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Achim Schmidt-Carstens schrieb mehr als 700 Lieder für Ernie, Bert und Genossen - und kehrt nun nach 31 Jahren in den Schuldienst zurück.

© Foto: Georg Wendt/dpa/privat

Lehrer in Berlin-Kreuzberg: Von der Sesamstraße in die Grundschule

Ferienende nach 31 Jahren: Unser Leser Achim Schmidt-Carstens hat Lehrer gelernt, dann Lieder für die Sesamstraße geschrieben. Ab heute unterrichtet er wieder.

Alle meine Freunde, die Lehrer sind, halten mich für verrückt: Grundschullehrer in Kreuzberg! Die denken, dass ich mir kein Bild davon mache, wie viel Arbeit das ist. Aber ganz so ahnungslos bin ich gar nicht. Schließlich bin ich ausgebildeter Lehrer. Es ist halt nur ein bisschen Zeit vergangen seit meinem Referendariat. 1984 war das.

Damals war ich 25 Jahre alt, fühlte mich noch viel zu jung, um Lehrer zu sein. Für mich war klar, dass da noch was kommen muss. Also habe ich die Sache mit der Schule erst mal an den Nagel gehängt und bin von Berlin nach Hamburg gegangen. Dort habe ich ein Volontariat beim NDR gemacht, beim Radio gearbeitet und nebenher Musik gemacht.

Irgendwann kam die Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, Lieder für die Monster der Sesamstraße zu schreiben. Aus den 20 Songs, die es zunächst sein sollten, wurden mehr als 700 – über 15 Jahre.

Als ich in der Kreativszene gelandet war, war an Aufhören nicht zu denken. Erst im letzten Jahr hat sich das Gefühl eingestellt, dass es an der Zeit wäre, meine Lebenserfahrung mit anderen zu teilen. Also habe ich mich für den Wiedereinstieg in den Schuldienst beworben und letzte Woche die Zusage aus Berlin erhalten. Und so unterrichte ich in diesem Schuljahr Deutsch, Englisch, Darstellendes Spiel und Musik an der Lemgo-Grundschule im Kreuzberger Graefekiez.

Durch die Bühne Sicherheit gewinnen

Die Arbeit wird gar nicht so spektakulär neu für mich sein, glaube ich. Letztlich hat das, was ich in den vergangenen 30 Jahren gemacht habe, viel mit dem zu tun, was jetzt kommt. Ich habe versucht, Menschen dazu zu bringen, vor der Kamera oder vor dem Mikrofon etwas aus sich herauszuholen. Genau das will man doch auch, wenn man unterrichtet: Menschen an ihr Potenzial heranführen.

Am meisten reizt mich „Darstellendes Spiel“. Ich finde es extrem wichtig, dass man lernt, wie man vor anderen bestehen kann. Diese Begabung wird oft vernachlässigt. Vor den Augen von 100 Mitschülern auf der Bühne der Aula zu stehen, ist eine enorme Herausforderung. Wenn ich den Schülern dabei helfen könnte, in diesem Bereich an Sicherheit zu gewinnen, fände ich das sehr befriedigend.

In unserer Rubrik „Von Woche zu Woche“ erzählen Leserinnen und Leser des Tagesspiegels, was sie in der neuen Woche vorhaben und in ihrem Leben bewegt. Wollen Sie auch mitmachen? Einfach Mail an berlin@tagesspiegel.de. Der Text wurde aufgezeichnet von Susanne Grautmann.

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