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Hanns Zischler, Schauspieler, Literat, Berlin-Kenner.

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Hanns Zischler bei Wolff & Eber: Wildes Lesen im Kiez

Hanns Zischler las im neuen Kiez-Salon Wolff & Eber in der Kulmbacher Straße aus Texten über das Bayerische Viertel und über Berlin.

Von Markus Hesselmann

Als „wilder Leser“ wird er angekündigt und Hanns Zischler, Schauspieler, Literat, Berlin-Kenner, wird dem mit einer Themenspannweite von der russischen Immigranten-Szene im Zwanzigerjahre-Berlin über die Nazijahre bis hin zu Stadtplanungssünden der Nachkriegszeit souverän gerecht. Zischlers lektüre- und spaziergangsverarbeitenden Essays liegen unter dem Titel „Berlin ist zu groß für Berlin“ vor. Für den Flaneur ist Berlin, „eine Stadt aus Städten, von Anfang an“. An diesem Abend in der Kulmbacher Straße schränkte Zischler seinen Radius bewusst ein und befasste sich in einer anregend spannenden Lesemontage mit einem Berliner Kiez, dem Bayerischen Viertel.

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„Eine Geisterbeschwörung dieses Ortes, zwischen KaDeWe und Rathaus Schöneberg“, nahm Zischler vor, mit den Stimmen einstiger Bewohner: Von Andrei Bely, dessen „Geist über diesem Viertel liegt“, bis Vladimir Nabokov, der in Berlin in 15 Jahren nicht heimisch wurde. Mehr Russen lesen, war eine der Schlussfolgerungen dieses Abends. Und sich auf Wiederentdeckungen einzulassen wie Alfons Paquet oder Friedrich Leyden, die Zischler als Berlin-Kundige den Zuhörern im vollbesetzten Salon nahebrachte. Sowie ganz nebenbei der Auftrag, den Bayerischen Platz in seiner alten Schönheit in den Blick zu nehmen und vielleicht an der jetzigen Dysfunktionalität dort wieder etwas zu ändern. Hanns Zischler: "Die Nachkriegsbegradigung, das Durchjagen der Grunewaldstraße, hat den Bayerischen Platz um seine Schönheit gebracht."

Als anrührender Höhepunkt dann eine fiktive Begegnung zwischen Gertrud Kolmar und Gottfried Benn als Gegenüberstellung von Briefzitaten. Hier Kolmar, die von den Nazis gezwungen worden war, in einem so genannten Judenhaus in der Speyerer Straße zu leben, bevor sie deportiert und ermordet wurde. Dort Benn, der in der Bozener Straße wohnte und sich den Nazis zunächst zur Verfügung gestellt hatte, bevor er seinen Irrtum erkannte. Zischler kreiert einen gerade im jüdisch geprägten Kiez sehr passenden Begriff, die "Stolpersteinfrage: Was wurde bemerkt?" Irritierend schrieb Benn zum Beispiel von einem, "der den Weg seiner Rasse ging".

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Zischler blieb noch beim Arzt und Dichter aus der Bozener, bis er mit Ursula Ziebarths "Orpheus" über Benn schloss. Als nächstes in den für jeden Donnerstag anberaumten Salon kommt Tobias Rüther. Der Popkritiker und Buchautor spricht über David Bowie und dessen Zeit in Berlin – und im Bayerischen Viertel.

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