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Tilo P. am Montag im Amtsgericht Tiergarten - noch gravierender ist der Vorwurf, der diesmal nicht verhandelt wurde: Er soll hinter einer Anschlagsserie stecken.

© Fabian Sommer/dpa

Update

Bewährungsstrafe für Tilo P.: Hauptverdächtiger in Neuköllner Anschlagsserie für Angriff auf Taxifahrer verurteilt

Ein Faustschlag, rassistische Beschimpfungen und mehr: Für einen Angriff auf einen Taxifahrer bekommt ein Rechtsextremist eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung.

Der Ex-AfDler und bekannte Neonazi ist angeblich beeindruckt. Tilo P. habe in dreieinhalb Monaten Untersuchungshaft verstanden, dass er sich wie jeder andere an die Gesetze halten muss, sagte sein Verteidiger am Montag vor dem Amtsgericht Tiergarten. Tilo P. ist einer der beiden Hauptverdächtigen bei den rechtsextremen Anschlägen von Neukölln. In U-Haft allerdings saß er nach einem Angriff gegen einen Taxifahrer. Dieser Fall führte nun nach einem überraschenden Geständnis des 39-Jährigen und seiner Bitte um Entschuldigung zu einer Verurteilung.

Eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung ergingen gegen P. Er habe sich der gefährlichen Körperverletzung, Beleidigung, Nötigung, Sachbeschädigung sowie eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens schuldig gemacht, entschied das Gericht. Eine Spontantat im Straßenverkehr sei es gewesen. Ein 34 Jahre alter Mitangeklagter, der am 3. November 2021 in Steglitz mit in P.s Auto saß, erhielt acht Monate Haft auf Bewährung. P. erhielt zudem eine Führerscheinsperre von einem Jahr und neun Monaten. Außerdem soll er 1000 Euro an das Opfer zahlen.

Am 3. November hatte P. mit seinem Auto gehalten und einem Taxifahrer so die Weiterfahrt versperrt. Der 56-Jährige, ein Mann mit jordanischen Wurzeln, sagte nun als Zeuge vor Gericht, er habe erst gewartet, dann gehupt und den Autofahrer schließlich angesprochen. Daraufhin soll P. ausgestiegen sein und ihm mit einem Schlagstock gegen das Bein gehauen haben. Dann sei P. weggefahren. Später sah der Taxifahrer dessen Auto wieder: „Dann sah ich den Wagen im Straßenverkehr und verfolgte ihn.“ P. gab Gas, um zu entkommen. Mit bis zu 111 Stundenkilometern raste er durch die Straßen.

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Schließlich stoppte P. und stieg mit seinem Begleiter aus. Sie gingen zum Taxi, brüllten – und wurden handgreiflich. „Einer schlug mit der Faust zu“, so der 56-Jährige. Ein Schlag in das Gesicht. Der andere Mann habe ihn im Nacken gepackt. Ob es rassistische Äußerungen gegeben habe, fragte der Richter. Der Zeuge sagte, er könne sich nicht an so etwas erinnern. Laut Anklage soll P. geschrien haben: „Scheiß Kanake, was ist dein Problem?“

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Der Taxifahrer mit blutender Lippe und geschwollener Nase wollte die Angreifer aufhalten. Er stellte sich vor P.s Fahrzeug. Der aber fuhr ruckartig an, um den Mann zu zwingen, den Weg freizugeben. Am 6. November wurde P. festgenommen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hatte den Fall übernommen, wie auch die Ermittlungen zum „Neukölln-Komplex“ mit mehr als 70 rechtsextremen Attacken seit 2013, darunter 23 Brandanschlägen. Die Opfer waren Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagierten. Erst im August 2021 reichten die Indizien, um Anklage wegen zweier Brandanschläge zu erheben.

In U-Haft mussten die Männer nicht.

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