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Oben Weltall, unten Pankow. Der erste Ballon des Stratosphären-Projekt am Robert-Havemann-Gymnasium startete im Juni 2019. Dabei nahm er dieses Foto auf.

© promo

Berliner Weltraum-Projekt: Schüler lassen Ballon 50 Kilometer hoch aufsteigen

Gymnasiasten aus Pankow fertigen einen Ballon, um ihn in die Stratosphäre zu schicken. Er soll wissenschaftliche Daten aufzeichnen und Fotos machen.

Von Christian Hönicke

Ein Weltraum-Ballon wird Anfang März von einer Pankower Schule aus in die Stratosphäre aufsteigen. Gefertigt wird er von Schülerinnen und Schülern des Robert-Havemann-Gymnasiums in Karow. Einer von ihnen ist der 16 Jahre alte Kilian Maschke. Der Elftklässler aus Prenzlauer Berg ist Teil des Projekts "Stratosphäre 2", bei dem im Rahmen des Unterrichts ein selbst gebauter Wetterballon bis in 50 Kilometer Höhe fliegen soll. Dort sieht es dann so aus wie auf dem Foto oben - das schoss der Vorgängerballon der Schüler, der im Juni 2019 aufstieg.

Kilian, ein Weltraumprojekt hat nicht jeder an seiner Schule. Wie bist du dazu gekommen?
Das ist momentan das Projektthema unseres Astronomiekurses.

Astronomie ist kein gewöhnliches Schulfach.
An sich nicht, aber unser Gymnasium ist naturwissenschaftlich orientiert. Da werden viele Extrakurse angeboten wie Astronomie oder "Physik experimental".

Wer kam auf die Idee, dabei einen Ballon starten zu lassen?
Die Idee kam letztes Jahr im Kurs auf, von den Schülern selbst. 2019 wurde der erste Ballon gestartet. Unser Lehrer hat uns gefragt, ob wir das dieses Jahr wieder machen wollen. Wir haben zugestimmt, wollten es aber anders und besser machen als der erste Kurs. Wir wollen nun auch Sternenfotografien durchführen. Die brauchen eine längere Belichtungszeit, deshalb soll unser Ballon nun zwei Tage statt nur drei Stunden in der Stratosphäre bleiben.

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Wie hoch wird euer Ballon aufsteigen?
Der Auftrieb reicht bis 52 Kilometer, aber wir werden eher 35 bis 40 Kilometer erreichen.

Wie kann man sich den Ballon vorstellen?
Er ist ein Zylinder: 16 Meter hoch und sechs Meter im Durchmesser, mit Helium oder Wasserstoff gefüllt. Unten dran hängt die Sonde mit den Messgeräten. Das ist eine Kiste von 30 mal 30 Zentimetern.

Wie genau baut Ihr den Ballon?
Unser Kurs ist in verschiedene Gruppen unterteilt. Jede widmet sich einem speziellen Bauteil. Der Ballon selbst wird derzeit von vier Mädchen aus unserem Kurs gebaut. Sie haben experimentiert und zum Beispiel Frischhaltefolie mit einem Lötkolben zusammengeschweißt. Jetzt haben wir eine besondere Folie, die noch dünner ist.

Und wer baut die Sonde?
Die Einzelteile sind schon fertig. Wir haben auch schon einen Test gemacht und Trockeneis drüber geschüttet, um zu schauen, ob alle Geräte bei der Kälte funktionieren.

Was genau ist denn in der Kiste drin?
Wir nutzen mehrere Arduinos - das sind Minicomputer, drei mal fünf Zentimeter groß. Daran sind die Kameras und Sensoren angeschlossen, die darüber gesteuert werden. Für die Fotos ist auch ein kleines Teleskop an Bord. Am Ende sollen mehrere tausend Fotos zu einem Bild übereinander gelegt werden. Außerdem wollen wir in verschiedenen Höhen die Gaszusammensetzung, den CO2-und Ozon-Gehalt messen. Es gibt einen Geiger-Müller-Zähler, mit dem wir die Radioaktivität messen wollen. Ein Spektroskop soll das Lichtspektrum der Sonne erfassen. Dazu gibt es Temperatursensoren und einen GPS-Peilsender - der wurde vom Goethe-Gymnasium Lichterfelde entwickelt und gebaut.

Der Start des Vorgängerballons "Stratosphäre 1" im Juni 2019 auf dem Sportplatz des Robert-Havemann-Gymnasiums in Karow.
Der Start des Vorgängerballons "Stratosphäre 1" im Juni 2019 auf dem Sportplatz des Robert-Havemann-Gymnasiums in Karow.

© promo

Und wie genau funktioniert das dann in der Höhe?
Die Minicomputer steuern die Sensoren per Software an. Für den Geiger-Müller-Zähler etwa hat unsere japanische Partnerschule in Sapporo ein Programm geschrieben. Eine Software dafür, dass die Kameras ab dem Start alle 30 Sekunden Bilder aufnehmen, schreibt der Grüne Campus Malchow.

Wann und wo ist der Start geplant?
Anfang März bei uns auf dem Schulhof - um vier Uhr morgens. Es gibt keine Anwesenheitspflicht, aber es werden sicher die meisten aus dem Kurs da sein. Einen drei Meter hohen Testballon haben wir letzte Woche gestartet.

Muss der Start beantragt werden?
Ja. Wir haben schon bei der Deutschen Luftsicherheit angefragt und die würden das genehmigen, aber nur für einen Ballon mit maximal vier Kilogramm. In Deutschland werden relativ wenige solcher Folienballons gestartet, die auch länger in der Stratosphäre bleiben. Derzeit machen das eigentlich nur Wetterinstitute, bundesweit gibt es pro Monat nur einen oder zwei Starts. Einer davon ist jetzt unserer.

Wie kommt Ihr an die Daten? Per Live-Schaltung?
Nein, die Daten kriegen wir erst am Boden wieder. Wir umwickeln die Verbindungsschnur zwischen Sonde und Ballon mit einem Draht. Der wird per Zeitschalter nach zwei Tagen erhitzt, das Seil wird durchgeschmort, die Sonde fällt herunter. Sie hat einen Fallschirm - sie fällt zwar trotzdem noch schnell, aber so ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass Menschen oder Autos getroffen werden. Je nach Wind kann es vorkommen, dass der Ballon in Polen oder Frankreich wieder auf den Boden kommt.

Und wie findet Ihr die Sonde dann?
Über den GPS-Sender. Der liefert als einziger tatsächlich die ganze Zeit Daten, die vom Netz der Funkamateure aufgezeichnet und im Internet verfolgt werden können. Die Rückholmission planen wir zusammen mit dem Grünen Campus Malchow. Die haben einen Bus mit Schaufeln und Leitern. Dann sammeln wir ihn wieder ein.

Was passiert mit den gewonnenen Daten?
Wir werden sie auswerten und dann auf der Schulwebsite veröffentlichen. Die Daten geben wir außerdem auch den anderen Projektpartnern ab.

Das klingt alles ziemlich aufwendig. Wie teuer ist denn das Ballonprojekt?
Etwa 1000 Euro bis 1500 Euro. Einen großen Teil davon haben bisher die Lehrer vorgestreckt. Wir hoffen, das am Ende über private Unterstützer und Fördergelder finanzieren zu können.

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