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Stöbern was das Zeug hält und dabei ganz versteckt: Das Record Loft.

© Carmen Schucker

"Record Loft": Vinyl-Träume im Kreuzberger Hinterhof

Selbst der Rolling Stone hat schon über das Kreuzberger Vinyl-Mekka aus dem Hinterhof berichtet: Das "Record Loft" versammelt mehr als 20.000 Platten, Kunden können stöbern so viel sie wollen. Für diesen Luxus ist Inhaber Christian Pannenborg ständig auf der Suche.

In Kreuzberg gibt es diese Orte: schon halb berühmt und doch noch versteckt. Als einen dieser Orte könnte man das „Record Loft“ bezeichnen. Im zweiten Hinterhof in der Adalbertstraße 9 liegt auf etwa 90 Quadratmetern ein Paradies für Vinyl-Liebhaber. Kisten voller Schallplatten stehen auf den Tischen, am Boden und in den Regalen. Alles zwischen den Genres „Dance“ und „Techno“ ist hier zu finden – auf Vinyl versteht sich.

Im kleinen, aber gewollten Chaos, wie Betreiber Christian Pannenborg erklärt, können die Kunden stöbern so viel sie wollen, und natürlich auch reinhören. Der Fokus liegt dabei auf Platten aus der Zeit zwischen der Mitte und dem Ende der 90er Jahre. Eine Sortierung, nach Künstlern etwa, sucht man vergebens. „Ich wollte bewusst keine kleinen Unterteilungen, denn oft sucht man dann eingeschränkter, ist enttäuscht, wenn man etwas nicht findet“, erklärt Pannenborg sei Geschäftskonzept. Im „Record Loft“ sollen dagegen lieber „neue Assoziationsketten ausgelöst werden, sollen unterbewusste Eindrücke gefördert werden“. Das Musiksuchen und –finden, wollte Pannenborg in einer Art Wohnzimmeratmosphäre möglich machen. Deswegen auch die Abgeschiedenheit des zweiten Hinterhofs. „Musikhören ist ein emotionaler, sensibler Akt. Ich muss mich auf die Musik einlassen, mich fragen: Passt das jetzt zu mir? Und: Was macht die Musik mit mir?“

Sogar der Rolling Stone hat schon berichtet

Seit Januar diesen Jahres gehen Vinyl-Liebhaber hier nun schon ein uns aus. Im Zirkel der DJs hat sich seine Adresse schon herumgesprochen, bereits der Rolling Stone schrieb über das Kreuzberger Vinyl-Mekka und das britische Fact Magazine. Letzteres lobte besonders die Atmosphäre: „Im Geschäft von Record Loft nach Alben zu suchen ist so, als würde man nach Alben im weltgrößten Wohnzimmer suchen.“

Der Betreiber des "Record Loft" Christian Pannenborg.
Der Betreiber des "Record Loft" Christian Pannenborg.

© Christian Pannenborg

Dass an die 20.000 Platten derzeit im „Record Loft“ zu finden sind, liegt an Pannenborgs Sammelleidenschaft und seiner beständigen Suche nach neuen Platten. „Was Schallplatten angeht, ist Berlin eine Insel: Hier gibt es hauptsächlich Platten aus dem Westen.“ Deswegen sei er jeden Monat tausende Kilometer unterwegs, unter anderem in Köln, München oder den Antwerpen. Bald soll es auch Richtung USA gehen. Pannenborg, der Kulturwissenschaften in Berlin studierte, hat selbst schon in einigen Berliner Clubs aufgelegt und reicherte so über Jahre ein „Lexikon des unnützen Musikwissens“ an, wie er selbst meint. Mit dem „Record Loft“ geht für ihn auch ein Traum in Erfüllung.

Das Bedürfnis nach der Ewigkeit

Doch wie verkauft sich Vinyl in Zeiten des Digitalen? „Es funktioniert, weil die Bedürfnisse wieder in die Richtung gehen ‚ich kaufe mir etwas für die Ewigkeit‘“, meint Pannenborg. Kreuzberg und Berlin seien zudem genau die Orte, wo die Menschen an individueller Musik und Atmosphäre interessiert seien.

Nicht nur die Anordnung des Angebotes ist speziell, auch die Preise sind konsequent weggelassen. Erst an der Verkaufstheke wird nach dem aktuellen Preis im Internet geschaut, für den geht die Platte dann an den Kunden. „Die meisten Platten gehen bei uns so für fünf Euro über die Theke. Und das finde ich gut, wir sind ja schließlich in Berlin.“, meint Pannenborg.

Zwei, die für die neuen, alten Platten fast jede Woche ins „Record Loft“ kommen, sind Pascal Iversen und Marvin Knoble. „Die Auswahl ist riesig und hier gibt es viele Künstler, die es sonst nirgends gibt“, meint Iversen. Die beiden WG-Freunde legen in ihrer Freizeit selbst ab und zu auf. Und Knoble ergänzt: „Wir sind quasi Hobby-Wohnzimmer-DJs, wenn man so will.“

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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