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Blick auf den Gasometer in Berlin-Schöneberg.

© Kitty Kleist-Heinrich

Bezirk beschließt Planreife: Gasometer in Berlin darf ausgebaut werden

Die Silhouette Schönebergs wird sich verändern. Die Bezirksverordnetenversammlung macht den Weg frei für den Ausbau des Gasometers.

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Tempelhof-Schöneberg hat am Mittwoch die Planreife für den Euref-Campus in Schöneberg beschlossen. (In einer früheren Version hieß es irrtümlich Bebauungsplan) Damit kann Eigentümer Reinhard Müller den Gasometer fast komplett ausbauen.

In die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion wird ein Büroturm gebaut, der bis zum vorletzten Ring reicht. Darauf ist – etwas zurückgesetzt – ein Aufbau für eine Skylounge geplant, sodass nicht einmal das letzte Feld in der Ringkonstruktion komplett transparent bleibt.

Lediglich die Linke und der Grünen-Bezirksverordnete Wolfgang Höckh stimmten dagegen, dem Vorhaben die Planungsreife zu erteilen.

Zu dem Beschluss gehört auch, dass auf eine zunächst geplante Verbindungsstraße zum Sachsendamm verzichtet und insgesamt weniger Fläche gebaut wird. Es gibt zudem die Zusage, dass Euref-Chef Müller für die Sanierung der maroden Torgauer Straße aufkommen wird.

Die BVV tagte am Mittwoch erstmals wieder in einer Präsenzsitzung und auch nicht mehr wie bis zum Februar in der Sporthalle am Sachsendamm, sondern im BVV-Saal im Rathaus Schöneberg. Dort war pandemiebedingt kein Publikum zugelassen.

Eine Simulation der Ausbaupläne des Gasometers.
Eine Simulation der Ausbaupläne des Gasometers.

© EUREF-Consulting GmbH

Zuschauer konnten eine Videoübertragung der Sitzung in einem anderen Raum verfolgen. Die CDU-Fraktion hatte einen Livestream abgelehnt. Vor dem Beginn der BVV hatten Anwohner und Mitglieder Initiative "Gasometer retten" vor dem Rathaus Schöneberg protestiert.

Zustimmung für das Euref-Projekt in der BVV seit Langem groß

Der Abstimmung war lediglich eine kurze Debatte vorangegangen. Die Grünen-Fraktion hatte zunächst erfolglos beantragt, dass die Beschlussfassung auf die erste Sitzung nach der Sommerpause verschoben werden solle. Sie begründeten dies mit den Umfang der Unterlagen aus der Bürgerbeteiligung. Sie umfassen unter anderem gut 1400 Seiten, auf denen die Argumente der Kritiker und der Befürworter aufgeführt und in ihrer Bedeutung abgewogen werden. Hinzu kommen noch einmal 250 Seiten mit Details des Bebauungsplans.

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Die Zustimmung für das Euref-Projekt in der BVV ist seit Langem groß. Der CDU-Bezirksverordnete Ralf Olschewski sprach gestern von einer "Erfolgsgeschichte". Der Euref-Campus sei ein "Leuchtturm" nicht nur für den Bezirk, sondern für Berlin.

Eigentümer Müller hatte das Areal 2008 von der Gasag erworben und seitdem stetig ausgebaut. Der SPD-Bezirksverordnete Jan Rauchfuß sagte hinsichtlich der Einwände wegen des Denkmalschutzes: "Man wird es nie allen zu 100 Prozent recht machen."

Es darf gebaut werden. Die Baugrube im Gasometer in Berlin-Schöneberg ist schon ausgehoben, jetzt darf auch in die Höhe gebaut werden.
Es darf gebaut werden. Die Baugrube im Gasometer in Berlin-Schöneberg ist schon ausgehoben, jetzt darf auch in die Höhe gebaut werden.

© Sigrid Kneist

In der Tat hat das Landesdenkmalamt in seiner jetzigen Bewertung diesen beinahe Komplettausbau abgelehnt; es hielt an seiner bereits vor Jahren geäußerten Auffassung fest, dass mindestens zwei Felder frei bleiben müssten.

Bei der Abwägung der Einwendungen kamen die Stadtplaner des Bezirks jedoch zu dem Ergebnis, dass Denkmalschutzbelange gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Entwicklung des Standorts und der Schaffung vieler Arbeitsplatze nicht vorrangig seien.

2000 Arbeitsplätze für die Bahn

Das Bezirksamt hatte erst am 1. Juni den Bebauungsplan beschlossen, der von Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) vorgelegt worden war. Erst danach waren die Unterlagen an die Bezirksverordneten weitergeleitet worden.

Die ebenfalls den Grünen angehörende Verkehrsstadträtin Christiane Heiß hatte im Bezirksamt gegen den Bebauungsplan und den damit verbundenen Gasometer-Ausbau gestimmt, da der Vertrag mit dem Euref-Chef über die Sanierung und Erschließung der Straße noch nicht abgeschlossen sei.

In dem ausgebauten Gasometer soll ein Bürogebäude entstehen, das Raum für 2000 Arbeitsplätze bietet. Mieter wird die Deutsche Bahn sein, die an dem Ort ihre Sparte "digitale Schiene" zusammenziehen möchte, die bisher auf verschiedene Standorte verteilt ist. 800 qualifizierte Arbeitsplätze sollen dabei neu geschaffen werden. Das hatte vor zwei Wochen auch Bahnvorstand Ronald Pofalla bei einem Besuch des Berliner Senats auf dem Gelände bekräftigt.

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