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Claire und Philipp Lambertz beim Spaziergang. Er starb 1941 nach längerer Krankheit, ein halbes Jahr bevor die Deportationen der Berliner Juden am 18. Oktober begannen. Sie wurde 1942 von den Nazis deportiert und ermordet.

© privat

Holocaust-Gedenken: Berlin sollte Stolpersteine bezahlen

Angehörige von Holocaust-Opfern müssen in der Hauptstadt selbst für die Kosten aufkommen, wenn sie an die Toten mit Stolpersteinen erinnern wollen. Das darf nicht sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Markus Hesselmann

"Von den 186.000 Juden, die 1939 in Berlin ansässig waren, leben heute noch 7350", schrieb der Tagesspiegel vor 70 Jahren. Claire Lambertz war eine der vielen jüdischen Berlinerinnen und Berliner, die von den Nazis ermordet wurden. Anlässlich des Beginns der Deportationen aus Berlin vor 75 Jahren haben wir von ihrem Schicksal erzählt und von den Angehörigen, die sich wünschen, dass Claire Lambertz in Berlin nicht vergessen wird.

Deshalb wandten sich die Angehörigen jetzt an das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, um einen Stolperstein für Claire Lambertz an deren früheren Wohnort im Bayerischen Viertel legen zu lassen. Es folgten Irritationen, die uns darüber nachdenken lassen sollten, wie wir mit Angehörigen von Holocaust-Opfern und dem an sich lobenswerten Stolperstein-Projekt umgehen wollen. Die heute beginnende Ausstellung „Stolpersteine – Gedenken und Soziale Skulptur“ in der Topographie des Terrors wäre dafür ein weiterer passender Anlass.

Vielleicht lohnt es daran zu erinnern, dass Angehörige der jüdischen Community die Stolpersteine bereits dreimal bezahlt haben: Zunächst mit ihrem Vermögen, dann mit ihrer Würde und schließlich mit dem Leben. Es ist also nicht zuviel verlangt, wenn der Rechtsnachfolger nun die letzte Rate übernimmt - wohl eher selbstverständlich.

schreibt NutzerIn yoda

Wenn sich Angehörige wie in diesem Fall ans Bezirksamt wenden, wird ihnen sehr bald beschieden, dass sie die 120 Euro für den Stolperstein selbst zu bezahlen hätten. Ob man dies nun für eine hohe Summe hält oder nicht: In Gesprächen mit Menschen, deren Angehörige von den Nazis ermordet wurden, sollte Geld gar nicht erwähnt werden müssen.

Mit Blick auf seine Geschichte sollte Berlin alles tun, damit Familien, die Angehörige verloren haben und nach dem Krieg in ihrem Kampf um „Wiedergutmachung“ auch noch mit oft unwilligen Behörden konfrontiert waren, heute nicht obendrein mit finanziellen Forderungen fürs Gedenken behelligt werden. Es wird Zeit, dass dies berlinweit geregelt und mit öffentlichen Mitteln bezahlt wird. So oft gibt Berlin Geld für Unsinniges aus. Hier besteht die Gelegenheit, in Sinnvolles zu investieren.

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