bis in die Wildnis, wo es höchstens am Wochenende trubeliger wird, wenn die Hundebesitzer eine Runde mit ihren Tieren drehen. Vom Parkplatz am Einkaufszentrum braucht man vielleicht 15 Minuten zu Fuß.

Doch die Geschichte des Bauwerks beginnt nicht mit dem Truppenübungsplatz der sowjetischen Armee, sondern früher: „1753 hatte Preußenkönig Friedrich II. in der Döberitzer Heide ein Manöver mit 44.000 Soldaten abgehalten“, steht in einem Artikel der „MAZ“ 2017. Aber: „Der Preußenkönig hat sich den Granitklotz nicht selbst auf den Hasenheideberg gestellt. Das besorgte 1903, also 150 Jahre später, Kaiser Wilhelm II. für seinen Urahn, als er ebenfalls ein Manöver in der Döberitzer Heide abhielt.“

Hier der Obelisk aus der Nähe. Gut zu erkennen: die Aushöhlung für die Tafeln auf jeder Seite.
Hier der Obelisk aus der Nähe. Gut zu erkennen: die Aushöhlung für die Tafeln auf jeder Seite.

© André Görke

Die vier Marmortafeln mit den Widmungen sind leider längst gestohlen. Der „Naturverein Döberitzer Heide“ aber zeigt hier zwei Fotos von den Tafeln und wie der Obelisk früher einmal aussah. Hier die Seite des Vereins: www.doeberitzerheide-ev.de.

[Der Tipp stammt aus dem Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau. Mehr davon? Gern. Die 12 Tagesspiegel-Newsletter gibt es Bezirk für Bezirk unter leute.tagesspiegel.de]

Wer die Gegend erkundet, entdeckt übrigens einen Panzer. Oder zumindest ein gepanzertes Fahrzeug, das vermutlich von den Sowjets im Gestrüpp zurückgelassen wurde. Oder ist das noch was ganz anderes, eine alte Suppenküche oder ein Müllfahrzeug?  

Erkennen Sie, was das für ein Militärfahrzeug ist? Räder hat es nicht (mehr); Bäume wachsen links und rechts vorbei. Es steht in einer Senke. Die Bäume und das Gestrüpp ringsherum wurden gestutzt, deshalb fällt das Ding im Winter 2020 plötzlich auf.

Was ist das für ein Militärfahrzeug? War lange am Waldrand verschollen, wurde jetzt freigeschnitten.
Was ist das für ein Militärfahrzeug? War lange am Waldrand verschollen, wurde jetzt freigeschnitten.

© André Görke

Ach ja, noch ein Tipp für den Winter: Handschuhe nicht vergessen. Da weht eine steife Brise. Und ein heißer Tee in der Thermoskanne ist auch gut, weil es hier keine Gastro gibt, nur Natur und Weite. Und Bunker wie diesen hier.

Bäume wachsen links und rechts an dem Militärdings vorbei.
Bäume wachsen links und rechts an dem Militärdings vorbei.

© André Görke

Interessant ist auch der Friedhof nebenan. Seit vielen Jahren fahren die Spandauer auf der B5 gen Outlet-Center dran vorbei (oder wenn sie zur Autobahn wollen). Beim Ausflug für den Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel habe ich einfach mal angehalten – von der Bundesstraße ist nämlich hinter der Fußgängerbrücke ein roter Stern zwischen den Bäumen zu erkennen: ein sowjetisches Ehrenmal. Die Gräber sahen bestimmt schon mal gepflegter aus.

Ein Bunker. Oder so. Zwischen Heidekraut und Bäumen tauchen immer wieder Treppen und alte Militäreinrichtungen auf.
Ein Bunker. Oder so. Zwischen Heidekraut und Bäumen tauchen immer wieder Treppen und alte Militäreinrichtungen auf.

© André Görke

Auf dem Grabstein steht übersetzt, dass dort die „Helden der Sowjetunion“ liegen. Zum Beispiel ein Hauptmann namens Nikolai Dimitriwitsch Dugin, gestorben am 2. Mai 1945, als Spandau längst besiegt war. Und ein Major Iwan Timofejewitsch Akulenko („kämpferischer Bolschewik“, gestorben 1948).

Der Friedhof von Dallgow zwischen B5 und Heide. Die Friedhofskapelle wurde 1908 erbaut
Der Friedhof von Dallgow zwischen B5 und Heide. Die Friedhofskapelle wurde 1908 erbaut

© André Görke

Unter dem Sowjet-Stern neben der B5 steht: „Ewigen Ruhm der Helden im Kampf um die sowjetische Heimat“. Sa sdarowje!

Tausende rauschen hier jeden Tag vorbei. Hinten die vierspurige B5 durchs Havelland. Vorn der Sowjetstern.
Tausende rauschen hier jeden Tag vorbei. Hinten die vierspurige B5 durchs Havelland. Vorn der Sowjetstern.

© André Görke

Zu erkunden gibt es dort aber noch so viel mehr Orte. Radfahrer klagen über den weichen Sand, zu sehen sind daher vor allem Fußgänger. Nur die wilden Tiere in der Schutzzone in der Mitte, Pferde zum Beispiel, die wollen nicht besucht werden.

Viel Spaß beim Frühlingsausflug, oder wann es Sie auch immer in die Natur hier im wilden Westen zieht, kurz hinter Berlin-Spandau.

Dezember 2020. Vereinzelte Gräber erinnern an die sowjetischen Soldaten aus dem Krieg.
Dezember 2020. Vereinzelte Gräber erinnern an die sowjetischen Soldaten aus dem Krieg.

© André Görke

[Schon 235.000 Abos: Die 12 Tagesspiegel-Newsletter gibt es Bezirk für Bezirk unter leute.tagesspiegel.de]

Die Döberitzer Heide erstreckt sich bis zum Berliner Ring und reicht im Süden bis Potsdam. In der Mitte: die "Wildniskernzone".
Die Döberitzer Heide erstreckt sich bis zum Berliner Ring und reicht im Süden bis Potsdam. In der Mitte: die "Wildniskernzone".

© André Görke

Einmal pro Woche schicke ich Ihnen den neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau. Hier meine aktuellen Themen in der schnellen Übersicht, worum es diesmal geht.

- "Diffuse Corona-Lage": Die Amtsärztin im Tagesspiegel über Spandaus Problemregionen und die Bundeswehr im Rathaus

- 1000 Unterschriften in der Lärm-Debatte: Polizeipräsidentin trifft sich mit Newsletter-Lesern zum Krach auf der Havel

- "Brauchen schnelles Polizeiboot": Chef des Innenausschusses über Raser auf dem Wasser

- 5 konkrete Punkte für mehr Sicherheit auf der Havel: Die Ziele der Wasserschutzpolizei für 2021

- Corona, Schule, Neubauten, Verkehr: Was wird 2021 wichtig?

- Die Neujahrsansprache des Bürgermeisters Helmut Kleebank im Newsletter

- BER-Flugrouten über Staaken? Das sagt die Deutsche Flugsicherung

- "280.000 Euro Schaden": Kampfgift am Havelufer nahe der Insel Eiswerder entdeckt. Es gibt einen Zeitplan.

- Wohnungen für Polizei und Feuerwehr: die zwei Bauprojekte in Spandau, die Mietpreise, die Zeitpläne

- Universität in der Altstadt Spandau: Wie steht es um die große Idee - und wovon wurde vor zwei Jahren noch geträumt?

- Flüchtlingscontainer werden zu Klassenzimmern in Berlin-Spandau: die Kosten, die Dauer, der Standort an der Scharfen Lanke

- DED in Kladow: Erinnerungstafel geplant (an der Dauerbaustelle am Kladower Damm, für die es einen Fertigstellungstermin gibt)

- Siemensstadt: Bahntunnel quer über den Siemens-Campus?

- 80 Jahre Woolworth in Spandau: Wo stand die erste Filiale?

- TSV Spandau 1860: Applaus nach 60 Jahren

- TSV Staaken 1906: Ständchen nach 102 Jahren

- Döberitzer Heide: Fotos von Panzern, vom sowjetischen Friedhof und anderen vergessenen Orten hinter dem Berliner Stadtrand

Die Tagesspiegel-Newsletter gibt es für alle 12 Berliner Bezirke und haben mittlerweile schon 235.000 Abos. Darin informieren wir Sie einmal in der Woche gebündelt und kompakt, was so los ist in Ihrem Kiez. Auch lassen wir in den Newsletter oft Leserinnen und Leser zu Wort kommen, schließlich kennt keiner die Kieze so gut wie die Leute, die dort leben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false