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Besucher gehen während der blauen Stunde über den Flohmarkt im Mauerpark in Berlin.

© dpa

Betrieb soll neu ausgeschrieben werden: Wie geht es mit dem Flohmarkt im Mauerpark weiter?

Wettbewerber kritisieren den unbefristeten Vertrag für den Trödelmarkt am Mauerpark. Der Senat kündigt nun eine Neuausschreibung an.

Von Christian Hönicke

Der Betrieb des weltbekannten Flohmarkts im Mauerpark soll neu ausgeschrieben werden. Damit reagiert das Land Berlin auf die Kritik mehrerer Interessenten an der dauerhaften Vergabe des Flohmarktbetriebs. Die Wettbewerber, die anonym bleiben möchten, beklagen eine Bevorzugung des derzeitigen Betreibers, der einen unbefristeten Mietvertrag habe. Das sei völlig unüblich, andere Märkte in der Stadt würden regelmäßig öffentlich ausgeschrieben.

Der Flohmarkt im Mauerpark ist nicht nur der mit Abstand größte Trödelmarkt Berlins – er ist ein Besuchermagnet. Er lockt jeden Sonntag bis zu 40 000 Menschen an. Experten gehen davon aus, dass er dem Betreiber dadurch etwa eine Million Euro Einnahmen pro Jahr beschert. Nun wird hart um diese Perle gefeilscht.

Hintergrund ist die Erweiterung des Mauerparks, die 2020 abgeschlossen werden soll. Sieben Hektar – darunter die Flohmarkt-Fläche – werden für die Parkerweiterung von der Immobiliengesellschaft CA Immo an das Land Berlin übertragen. Dabei soll auch der Rest des bisherigen Mauerparks umgestaltet werden. In diesem Zusammenhang soll es für die im Park ansässigen Institutionen „Bestandsschutz“ geben.

Dieser Wunsch wurde nach Tagesspiegel-Informationen vom Bezirksamt Pankow auf Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung geäußert, die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz entsprach ihm. Die Pachtverträge mit den Cafés Schönwetter und Mauersegler wurden daher nicht neu ausgeschrieben. Vonseiten der Senatsumweltverwaltung heißt es: „Mit den derzeitigen Pächtern sollen neue Verträge über die Flächen der Gastronomiebetriebe ausgehandelt werden, die mit der (…) vorgesehenen Parkeröffnung in Kraft treten sollen.“ Zuständig für das Aushandeln der Verträge ist die landeseigene Grün Berlin GmbH, die die Bewirtschaftung der Erweiterungsfläche übernimmt.

Bisheriger Betreiber warnt vor Gentrifizierung

Doch nun regt sich Widerstand gegen diese Verabredung. Kritiker sehen einen „Bestandsschutz“ für den noch relativ neuen Flohmarktbetreiber als nicht gerechtfertigt an. Während es sich bei den Café-Betreibern auch um ihre Gründer handelt, sieht das beim Flohmarkt in der Tat anders aus. Der wurde 2004 gegründet. Als er immer erfolgreicher wurde und sich immer weiter ausdehnte, kam es zu Problemen zwischen den Gründern und der Eigentümerin CA Immo. 2014 wurde der Betrieb neu ausgeschrieben, es gab anfangs etwa 15 Bewerber. Schließlich setzte sich die „Marktverwaltung Rainer Perske“ durch.

Ob Perske nun Bestand ist oder nicht, daran scheiden sich die Geister. Alexander Puell steht auf Perskes Seite. „Er gehört schon zum Bestand“, sagt der Vorsitzende des Vereins „Freunde des Mauerparks“. Der Verein ist auch Mitglied der „Kulturgemeinschaft Mauerpark“, in der auch Perske, die beiden Gastronomen und der Karaoke-Veranstalter Joe Hatchiban vertreten sind. 

„Wir schätzen die über Jahre gewachsenen Strukturen“, sagt Puell. „Neue Betreiber würden sich vermutlich auf Touristen spezialisieren und damit eine Gentrifizierung des Areals vorantreiben.“ Er verweist zudem auf die Bauarbeiten im Park, die nicht nur den Flohmarktbetrieb seit Jahren beeinträchtigt hätten: „Der Fairness halber muss man den vorhandenen Strukturen nach der langen Umbauphase eine Chance geben.“

Jeden Sonntag tummeln sich Menschen auf dem Flohmarkt am und im Mauerpark.
Jeden Sonntag tummeln sich Menschen auf dem Flohmarkt am und im Mauerpark.

© Doris Spiekermann-Klaas / Tsp

Diese Chance fordert auch Perske. Er wolle sich nicht anmaßen, sich die Gründung des Flohmarkts zuzuschreiben, sagt er. Doch er habe 2014 das Risiko durch die Bauarbeiten angenommen, während andere ihre Bewerbungen zurückgezogen hätten. „Ich habe den Markt in einer schwierigen Zeit übernommen und mit großem Engagement und Aufwand sicher durch die Bauphase geführt“, so Perske. „Ich würde es unfair finden, wenn ich nun nicht die Möglichkeit hätte, ihn im ruhigeren Rahmen fortzuführen.“

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Dass es Begehrlichkeiten gebe, könne er zwar verstehen, sagt Perske. Doch die üblichen Flohmarkt-Regeln seien am Mauerpark nur bedingt umsetzbar. „Den kann man nicht mit dem Boxhagener Platz und dem 17. Juni vergleichen. Der Markt ist Teil des Mauerparks, Berlin-Highlight und Großveranstaltung – diese Komplexität muss man handhaben können. Wir haben hier jeden Sonntag eine Größenordnung wie Hertha.“

Bei Besucherzahlen von bis zu 40.000 „müssen Sie ganz anders arbeiten“, sagt Perske. Sicherheit sei dabei ein entscheidender Faktor, bis zu 15 Security-Mitarbeiter seien auf dem Flohmarkt im Einsatz. „Außerdem arbeiten wir Hand in Hand mit der Nachbarschaft, denn Rücksichtnahme auf das Umfeld ist in dieser Größe besonders wichtig. Und wir erhalten damit Charakter und Bedeutung des Flohmarktes, deswegen sehe ich uns als Teil des Bestands.“

Bieterstreit ab 2023 möglich

Zu konkreten Vertragsdetails möchte sich Perske nicht äußern. „Ich habe einen Mietvertrag. Ich gehe davon aus, dass man mit mir ganz zufrieden ist.“ Die Senatsumweltverwaltung erklärt auf Nachfrage allerdings, dass der Vertrag in der Tat unbefristet ist. Er sei noch von der CA Immo abgeschlossen worden. Eine Neuausschreibung direkt nach Fertigstellung des Mauerparks sei auch nicht angestrebt, „auch in Hinblick auf die Unannehmlichkeiten während der laufenden Bauarbeiten“.

Wohl auf Druck der Konkurrenz plant das Land Berlin nun aber eine Umwandlung des unbefristeten Mietvertrags mit Perske. „Aktuell wird mit dem Betreiber über einen neuen Vertrag bis zum Jahr 2023 verhandelt", teilt die Senatsumweltverwaltung mit. „Dieser Vertrag tritt dann an die Stelle des bestehenden Vertrags.“ Für 2023 sei dann „eine erneute öffentliche Ausschreibung für den Betrieb des Flohmarktes“ geplant. In vier Jahren also könnte das Wettbieten um Berlins lukrativste Eventlocation so richtig losgehen.

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