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Ex-Abhörstation im Berliner Grunewald: Blockade am Teufelsberg

Berlin will den Teufelsberg zurückkaufen. Doch der Preis ist umstritten – und die zukünftige Nutzung der Anlage auch.

Berlin soll die einstige Abhörstation auf dem Teufelsberg im Grunewald zurückkaufen – dafür sprechen sich jetzt alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus aus. Nur so scheine die erhoffte öffentliche Nutzung mit einem Café, einer Aussichtsplattform und einem Museum möglich, hieß es am Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Der Tagesspiegel hatte über die Pläne vor einem Monat erstmals berichtet.

Die Eigentümer wollen nicht verkaufen – oder nur für einen hohen Preis

Bei einer Anhörung von Beteiligten auf Antrag der Linksfraktion zeigte sich allerdings auch, wie schwer ein Rückerwerb wird. „Wir wollen das Grundstück nicht veräußern“, stellte Miteigentümer Hartmut Gruhl von der Investorengemeinschaft Teufelsberg klar.

Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Marc Schulte (SPD) sagte, ein Gespräch mit den Eigentümern habe gezeigt, dass die Preisvorstellungen „weit auseinanderklaffen“. Der SPD-Abgeordnete Daniel Buchholz sagte, die Eigentümer verlangten einen „Traumpreis“ von 15 Millionen Euro oder mehr. Tatsächlich sei das 4,7-Hektar-Areal, das die Investoren 1996 für 5,2 Millionen D-Mark erworben hatten, „höchstens zwei bis drei Millionen wert“.

Neubauten sind verboten

Senat und Parlament hatten das legendäre Gelände vor einigen Jahren zum Waldgebiet erklärt, nachdem Bauprojekte gescheitert waren. Seitdem sind Neubauten unzulässig und die Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt. Aktuell seien nur die Rundgänge für bis zu 20 Personen erlaubt, die eine Stadtführungsfirma anbietet, sagte Stadtrat Schulte. Künstler nutzen Räume aber auch als Ateliers..

Laut Eigentümer Gruhl lassen sich jährlich rund 20 000 Besucher durch die Ruinen führen, darunter viele Touristen. In der abblätternden Station hatten amerikanische und britische Geheimdienstler den Funkverkehr in Osteuropa belauscht.

Michael Müller kritisiert Hinhaltetaktik

Für den Rückkauf hatte sich der Stadtentwicklungssenator und designierte Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zunächst an einem nicht öffentlichen „Runden Tisch“ eingesetzt. Jetzt ärgerte er sich: „Seit knapp 20 Jahren werden wir hier auf die Rolle geschoben“, aber „nichts passiert“, obwohl die Eigentümer lange das Baurecht besessen hätten. Nun verhindere deren „Blockade“ alle Fortschritte. Er hoffe auf Gespräche, um den „untragbaren Zustand“ auf dem Berg zu beenden. Auf keinen Fall werde Berlin jedoch eine umfangreiche kommerzielle Nutzung erlauben.

Der Investorenvertreter gibt Kontra

Gruhl erwiderte: „Wir glauben nicht, dass Sie es besser können als wir.“ Offenbar hätten die Politiker noch nicht begriffen, dass frühere Projekte wie ein Hotel, Luxuswohnungen oder ein Spielkasino „Schnee von gestern sind“. Inzwischen gehe es auch den Eigentümern um ein Café mit Aussichtspunkt im Hauptturm und eine Ausstellung zum Kalten Krieg. Zusätzlich seien Labore und Lofts angedacht. Schon jetzt sei der Berg ein „ganz unkonventioneller“ Ort für Künstler.

Für Landeskonservator Haspel ist die Anlage ein Baudenkmal

Landeskonservator Jörg Haspel nannte die Anlage das wichtigste Zeugnis des Kalten Kriegs in Berlin und plädierte für Denkmalschutz.

Unter dem Berg liegen die Rohbauten der „Wehrtechnischen Fakultät“, die in der NS-Zeit als erster Teil der „Reichshauptstadt Germania“ gedacht war. Adolf Hitler habe persönlich den Grundstein gelegt, sagt Haspel. Damit erinnere der Ort auch an „Aufrüstung und Militarisierung“. Und nach dem Krieg sei der Berg „nicht einfach nur aus Häusertrümmern aufgeschüttet“ worden, sondern als Naherholungs- und Wintersportgebiet konzipiert worden.

Für den CDU-Stadtentwicklungsexperten Stefan Evers war klar: „Die Nutzung, die uns vorschwebt, kann nicht wirtschaftlich erfolgen.“ Für den Fall, dass der Rückerwerb scheitert, brauche man einen „Plan B“. Katrin Lompscher (Linke) sprach sich für einen „Geschichts- und Naturerfahrungsort“ aus.

Naturschützer fordern nicht mehr den kompletten Abriss

Das „Aktionsbündnis Teufelsberg“, zu dem viele Naturschützer sowie Vertreter von Anwohnern der Heerstraße und der Teufelsseechaussee gehören, sprach sich für eine Renaturierung mit Ausnahme des Hauptturms aus. Einige Jahre lang hatte man den Abriss aller Bauten verlangt. Jetzt dagegen stellten Hartmut Kenneweg von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald.und Architekt Eckart Kuntzsch eigene Ideen für eine Nutzung als Museum, Aussichtscafé und gelegentliche Konzertstätte vor.

Der Eingang zum Turm läge demnach eine Etage höher, rundum könne eine „Panoramawiese“ zwölf Meter über dem gegenwärtigen Plateau aus Bauschutt entstehen. Schließlich hätten Architekten den Trümmerberg ursprünglich 135 Meter hoch geplant, bis die Aufschüttungen unterbrochen worden seien.

Eine „Denkfabrik“ für Künstler, Forscher und Firmen?

Die „Initiative Kulturdenkmal Teufelsberg“ wünscht sich ein „diskursives Verfahren“ aller Beteiligten. Der Verein sieht sich als Vermittler zwischen den Interessensvertretern und schlägt unter anderem eine „Denkfabrik“ mit Räumen für Künstler, Start-Up-Firmen und Wissenschaftler vor. Vor allem will die Initiative internationale Kulturprojekte unterstützen. Darin immerhin sind sich alle einig: Der Teufelsberg ist ein Stück Berliner Kultur.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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