Ärger um Zaunbau in Berlin: Aufstand der Fußgänger am Havelufer
Ein kaputter Fußweg wird gesperrt. Es wird geschimpft, sogar randaliert. Die Behörde reagiert – und baut einen noch stärkeren Zaun. Was ist da los in Kladow?
Es hagelte ohne Ende Leserbriefe im bürgerlichen Berliner Südwesten. Im Mittelpunkt: der schöne Uferweg in Berlin-Spandau, das Ernst-Liesegang-Ufer an der Havel. Auf der einen Seite die Havel, auf der anderen die Lauben - herrlich.
Doch im Berliner Idyll gibt es Krach. Der Uferweg gehört der Bima. Das ist eine Bundesbehörde, die 700 Leute und ihren Sitz in Bonn hat. Seit 2017 berichte ich über den Fall im Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau – zuletzt im Dezember 2020.
Jetzt gibt es Neuigkeiten, der die Leserinnen und Leser erzürnt. Der kaputte Weg, auf den immer Wasser schwappt im Winter, wurde jetzt mit einem schweren Tor gesperrt.
Jetzt hangeln sich Fußgänger am Zaun entlang, um trotzig weiter den Flanierweg zu nutzen. Den alten Gitterzaun, der dort verschraubt war, haben Unbekannte aus Wut zerstört und in die Havel geschmissen. Darüber hat jetzt der Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Spandau zuerst berichtet.
„Selbst über 70-Jährige turnen inzwischen ganztägig um die Absperrungen wasserseitig herum. Müssen hier erst Menschen verunglücken?“, schrieb Leser Martin Gertler an den Spandau-Newsletter. „Kinder konnten von ihren Eltern lernen, wie man Hindernisse umgeht, über dem eiskalten Wasser schwebend. Wer übernimmt die ethische Mitverantwortung für das, was die leichtsinnigen und starrsinnigen Berliner:innen da treiben?“
„Viele Spaziergänger brachten den Mut auf, an der Wasserseite herum zu klettern, andere mussten umdrehen“, berichtete Leser Marc Jagdhuhn.
„Jahrelang war Ruhe, jetzt geht’s wieder los mit dem Unsinn am Liesegang-Ufer“, schreibt Leser Klaus Grimm. „Ein Schild mit den Worten „Durchgang bei Schnee- und Eisglätte auf eigene Gefahr“ reicht doch und gut ist es.“
„Das Ernst-Liesegang-Ufer gehört zum Naherholungsgebiet der Berliner und muss so auch langfristig zugänglich bleiben und als Wanderweg erhalten werden“, meint Leser Max Weithmann. „Der Uferweg wurde von der Bevölkerung jahrzehntelang von Tausenden begangen. Nur weil dieser Weg nun Geld für eine Sanierung erfordert, wird er zum privaten Weg erklärt?“
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Andere dagegen verloren den Anstand, zerstörten den alten Zaun und warfen ihn nach Behördenangaben einfach in den Fluss. Von Spandaus Stadtrat Frank Bewig, CDU, liegt noch keine Stellungnahme an den Spandau-Newsletter vor, wie es in Zukunft mit dem Weg weitergeht und ob das Bezirksamt - nach einem Kauf - den Weg repariert.
Die Bima hat bereits auf die Kritik der Anwohner und Nutzer reagiert. Leser Weithmann leitete den Brief aus Bonn weiter; der Newsletter erreichte die Bonner Behörde am Telefon. Hier die Argumente der Bundesbehörde:
„Es handelt sich bei dem Weg entlang der Havel um einen privaten und keinen öffentlich gewidmeten Weg, der frei zugänglich zu halten ist. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat bisher die Nutzung des Weges durch die Öffentlichkeit geduldet.
"Wir kennen das Gelände gut, wir waren sogar mit dem Vorstand vor Ort und haben dort mit weiteren Behörden diskutiert."
"Die Bima, der Bezirk und der Senat sehen übereinstimmend die Sachlage so, dass die Ertüchtigung dieses Privatweges aufgrund seiner Lage in einem Hochwasserschutzgebiet mit einem unkalkulierbarem Kostenrisiko verbunden ist. Insofern wird eine umfassende Ertüchtigung dieses Weges im Überschwemmungsgebiet von allen Beteiligten aus wirtschaftlichen Gründen als nicht sinnvoll erachtet. Aus diesem Grund ist frei zugängliche Radwanderweg außerhalb dieses Überschwemmungsgebietes neu errichtet worden. Aus Sicht der Bima ist es für Spaziergänger durchaus eine zumutbare Alternative, diese Umgehung in den Wintermonaten aus Gründen der Verkehrssicherheit zu nehmen."
"In den Wintermonaten droht eine Überfrierung des Weges an diesen Stellen. Daher ist die BImA aus ihrer Eigentümerpflicht heraus verpflichtet, Gefahren abzuwenden. Sie sperrt deshalb mittels der Toranlage in den Wintermonaten den Weg für Fußgänger und Radfahrer."
"Da es sich um einen Privatweg handelt, wird die Bima auch weiterhin nur Reparaturarbeiten durchführen. Der Weg wird regelmäßig kontrolliert und Stolperstellen bzw. lose Steine wieder befestigt, soweit dies möglich ist. Zuletzt erfolgte eine Reparatur im Dezember 2020. Die Steine lockern sich durch die ständige Unterspülung des Weges bzw. durch das Wurzelwerk der Uferbäume."
"Zwischenzeitlich musste die Bima die Toranlage erneuern, da die alte mutwillig zerstört und ins Wasser geworfen wurde. Die Bima hat den Weg nun vorsorglich wieder verschlossen. Er wird in der gesamten Wintersaison gesperrt bleiben."
"Dies geschieht zum Schutz von Leib und Leben, da der Weg zu Überflutung sowie Glatteisbildung neigt. Sobald die Frostgefahr vorbei ist, wird der Weg wieder geöffnet."
"Im Frühjahr 2021 wissen wir hoffentlich mehr. Für die Kaufverhandlungen sind Wertermittlungen notwendig, die die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben derzeit erstellt und die im ersten Quartal 2021 abgeschlossen sein sollen. Anschließend können dann die Kaufverhandlungen mit dem Bezirk voranschreiten. Ob der Bezirk unser Angebot überhaupt annimmt, wissen wir natürlich nicht.“
Mein Tipp: Der schöne Uferweg hat sogar eine eigene Fotostrecke. Die habe ich heute früh aktualisiert – hier ist der Tagesspiegel-Link für Sie.
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