zum Hauptinhalt
Berlin braucht in Zukunft mehr - mehr Wohnungen, mehr Kitas, mehr Schulen, mehr Geld.

© dpa

Bevölkerungsentwicklung: Fast vier Millionen Berliner bis 2030

Bis 2030 könnte die Bevölkerung Berlins auf 3,75 Millionen Einwohner wachsen. Das stellt den Senat vor Herausforderungen, denn es braucht mehr Kitas, Schulen, Rad- und Fußwege - und viel, viel Geld.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin muss sich darauf einstellen, dass die Bevölkerung der Stadt bis 2030 um 250 000 Menschen wächst. Dann liegt die Einwohnerzahl bei 3,75 Millionen. Der Senat war nach einer Klausurtagung einig, dass diese Prognose der Stadtentwicklungsverwaltung realistisch ist. Dies bedeute beispielsweise, dass mehr Kita- und Schulplätze zur Verfügung gestellt werden müssen, sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) am Dienstag. Schon im nächsten Landeshaushalt 2014/15, der im Juni vom Senat vorgelegt wird, wird dies eingeplant.

Dies bedeute nicht, dass demnächst überall neue Schulen oder Kindertagesstätten gebaut würden, sagte Senatssprecher Richard Meng. Es gehe vor allem um die Wiedereröffnung alter Schulbauten, teilweise auch um Containerlösungen. Und es müssten regionale Schwerpunkte gesetzt werden. So berichtete Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) in der Klausurtagung, dass die Zahl der Kinder in einem Pankower Wohnquartier innerhalb kurzer Zeit um 180 gewachsen sei. Auch die Stadtplaner des Senats weisen intern daraufhin, dass sich Geburten, Zu- und Abwanderungen über einen längeren Zeitraum nicht exakt vorhersehen lassen. „Es können sich unberechenbare Veränderungen ergeben“, heißt es.

Erst einmal wird Bildungssenatorin Scheeres in den nächsten Wochen einen neuen Schulentwicklungsplan vorlegen. Dann müssen sich der Senat und die Koalitionsfraktionen SPD und CDU – nicht nur bezüglich der Schulen – auf finanzierbare Prioritäten einigen. Denn alles muss aus den sehr begrenzten Haushaltsmitteln bezahlt werden, die Berlin in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen. Vorerst wird bis 2017 gerechnet. Der entsprechende Finanzplan soll im August von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) vorgelegt werden.

Mehr als 3,5 Millionen Menschen leben bereits in der Hauptstadt. Bis 2030 könnten es 250.000 mehr werden. Das stellt den Senat vor neuen Herausforderungen.
Mehr als 3,5 Millionen Menschen leben bereits in der Hauptstadt. Bis 2030 könnten es 250.000 mehr werden. Das stellt den Senat vor neuen Herausforderungen.

© dpa

Einfach wird es nicht, richtig vorherzusagen, was eine schnell wachsende Millionenstadt braucht. „Wir wissen beispielsweise nicht, welche Menschen bis 2030 nach Berlin zuziehen“, sagte Senatssprecher Meng. „Sind es Leute mit oder ohne Job, schlecht oder gut ausgebildet?“ Das habe große Auswirkungen auf die Höhe der künftigen Steuereinnahmen. Ein Beispiel, wie schwer Prognosen zu treffen sind, zeigt auch der Bedarf an Wohnungen für Studierende. Bisher ging man von einer großen Nachfrage aus, derzeit beziffert das Studentenwerk den Bedarf aber lediglich auf 500 Wohnungen.

Berlin wächst, die Umgebung schrumpft

Bald wird es eng in Berlin - laut Prognose leben 2030 3,75 Millionen Menschen in der Hauptstadt.
Bald wird es eng in Berlin - laut Prognose leben 2030 3,75 Millionen Menschen in der Hauptstadt.

© dpa

Fest steht nur, dass Berlin seit einigen Jahren eine Wachstumsinsel in einer schrumpfenden Region ist. Seit 2000 wuchs die Bevölkerung um etwa 120 000 Menschen. Bis 2030 kommen voraussichtlich weitere 250 000 hinzu. Insgesamt entspricht das der Einwohnerzahl des Bezirks Pankow. Oder der Ruhrgebietsstadt Bochum. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, aber vor allem der Alten wird sich deutlich erhöhen. Die meisten Zuwanderer kommen aus den alten Bundesländern und dem Ausland. Berlin wird noch internationaler. Die Zahl der Bulgaren und Rumänen nahm in den letzten Jahren sprunghaft zu, jetzt kommen junge Spanier, Italiener und Griechen. Der Anteil der Ein-Personen-Haushalte wird weiter zunehmen. Dies alles betrifft in erster Linie die innerstädtischen Wohnquartiere. Die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum wird jährlich größer. Auch dies ist ein zentrales Zukunftsproblem.

Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) trug diese Prognose am Montagabend auf der Klausurtagung vor. Damit Berlin lebenswert bleibe, plädieren seine Stadtplaner für eine „kompakte Stadt mit starken lokalen Zentren“. Mit einer gesicherten Nahversorgung, sehr guten Mobilitätsangeboten (öffentlicher Nahverkehr, Rad- und Fußwege) und einem starken nachbarschaftlichen Engagement, das es zu fördern gilt. Die künftigen Stadtquartiere müssten „familien- und generationengerecht“ sein. Um in der Konkurrenz der europäischen Städte bestehen zu können, müsse Berlin intensiver um Zuwanderer werben. Das erhöht noch einmal die Ansprüche an eine funktionierende Integrationspolitik. Berlin soll für Kreative, für Unternehmen und Hochqualifizierte noch deutlich attraktiver werden.

Weitere Ziele des Senats für eine wachsende Stadt sind: Ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum, verbunden mit einer deutlich höheren Produktivität. Dienstleistungen und Kreativwirtschaft, Tourismus und Kongresse, eine eng mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen vernetzte Industrie sollen als tragenden Säulen dieser Entwicklung gehegt und gepflegt werden. Aber noch ist Berlin, ökonomisch gesehen, im bundesweiten Vergleich ein Schwellenland mit hohem Nachholbedarf.

Zur Startseite