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Direkt am Stadtpark: Das Wohnhaus aus den 60er Jahren.

© Boris Buchholz

18 Stockwerke über Steglitz: Berliner Hochhaus verkauft - Mieter in Sorge

Das Solitär am beliebten Stadtpark von Berlin-Steglitz kennen viele: Doch jetzt gibt es Unruhe. Was sagt der neue Eigentümer?

Das Hochhaus am Stadtpark Steglitz wurde verkauft. Das Gebäude Steglitzer Damm 8 ist ein Hingucker im Berliner Südwesten – das 18-geschossige Wohnhochhaus liegt direkt am Stadtpark Steglitz, es ist ein herausragender Solitär und ein markantes Wahrzeichen des Bezirks.

Zum 31. Dezember 2020 wurde das Haus verkauft – und jetzt machen sich Bewohnerinnen und Bewohner Sorgen. Darüber berichtete jetzt der Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf.

Die Befürchtung: Der neue Besitzer, eine Immobilien-Fonds-Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, hinter der die Deutsche Invest Immobilien (DII) aus Wiesbaden steht, könnte die Mieten erhöhen oder gar die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln. „Beides würde angesichts des überwiegend hohen Alters der Mieter zur Verdrängung führen“, schrieb eine Mietpartei dem Tagesspiegel-Newsletter für den Berliner Südwesten. Die Mieter wollen anonym bleiben, die Namen sind der Redaktion bekannt.

Der Steglitzer Damm 8 war immer Kapitalanlage. Gebaut wurde das Haus in den Jahren 1966 bis 1968, es ist exakt 65,09 Meter hoch, über dem 18. Stock ragt noch der Aufzugsmaschinenraum auf. Erdacht wurde der Wohnturm vom Architekten Hans-Wolff Grohmann.

Rechnet man alle 75 Wohnungen zusammen, ergibt sich eine Wohnfläche von circa 6.000 Quadratmetern. Errichtet hat das Gebäude die Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft, besser bekannt als GSW. Doch sobald der letzte Bauarbeiter abgezogen war, verkaufte die GSW das neue Haus – an die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG, eine Art Pensionskasse für Bauarbeiter, die zum Verbund der Sozialkassen der Bauwirtschaft gehört, kurz SOKA-BAU.

Toller Ausblick im Südwesten. Doch es gibt Unruhe am grünen Idyll.
Toller Ausblick im Südwesten. Doch es gibt Unruhe am grünen Idyll.

© Boris Buchholz

„Alle Immobilien von SOKA-BAU dienen der Kapitalanlage zur Sicherung der Rentenansprüche der Arbeitnehmer in der deutschen Bauwirtschaft“, erklärt Torge Middendorf, Sprecher der SOKA-BAU, auf Nachfrage des Tagesspiegel-Newsletters. Die Beschäftigten auf dem Bau erlitten aufgrund der harten körperlichen Arbeit, der großen Witterungsabhängigkeit und dadurch bedingten häufigen Arbeitsunterbrechungen Nachteile beim Bezug der gesetzlichen Rente. Deshalb komme den Zusatzleistungen der SOKA-BAU eine besondere Rolle zu. Um auskömmliche Renten langfristig sichern zu können, „kommt es dabei immer wieder einmal zum Kauf und Verkauf von Immobilien“, so Sprecher Middendorf.

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Doch auch die Interessen der Mieter der etwa 10.000 Wohnungen, die der SOKA-BAU bundesweit gehören, berücksichtige die Sozialkasse. „Wir nehmen die Interessen unserer Mieter ernst“, sagt Torge Middendorf. Im Kaufvertrag mit der DII seien „diverse Beschränkungen zum Weiterverkauf vereinbart“ worden; konkret benennen möchte der Sprecher diese Klauseln aus dem vertraulichen Vertrag aber nicht. Nur so viel: Der Käufer sei mit „hohem Augenmerk“ auf seine Qualität ausgesucht worden, die SOKA-BAU und DII pflegten bereits in der Vergangenheit Geschäftsbeziehungen.

Zum Beispiel habe man im Rhein-Main-Gebiet gute Erfahrungen gemacht – „die dortige Mieterschaft äußerte auf Nachfrage, dass sie mit ihren Mietverhältnissen bisher zufrieden sind“, berichtet Torge Middendorf: „Insofern erwarten wir, dass dies auch in Berlin der Fall sein wird.“ Die SOKA-BAU sei überzeugt, „den richtigen Käufer für die Immobilie ausgewählt zu haben“.

Markante Fassade, 75 Wohnungen.
Markante Fassade, 75 Wohnungen.

© Boris Buchholz

Der „richtige Käufer“, die DII, beruhigt die Mieterinnen und Mieter: „Die Bewohner im Wohnhaus am Steglitzer Damm haben nichts zu befürchten. Für sie ändert sich nichts“, lautet die Stellungnahme des Unternehmens auf die Fragen des Tagesspiegels. Und dann kommt der entscheidende Satz: „Eine Umwandlung in Eigentumswohnungen ist nicht geplant.“ Man wolle erst einmal das Gespräch mit den Mietern suchen und sich „ein genaueres Bild“ verschaffen. „Das Unternehmen führt grundsätzlich keine Luxussanierungen durch, drastische Mieterhöhungen haben Mieter der DII nicht zu befürchten“, heißt es weiter. Ein attraktives Zuhause in einem „marktüblichen“ Miet-Rahmen wird versprochen.

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Die neue Eigentümerfirma verweist auf ihre Sozialcharta, die sie zusammen mit Mietern und Kommunen erarbeitet habe. „Vorrangige Ziele sind, die Betriebskosten zu reduzieren, etwaigen Leerstand nachhaltig abzubauen und die Objekte dahingehend zu entwickeln, einen stabilen Mietertrag auf Marktniveau zu generieren“, heißt es in der Präambel. Älteren Mieter ab dem 70. Lebensjahr und körperlich benachteiligten Menschen wird „eine lebenslange Wohngarantie und einen erweiterten Kündigungsschutz“ versprochen – das könnte je nach finanzieller Situation des Einzelnen auch „zum kompletten Verzicht auf eine Mieterhöhung“ führen. Auch der nächste Punkt in der Charta könnte die Steglitzer Mieter beruhigen: Generell strebe die DII in allen Wohnanlagen mit über fünfzig Wohneinheiten einen Anteil von „10% der Mietergruppe SGB II Transferleistungsempfänger“ – einkommensschwache Mieter seien willkommen. Die Charta – auch die Kapitel zur ökologischen Verantwortung sind lesenswert – finden Sie hier.

Direkt an der Hauptstraße: Steglitzer Damm, Hausnummer 8
Direkt an der Hauptstraße: Steglitzer Damm, Hausnummer 8

© Boris Buchholz

Dem Bezirksamt ist der Verkauf der Immobilie bekannt. Davon, ob der neue Besitzer vorhabe, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln, sei dem Amt nichts bekannt, erklärt BezirksbürgermeisterinCerstin Richter-Kotowski (CDU) am Telefon. Sollte es diese Absicht geben, „kann das im Prinzip nicht verhindert werden“, sagt sie. Allerdings deute nichts auf dieses Vorhaben hin. Auch seien weder Bauvoranfragen noch konkrete Bauanträge beim Stadtplanungsamt eingereicht worden. Sollten sich die Mieter sorgen, empfehle sie die unabhängige und kostenlose Mieterberatung des Bezirksamts. Nach ihrer Einschätzung sei es „gar nicht so einfach, Bestandsmieter loszuwerden“.

Es gibt noch eine andere Sorge auf Mieterseite: Werde der „bisher absolut tolle Zustand des Wohnhauses“ auch vom neuen Besitzer beibehalten? Das letzte Mal wurde die Fassade durch die SOKA-BAU im Jahr 2000 saniert. „Das Objekt befand sich zum Zeitpunkt der Übergabe in einem guten Zustand“, berichtet Sprecher Torge Middendorf: „Wir gehen davon aus, dass der neue Eigentümer dies zu schätzen weiß und das Objekt weiter in einem ordentlichen Zustand erhalten wird.“

PS: Weil ich weiß, dass Sie neugierig sind (ich bin es auch): Natürlich habe ich Torge Middendorf auch nach dem Kaufpreis für das Wohnhaus in Top-Lage-Lage-Lage gefragt – aber er hielt still: „Zu Kaufpreisen äußern wir uns aus vertraglichen Gründen grundsätzlich nicht.“

[Mehr aus Steglitz, mehr aus Zehlendorf: Hier gibt es den Südwest-Newsletter vom Tagesspiegel: leute.tagesspiegel.de]

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