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Der Postbank-Turm am Halleschen Ufer soll Mittelpunkt eines neuen Quartiers werden. Das sehen die Pläne der CG Gruppe aus Leipzig, vor.

© Abbildung: CG Gruppe/Becker Architekten

Umbau in Berlin-Kreuzberg: Neue Highmat Postscheckamt

Das Hochhaus in Kreuzberg soll zu einem Rundum-sorglos-Turm werden. Doch das Bebauungsplanverfahren ist immer noch nicht abgeschlossen. Eine entscheidende Frage ist unbeantwortet: Ab welchem Stockwerk wird gewohnt?

Das Warten auf das erste „Vertical Village“ in Berlin geht in die zweite Runde. Zwar sollte der Umbau des früheren Postscheckamtes Berlin West an der Möckernbrücke zum „XBerg Tower“ in wenigen Monaten beginnen. Doch im vergangenen Herbst hielt zunächst eine Auseinandersetzung zwischen Immobilienentwickler Christoph Gröner und dem Planungsausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg die Projektentwicklung auf. Jetzt hängt es an anderer Stelle. Gebaut wird wohl erst ab 2017. Dabei werden neue Wohnungen in Kreuzberg dringend benötigt.

„Wir haben soweit alles getan, als wir im November die Aufstellung des Bebauungsplans für die Grundstücke Hallesches Ufer 60, Großbeerenstraße 24 sowie den westlich daran angrenzenden Spiel- und Bolzplatz beschlossen haben“, sagt Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis90/Grüne). Jetzt sei die CG Gruppe als Bauherrin am Zug. 

Diese wiederum wartet darauf, dass die Postbank den 23-stöckigen Turm freigibt, damit der Bau der sechziger Jahre ist ein modernes Wohn- und Arbeitshaus für „digitale Nomaden“ umgebaut werden kann. Auch das umliegende Gelände soll neu gestaltet werden. Unter dem Label „Hymat“ soll ein gemischtes Quartier mit Wohnungen, Büros und Geschäften entstehen. Insgesamt 54.000 Quadratmeter vermietbare Fläche will die CG Gruppe schaffen.

So könnte eins der möblierten Apartments für "digitale Nomaden" aussehen.
So könnte eins der möblierten Apartments für "digitale Nomaden" aussehen.

© Abbildung: CG Gruppe/Becker Architekten

Kooperatives Baulandverfahren war noch Neuland

Damit der Bebauungsplan dafür erstellt werden kann, müssen aber die sogenannten frühzeitigen Beteiligungsverfahren mit Bürgern und öffentlichen Trägern abgeschlossen, alle Anregungen ausgewertet und eventuell in die Planung aufgenommen werden. „Unter anderem muss geklärt werden, ab welcher Etage Wohnen im Turm möglich sein wird“, sagt Panhoff. „Die Lage am Kanal und an der U-Bahn ist zwar hinsichtlich der Verkehrsanbindung gut, aber man muss den Lärm bedenken.“

Erst wenn dies alles geklärt ist, geht eine Vorlage zur Abstimmung an die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Darin sollte auch die Zahl der benötigen Kitaplätze stehen und wie die Grünflächen gestaltet werden. Auch dies sind noch offene Fragen. Am Ende könnte dann schließlich eine Baugenehmigung erteilt werden. Sofern es keine Einwände gibt, wie im September 2015.

Damals hatte der BVV-Planungsausschuss gefordert, dass dreißig Prozent des Gesamtbauvolumens – inklusive aller Gewerbe- und Büroflächen – als preisgünstiger Wohnraum ausgewiesen werden. Im Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung liegt diese Quote bei 25 Prozent – und zwar allein bezogen auf Wohnflächen.

An solchen unrealistischen Forderungen merke man, dass der Aufklärungs- und Beratungsbedarf in der Politik höher sei als vermutet, sagt Gröner. „Wir haben unterschätzt, wie wenig manche Politiker über das kooperative Baulandverfahren wissen und entsprechend die Konsequenzen ihres Handelns nicht in vollem Umfang verstehen. Eigentlich müsste man ihnen einen unabhängigen Experten zur Seite stellen, der sie bei der Entscheidungsfindung berät und begleitet.“

Die Mieten im Xberg Tower sollen 18 Euro pro Quadratmeter liegen

Nach intensiven Gesprächen haben sich aber Bezirk und Projektentwickler nun geeinigt. „25 Prozent der geplanten Neubauwohnungen werden schlüsselfertig an die städtische Wohnungsbaugesellschaft Degewo übergeben und zu 6,50 Euro pro Quadratmeter nettokalt vermietet“, sagt Baustadtrat Panhoff. „Zusätzlich wird die CG Gruppe der Degewo ein Grundstück verkaufen, auf dem diese familiengerechte Wohnungen bauen wird.“ Sie sollen um die 10 Euro pro Quadratmeter nettokalt kosten und werden als Degewo-Bestandswohnungen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.

„Wir versuchen grundsätzlich 80 Prozent unserer Neubauwohnungen zu Nettomietpreisen von 6,50 Euro bis 10,50 Euro pro Quadratmeter zu realisieren“, sagt Lutz Ackermann, Sprecher der Degewo. Wieviele kostengünstige Wohnungen es am Ende werden, deren Kauf bzw. Bau mit Mitteln aus der Wohnungsbauförderungen finanziert werden, hänge aber vom Bebauungsplan ab. Die derzeitige Konzeption der CG Gruppe sieht dafür rund 190 Einheiten vor und zusätzlich etwa 75 Familienwohnungen.

„Die Auseinandersetzungen waren wichtig“, sagt Christoph Gröner rückblickend. „Obwohl wir die Forderungen des Bezirks in Wahrheit davor auch schon erfüllt haben.“ Denn die Familienwohnungen, die nun von der Degewo gebaut werden sollen, hätten auch im Bestand der CG Gruppe um die 10 Euro pro Quadratmeter gekostet – unter anderem quersubventioniert durch die smarten Apartments im „Xberg Tower“, deren Mieten im Schnitt bei 18 Euro pro Quadratmeter liegen sollen.

„Das kooperative Baulandverfahren ist eine sinnvolle Sache“, sagt Gröner. „Aber um eine Quersubvention günstiger Mieten in einem Teilsegment durch höhere Mieten in einem anderen Teilsegment zu finanzieren, muss man mehr Verdichtung zulassen. Vielleicht müssen Ausschreibungen auch künftig als Konzeptvergaben anders aussehen, um Mieten zu einem bestimmten Preis über einen festgelegten Zeitraum abzusichern.“

Die Mietpreisbremse sei da kein probates Mittel, um eine gesunde soziale Durchmischung von Quartieren zu ermöglichen, gut konzipierte Projekte dagegen vielleicht schon.

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