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Die Displays sind zwei Bezirken in Berlin zu teuer.

© Imago/Schöning

Update

Betriebskosten zu teuer: Zwei Berliner Bezirke verzichten auf neue Tempolimit-Displays

Sie bringen Autofahrer dazu, vor Schulen und Kitas zu bremsen. Die Verkehrsverwaltung beschafft nun neue Displays – aber zwei Bezirke verzichten.

Sie sind ein ebenso billiger wie effektiver Beitrag zur Verkehrssicherheit: Die sogenannten Dialog-Displays, die etwa vor Schulen und Kitas die Einhaltung des Tempolimits anmahnen – indem sie entweder die Geschwindigkeit in Rot, Gelb oder Grün anzeigen oder rot „Langsam!“ beziehungsweise grün „Danke“ signalisieren.

Die Verkehrsverwaltung beschafft jetzt einen größeren Posten dieser Geräte für die Bezirke. Zehn von zwölf haben bei einer Abfrage Interesse geäußert – und zwei haben laut Verkehrsverwaltung dankend abgelehnt, weil ihnen die späteren Betriebskosten von etwa 75 Euro pro Stück und Monat zu teuer sind.

Nein gesagt haben demnach Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick. In Marzahn-Hellersdorf waren Stand März 2019 noch neun Displays in Betrieb – sechs stationäre und drei mobile. Aus Treptow-Köpenick heißt es auf Tagesspiegel-Anfrage, man habe keine Dialog-Displays, sondern nur eigene „Temposys“-Geräte – also die Variante, die die Geschwindigkeit in unterschiedlichen Farben zeigt.

Zwei weitere Exemplare sollen noch in diesem Jahr beschafft werden. Diese Geräte „sind auf Grund von Eigenbeschaffung und Wartung mit eigenem Personal kostengünstiger“ als das Angebot des Senats – wie auch immer diese Kalkulation funktioniert angesichts der vom Senat erwarteten Anschaffungskosten von etwa 6000 Euro pro Stück.

Vollständige Informationen über die noch vorhandene Ausstattung in den Bezirken liegen nicht vor. Aber selbst der grobe Überblick zeigt deutliche Unterschiede. So wurden aus Charlottenburg-Wilmersdorf zu den acht vorhandenen Displays zehn neue geordert. Tempelhof-Schöneberg möchte 14, Reinickendorf zwölf.

Mitte hat Bedarf für sieben angemeldet, Pankow – wo kein Altgerät mehr funktioniert – für zehn, Neukölln sogar für 16. Lichtenberg hat acht Stück angemeldet, Spandau sechs, Steglitz-Zehlendorf – wo ebenfalls kein Altgerät mehr in Betrieb ist – vier, Friedrichshain-Kreuzberg drei.

Die Ausschreibung soll bald veröffentlicht werden

Die Ausschreibung soll laut Senatsverwaltung bald veröffentlicht werden; „mit der Lieferung und Aufstellung der neuen Dialog-Displays ist im Frühjahr 2020 zu rechnen“, heißt es. Die Verkehrsverwaltung verfügt selbst über 16 Dialog-Displays für Tempo-30-Bereiche mit besonderen Lärm- und Stickoxid-Problemen.

Die rot-rot-grüne Koalition hatte im Haushalt das Budget für die Displays für die kommenden beiden Jahre auf jeweils 100.000 Euro verdoppelt. Als Begründung ist „Schulwegsicherheit“ vermerkt.

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Die Unfallforschung der Versicherer (UdV) hat vor Jahren den Effekt unterschiedlicher Displaytypen in Berlin untersucht. Je nach Modell und Ort sank das mittlere Tempo um zwei bis sechs Kilometer pro Stunde. Als effektivstes Modell erwies sich das mit der rot-grünen Langsam/Danke-Alternative. Bei diesem gab es – im Gegensatz zu den „Temposys“-Geräten – auch keinen Gewöhnungseffekt. Der Sicherheitsgewinn war laut der Studie nicht nur objektiv vorhanden, sondern für Passanten auch subjektiv spürbar.

UdV-Leiter Siegfried Brockmann hält die Displays für geeignet, um lokal den Verkehrsfluss zu beruhigen und Aggressionen Einzelner zu bremsen. Zu typischen Schulwegzeiten sei der Effekt der Anzeigen sogar besonders groß, weil im dichten Verkehr die soziale Kontrolle besser funktioniere: Die Vernünftigen bremsen dann die Raser und Drängler.

Für Brennpunkte, an denen die Statistik bereits eine Unfallhäufung durch Tempoverstöße zeigt, seien solche Geräte aber keine wirksame Abhilfe: „Dort brauchen wir bauliche Maßnahmen und konsequente Polizeikontrollen.“

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