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Auf neuem Wege. Den ehemaligen Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner (SPD) zieht es in den Bundestag.

© Thilo Rückeis

Vor der Bundestagswahl: Tim Renner und das Rennen ums Direktmandat

Berlins Ex-Kulturstaatssekretär Tim Renner will in den Bundestag. Dafür müsste er sich in Charlottenburg-Wilmersdorf gegen vier Sozialdemokraten und Klaus-Dieter Gröhler von der CDU durchsetzen.

Lange war der Bundestagswahlkreis 80 in Charlottenburg-Wilmersdorf eine Hochburg der Sozialdemokraten. Petra Merkel (SPD) siegte in den Jahren 2002, 2005 und 2009. Aber als sie im Jahr 2013 nicht mehr antrat, unterlag Ülker Radziwill (SPD) dem CDU-Kandidaten Klaus-Dieter Gröhler. Radziwill erhielt 31,5 Prozent der Stimmen und Gröhler 37,1 Prozent.

Für die Bundestagswahl im September 2017 haben sich nun gleich fünf Bewerber um die SPD-Direktkandidatur das Ziel gesetzt, das „CDU-Intermezzo zu beenden“, wie es Radziwill ausdrückt, und den Wahlkreis zurückzugewinnen. Am 26. Februar können etwa 2200 Kreisverbandsmitglieder darüber abstimmen, wer für die SPD antritt.

Für Tim Renner geht es nicht nur um Kultur

Einer der Bewerber ist Berlins Ex-Kulturstaatssekretär Tim Renner. Er wohnt in Wilmersdorf, wo er 1964 geboren wurde, und trat 2013 der SPD bei. Als Ziele nennt er unter anderem eine „verpflichtende Renten- und Krankenversicherung für alle Bürger“, höhere Grundsicherungsleistungen, ein Unterrichtsfach Medienkunde und eine „Maschinensteuer“ für Firmen, die Menschen durch Computer oder Roboter ersetzen. Außerdem müsse die „Mietpreisbremse endlich Zähne bekommen“, und wenn ein Vermieter die Umwandlung in eine Eigentumswohnung plant, solle eine „neue Form der Eigenheimzulage“ den Mietern ein Vorkaufsrecht ermöglichen. Aufgrund seiner Erfahrungen als früherer Musikmanager will sich Renner auch für ein neues Urheberrecht einsetzen, das eine faire Bezahlung von Künstlern und anderen Medienschaffenden sichert.

Bei seiner Bewerbung habe er bislang „Unterstützung und Ermutigung“ vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller und von dessen Vorgänger Klaus Wowereit bekommen, sagt Renner.

Ülker Radziwill (SPD).
Ülker Radziwill (SPD).

© promo

Sozialpolitikerin Ülker Radziwill nimmt neuen Anlauf

Ülker Radziwill bewirbt sich wieder um das Direktmandat. Sie gehört seit 15 Jahren dem Berliner Abgeordnetenhaus an und ist sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Den Bundestagswahlkreis habe CDU-Mann Gröhler zuletzt wegen eines „Merkel-Effekts“ gewonnen, glaubt sie und betont in ihrem Bewerbungsbrief an die Parteigenossen: „Ich kann Wahlkampf!“ Auch Radziwill nennt die Mietpreisbremse als eines ihrer wichtigsten Anliegen, sie sei vor neun Jahren deren „erste Verfechterin“ gewesen. Auf Bundesebene strebe sie mehr Mittel für „bezahlbaren Wohnraum“ an, dafür solle der Bund auch einige seiner Flächen in Berlin den Bezirken zur Verfügung stellen. Die Bürgerversicherung und eine Alterssicherung für Selbständige finden sich ebenfalls unter den Zielen der 50-Jährigen. Wegen ihrer deutsch-türkischen Herkunft sieht sie sich zudem als „Brückenbauerin“ bei der Integration, sie gehörte zu den Gründern des interkulturellen Nachbarschaftszentrums „Divan“.

Marc Schulte (SPD).
Marc Schulte (SPD).

© promo / Martin Schmidtner

Ex-Stadtrat Marc Schulte baut auf seine Erfahrung

Der frühere Bezirksbaustadtrat Marc Schulte, Jahrgang 1968 und derzeit Studiendirektor in der Senatsbildungsverwaltung, wirbt mit seiner langjährigen Erfahrung in der Kommunalpolitik. Er habe „die City West vorangebracht“, schrieb er seinen Parteifreunden. Nun wolle er „soziale Gerechtigkeit in der Stadtentwicklungspolitik verankern“. Gesetze für einen stärkeren Mieterschutz seien nur auf Bundesebene machbar. Im Gesundheitsbereich unterstützt auch Schulte die Pläne für eine Bürgerversicherung. Darüber hinaus will er „für die Rechte von Minderheiten kämpfen“ – besonders jetzt, „wo durch das Aufkommen rechter Populisten die Vielfalt unserer Gesellschaft in Gefahr ist“. Er und sein Mann seien seit 27 Jahren ein Paar und hätten sich vor 15 Jahren endlich offiziell „verpartnern“ dürfen, gleichgestellt seien sie aber immer noch nicht. Zum innerparteilichen Wahlkampf der Bewerber im Bezirk sagt Schulte: „Alle kennen und schätzen sich, es gibt keine aggressive Stimmung.“

Daniel Buchholz (SPD).
Daniel Buchholz (SPD).

© promo

Daniel Buchholz kämpft gegen Spielhallen und für Mieterrechte

Obwohl er nahe dem Savignyplatz wohnt, wird Daniel Buchholz (48) oft als Spandauer wahrgenommen, weil dort seit 15 Jahren sein Wahlkreis als Mitglied des Abgeordnetenhauses liegt. Er ist umweltpolitischer Sprecher der Berliner SPD-Fraktion und auch spezialisiert auf Stadtentwicklung und Verkehr. Bekannt wurde Buchholz besonders als Kämpfer gegen Automatencasinos in Berlin. Auf seine Initiative hin habe die Stadt das „strengste Spielhallengesetz Deutschlands beschlossen“, schreibt er in seinem Bewerbungsbrief an die SPD. Im Bundestag will er eine bundesweite „Neuordnung des Glückspielmarkts“ erreichen, aber auch die Rechte von Wohnungsmietern stärken, die Energiewende vorantreiben und sich für eine „gerechte Bürger- und Pflegeversicherung“ einsetzen.

Fabian Schmitz-Grethlein (SPD).
Fabian Schmitz-Grethlein (SPD).

© promo

Fabian Schmitz-Grethlein ist der jüngste Bewerber

Der 37-jährige Fabian Schmitz-Grethlein war Landesvorsitzender der Jusos und sieben Jahre lang SPD-Bezirksverordneter, beruflich arbeitet der Jurist als Vize-Abteilungsleiter für Energiewirtschaft beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Durch seine Kontakte mit Ministerien, Verbänden und Parlamentarien kenne er die Bundespolitik, schreibt Schmitz-Grethlein. Zu seinen Zielen gehören gerechte Löhne, gute Arbeitsbedingungen und eine ausreichende Alterssicherung für Arbeitnehmer. Schmitz-Grethlein hebt seine Bürgernähe hervor: In Gesprächen habe er gemerkt, dass viele Bürger „von der Politik nicht mehr viel erwarten“. Er wolle die „Menschen erreichen“ und sehe im „Erklären und Mitnehmen“ eine der wichtigsten Aufgaben eines Volksvertreters.

Die Kandidaten der anderen

Klaus-Dieter Gröhler (CDU) wurde in Charlottenburg-Wilmersdorf als langjähriger Baustadtrat und Vize-Bürgermeister bekannt. Als Bundestagsabgeordneter ist er seit 2013 unter anderem Mitglied im Haushaltsausschuss. Der 50-Jährige muss wohl nicht um seine erneute Direktkandidatur kämpfen. Innerhalb der CDU ist er bisher der einzige Bewerber und soll im März nominiert werden.

Klaus-Dieter Gröhler (CDU).
Klaus-Dieter Gröhler (CDU).

© promo

Die Bundestagsabgeordnete Lisa Paus (Grüne) wurde am Dienstag vom Kreisverband ihrer Partei erneut zur Direktkandidatin gewählt. Die 48-jährige ist seit 2009 die steuerpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag und deren Obfrau im Finanzausschuss. Bei der Wahl im Jahr 2013 errang sie nur 14,7 Prozent der Stimmen, war aber über die Landesliste der Partei abgesichert. Diesmal unterstützt der Kreisverband ihre Kandidatur für den ersten Platz der Landesliste. Doch auch die frühere Grünen-Landesvorsitzende Bettina Jarasch will Spitzenkandidatin in Berlin werden.

Wen andere Parteien im Wahlkreis aufstellen wollen, ist noch nicht bekannt.

Lisa Paus (Grüne).
Lisa Paus (Grüne).

© promo

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