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Das neue Kitajahr hat begonnen. Noch gibt es offenbar wenig Klagen von Eltern wegen fehlender Plätze.

© Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Update

Betreuungsplatz-Situation hat sich „entspannt“: In Berlin leben rund 5000 Kitakinder weniger als vermutet

Die Kitasituation hat sich nach Angaben des Senats entspannt. Der Betreuungsschlüssel könnte bald verbessert werden. Senatorin Sandra Scheeres zieht Bilanz.

In Berlin leben momentan rund 5000 Kinder unter sieben Jahren weniger als vermutet: Das ist eine der überraschendsten Erkenntnisse aus dem aktuellen Kitaentwicklungsplan, den der Senat am Dienstag beschlossen hat. Die Bevölkerungsprognose ging von insgesamt 269.400 Kindern unter sieben Jahren für das Jahr 2020 aus, tatsächlich waren es aber laut den Daten der Senatsjugendverwaltung nur 263.929 Kinder.

Das hat – zusammen mit dem stetigen Ausbau der Kitaplätze – Auswirkungen auf die momentane Kitasituation. Die sei nämlich, so stellt es die Jugendverwaltung dar, relativ entspannt. Im neuen Kitajahr, das im August begonnen hat, habe es noch kaum Beschwerden von Eltern, die keinen Platz finden, gegeben.

Das bestätigt auch Dorothee Thielen vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Sie habe bisher von keinen „massiven Störungen“ gehört: „Es ist relativ ruhig“.

Besonders groß sind die Abweichungen in der Kinderzahl von der Prognose in Mitte (1451 Kinder weniger als in der Prognose), Friedrichshain-Kreuzberg (1300 weniger) und Neukölln (1069 weniger).

Verringerung der Kinderzahl könnte mit Corona zusammenhängen

Wo die Ursache für die Differenz liegt, darüber gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Es könnte mit der Corona-Pandemie zusammenhängen, die dazu geführt haben könnte, dass im vergangenen Jahr weniger Menschen nach Berlin gezogen sind. Das vermutet Holger Schulze, Abteilungsleiter für Familie und frühkindliche Bildung bei der Senatsjugendverwaltung. Um die Kitaplanung für die nächsten Jahre genauer angehen zu können, sei so schnell wie möglich eine neue Bevölkerungsprognose der Senatsstadtentwicklungsverwaltung nötig. Bis 2025 gehe die bisherige Prognose von 280.000 Kindern unter sieben Jahren aus. „Es ist wahrscheinlich, dass das nicht eintritt“, sagte er.

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: Kinder lösen Berlins Probleme – Folge 4 :Wie kann es in Kitas und Schulen jetzt weitergehen?]

Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) nutzte die Vorstellung des Kitaentwicklungsplans dazu, eine Bilanz ihrer Amtszeit in diesem Bereich zu ziehen und verwies auf Verbesserungen, die sie erreicht habe: Seit 2012 bis Ende 2020 seien rund 50.500 Kitaplätze geschaffen worden, bis August 2021 seien noch einmal rund 2200 Plätze hinzugekommen, insgesamt 426 Millionen Euro seien dafür über Landes- und Bundesmittel investiert worden.

Besonders stolz ist Scheeres auf den Zuwachs bei den Fachkräften. Seit 2012 hätten sich die Ausbildungskapazitäten verdoppelt, im nächsten Jahr werde es zum ersten Mal seit Langem einen Überhang von rund 1000 Erzieher:innen geben. Im Jahr 2024 sei sogar von rund 3000 Erzieher:innen mehr als rechnerisch benötigt auszugehen.

Betreuungsschlüssel bei den unter Dreijährigen könnte verbessert werden

„Das bedeutet, dass der Betreuungsschlüssel bei den unter Dreijährigen weiter verbessert werden kann“, sagte Scheeres. Momentan liegt dieser bei den unter Zweijährigen bei 1:3,75, das heißt, rein rechnerisch betreut eine Erzieherin 3,75 Kinder. Bei den zwei bis drei Jahre alten Kindern liegt der Schlüssel bei 1:4,75. In den vergangenen Jahren hat Berlin den Schlüssel von 1:6 ausgehend schrittweise verbessert. Die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt für die Altersgruppe der unter Dreijährigen allerdings einen Betreuungsschlüssel von 1:3. Ein solcher wäre nach den Worten von Scheeres durch den Anstieg der Fachkräfte bald möglich, allerdings ist die Umsetzung Sache der neuen Regierung.

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Auch der Kitaplatzausbau soll in der nächsten Legislaturperiode weitergehen, die Mittel für rund 18.000 zusätzliche Plätze bis zum Jahr 2023 stünden bereit, sagte Scheeres: 25 Millionen Euro im Nachtragshaushalt für 2022, dazu 48 Millionen Euro aus Bundesmitteln des Pakets „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“.

Entspannung sei beim Platzausbau jedenfalls nicht angesagt: „Wir wollen ja auch, dass die Eltern Wahlmöglichkeiten haben und wir brauchen auch einen Puffer“, sagte Scheeres.

Beim Kita-Ausbau eigene Ziele noch nicht erreicht

Tatsächlich hat die Senatsjugendverwaltung ihr eigenes Ziel bei den Kitaplätzen nicht eingehalten. Der Zielwert bis Ende 2021 waren 185.000 Kitaplätze, sagte Abteilungsleiter Holger Schulze, momentan sind es aber nur rund 176.000 Plätze. Schulze verwies zum einen auf Bauverzögerungen und zum anderen darauf, dass bis Ende des Jahres durchaus noch weitere Plätze geschaffen werden.

Ein Ausbau sei besonderes in sozialen Brennpunktgebieten wichtig, sagte Scheeres. „Wir wollen einen Schwerpunkt darauf setzen, dort die Betreuungsquoten zu erhöhen.“

Insgesamt liegt diese Quote, also die Zahl der Kinder, die in eine Kita oder Tagespflegestelle gehen, berlinweit nach Angaben der Senatsverwaltung bei Kindern von einem Jahr bis unter sieben Jahren bei 75 Prozent, bei den Drei- bis Sechsjährigen bei 92 Prozent. In Spandau, Reinickendorf und Neukölln sind die Quoten signifikant niedriger.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Textes stand, dass der Betreuungsschlüssel in Berliner Kitas bei den unter drei Jahre alten Kindern bei 1:3,75 liegt. Dies gilt aber nur für die unter zwei Jahre alten Kinder. Bei den Zwei- bis Dreijährigen gilt momentan ein Betreuungsschlüssel von 1:4,75. Wir haben den Fehler korrigiert.

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