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Joachim Rissmann, ehemaliger Eigentümer des Hotels Bogota, und Ausstellungsveranstalterin Ekaterina Inashivili mit Ausstellungstücken beim Inventarverkauf der verbliebenen Dinge des ehemaligen "Hotel Bogota".

© Thilo Rückeis

Fotoausstellung in Berlin-Charlottenburg: Die Überreste des Hotel Bogota

Der ehemalige Eigentümer des legendären Hotels am Ku’damm verkauft die Restbestände seines Inventars und zeigt Fotos aus den letzten Tagen. Ein Besuch.

Eine Lampe, ein Spiegel, Telefone im Regal. In der Mitte des Raumes: Ein großer runder Tisch. An einem der verzierten Tischbeine läuft Seifenschaum entlang, Joachim Rissmann schrubbt das gute Stück aus der Gründerzeit voller Hingabe. „Der Tisch stand in der vierten Etage des Hotels, der war jetzt fünf Jahre auf dem Dachboden“, sagt Rissmann leise, während er kurz von seiner Arbeit aufschaut. „Ich weiß von fast jedem Stück hier, wo es einmal war.“

Der ehemalige Geschäftsführer des Hotel Bogota, Schlüterstraße/ Ecke Ku’damm, steht mitten in den Gewerberäumen „Plan B + Vitamin B“, dem Ideenbüro von Ekaterina Inashvili, mit der er gemeinsam nun die letzten Überbleibsel des Hotelinventars verkaufen möchte. Gleichzeitig zeigen die beiden hier Bilder des Fotografen Jürgen Bürgin, der die letzten Tage des Hotels festgehalten hat.

Seit der Schließung ist viel passiert

Drei Jahre sind vergangen, seitdem das legendäre Hotel Bogota aufgrund von Mietschulden schließen musste, viele Prominente von Peter Raue über Lars Eidinger, Eva Matthes und Hans Zischler bis Ilja Richter hatten sich noch fürs Bogota eingesetzt, doch es half alles nichts: Am 1. Dezember 2013 checkten die letzten Gäste aus, am 23. Dezember übergab Joachim Rissmann die Schlüssel.

Nun steht er in Jeans und weißem Hemd inmitten der Möbel, die einst sein Inventar waren. Auf zwei Etagen der modernen Räumlichkeiten in der Herbartstraße wirken die Reste des Hotels wie aus der Zeit gefallen: Schwere, goldene Lampen, ein großer Reisekoffer, der eben sauber gewordene Tisch, Stühle und im Keller sogar ein Bettgestell.

„Leute kaufen jetzt eher das Neue, Nachgemachte, als dass sie das Alte genießen“, sagt Rissmann. „Das sind aber Sachen, an denen ich Freude habe.“ Auf einem der neuen Bürotische von Ekaterina Inashvili liegt ein Zettel, die Kontaktdaten einer Interessentin sind dort notiert und die Stichworte „Schauspielerin, Lampe und Staffelei“. Inashvili, die Initiatorin der Ausstellung, hat 2013 ehrenamtlich die Schließung und Räumung des Hotels betreut. Als die 30-Jährige Rissmann ihre Hilfe anbot, erwiderte der: „Uns ist nicht mehr zu helfen.“

Rissmann, inzwischen 53, ist zumindest äußerlich nicht gealtert seit der Schließung. Dabei ist viel passiert: Trennung von der Frau, Umzug, ein Jahr hat er in der Administration bei einem Zahnarzt gearbeitet. Mittlerweile lebt der Vater von vier Kindern in der Rönnestraße, nur ein paar Straßen von hier entfernt.

In seiner Wohnung macht er wieder das, was er am liebsten tut, wenn auch nun nur noch im Kleinen: Gastgeber sein. Und zwar in liebevoller Kleinarbeit: Die Räume sind ehemaligen Hotelzimmern nachempfunden, heißen „Yva“ und „Hanna“ in Anlehnung an die prominenten Bogota-Besucher Hanna Schygulla und die Fotografin Yva, Rissmann hat die Räume mit Originaleinrichtung bestückt und bietet sie nun privat an. „Little Bogota“ nennt er das. Selbst ist Rissmann nie viel gereist, er war immer im Hotel.

Er hegt keinen Groll

Rissmann ist Nostalgiker, eine Art „Stadtarchäologe“, wie er selbst sagt. Er liebt die Spuren, die Geschichte von Orten und Gegenständen, „wahrscheinlich weil es eine Art Geborgenheit ist“. Die Auflösung des Hotels war für ihn damals ein schwerer Schlag: „Es war alles!“, sagt er. „Es war wohnen, Familie, Vergangenheit, Zukunft und meine Berufung.“

1993 übernahm Rissmann allmählich das Hotelgeschäft der Eltern, die seit 1976 in dem geschichtsträchtigen Gebäude arbeiteten. „Meine Eltern leiden eher mit mir, als dass sie noch sonderlich betroffen sind“, sagt Rissmann. Vom Brand im Dachstuhl des Gebäudes vor vier Monaten hat Rissmann von seiner Mutter erfahren, die ein paar Straßen vom ehemaligen Hotel entfernt wohnt. Die Nachbarn seien sofort zu ihr gekommen. „Ich habe mich natürlich nicht darüber gefreut, dass es gebrannt hat“, sagt Rissmann deutlich. „Aber was mir gefallen hat: Dass die Menschen noch an das Hotel Bogota gedacht haben.“

Überhaupt hege er keinen Groll, sagt der ehemalige Geschäftsführer: „Wenn überhaupt, bin ich den Banken böse, die mir den Kredit damals nicht gegeben haben.“ Es waren zum Schluss zu hohe Summen, der Druck war zu groß. Ob es etwas gebe, was auch nur annähernd wieder so viel Berufung sein könnte wie das Bogota? „Ich hoffe es“, sagt Rissmann. „Jetzt geht es darum, alles wegzugeben, es ist einfach viel zu viel. Auch wegen der Kosten.“

Fotoausstellung bis zum 13. November

Bisher lagern die Restbestände des Bogota-Inventars in einem Lager der Malzfabrik, aber irgendwann müsse man auch mal loslassen, sagt Rissmann. Das will er nun auch mit dem Inventarverkauf. Sein Mobiltelefon klingelt. Ein Interessent für ein Zimmer in der Little-Bogota- Wohnung hat sich gemeldet. „Das Hotel gibt’s aber nicht mehr, ja?“, sagt Rissmann. „Gut, in Ordnung.“ Der Interessent hatte die Telefonnummer des Hotel Bogota. Rissmann hat noch immer eine Rufumleitung auf sein Handy.

Die Fotoausstellung „Die letzten Tage des Hotel Bogota“ von Jürgen Bürgin und der Inventarverkauf des Hotels finden ab Sonnabend bis zum 13. November täglich von 14-19 Uhr im Ideenbüro „Plan B + Vitamin B“ in der Herbartstraße 28 in Charlottenburg statt.

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