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Vor allem im Berufsverkehr ist spürbar, dass die Stadt wächst: Die Einfallstraßen sind verstopft, viele Bahnen überfüllt.

© dpa

Berufsverkehr: Pendlern fehlen Parkplätze am Berliner Stadtrand

Die Zahl der Pendler wächst stetig, die Menge der Stellplätze an den Stadtrand-Bahnhöfen aber nicht. Das führt zu Problemen - die Berlin und Brandenburg wohl gemeinsam beheben müssen.

Die Pendler werden immer mehr, aber die P&R-Parkplätze nicht – sofern auch für den neuen Senat gilt, was der alte gerade auf Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Oliver Friederici mitgeteilt hat. Der wollte wissen, welche Pläne und Absprachen mit Brandenburg es gibt, um das alltägliche Gedränge rund um die Bahnhöfe am Stadtrand zu lindern, das Autofahrer ebenso nervt wie Anwohner, deren Wohnstraßen zugeparkt werden.

Aktuell gibt es laut Verkehrsverwaltung im Berliner Stadtgebiet auf 44 Standorte verteilt knapp 5200 P+R-Stellplätze. Hinzu kommen 116 Orte mit 22.000 Plätzen im Umland. Das seien „vergleichsweise viele P+R-Standorte“ bei „deutlich geringeren Einpendlerzahlen als andere deutsche Großstädte“.

Dagegen habe Berlin relativ viele Auspendler. Beispielhaft wird München genannt, wo das P&R-Angebot mit rund 28.000 Plätzen etwa dem von Berlin samt Umland entspricht – bei 341.000 Einpendlern, während es in Berlin nur etwa 258.000 seien. Der P&R-Bestand habe sich in den vergangenen Jahren kaum verändert, in Berlin seien „auch künftig keine Anlagen und Projekte zur Erhöhung des P+R-Angebotes geplant“, schreibt Noch-Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD).

Die Zahl der Pendler steigt seit Jahren

Dafür gibt es Kritik von mehreren Seiten. „Man muss sich nur morgens diese Parkplätze anschauen, um festzustellen, dass sie nicht ausreichen“, sagt Jörg Nolte von der Industrie- und Handelskammer (IHK). Der Vergleich der Pendlerzahlen mit Städten wie München hinke, weil Berlin flächenmäßig fast drei Mal so groß sei. „Ein Rahnsdorfer, der in Berlin-Mitte arbeitet, pendelt mit dem Auto oder der Bahn rund 35 Kilometer in die Innenstadt, wird in der Statistik aber nicht als Pendler gezählt. Ein Feldkirchener (Gemeinde östlich von München) der in der Münchener City arbeitet, legt nur gut 14 Kilometer zurück und taucht als Pendler in der Statistik auf.“ Mit 434 Kilometern sei das Münchner S-Bahn- Netz außerdem viel größer als das von Berlin mit 327 Kilometern.

Viele Pendler hätten gar keine Möglichkeit, ohne Auto den nächsten S-Bahnhof zu erreichen. „Um solchen Pendlern die Chance zu geben, mit dem Auto nicht bis direkt in die Innenstadt zur Arbeit zu fahren, fordern die IHKs in Berlin und Brandenburg seit langem, dass die Länder gemeinsam größere Anstrengungen beim Thema P+R unternehmen müssen.“

Auch Jörg Becker, Leiter Verkehr beim ADAC in Berlin, spricht von einem „Äpfel-Birnen-Vergleich“ des Senats und betont, dass die Zahl der Einpendler nach Berlin laut Arbeitsagentur gegenüber der Senatsangabe schon wieder um rund 20.000 gestiegen sei. Der Trend gehe seit zehn Jahren nach oben und dürfte ausweislich der Bevölkerungsprognose anhalten.

Zu wenig Abstimmung zwischen Berlin und Brandenburg

CDU-Mann Friederici, der den Senat gefragt hatte, findet den Status Quo – „unsere Stadt wächst wie keine andere in Deutschland und jeden Morgen staut es sich stadteinwärts an der ersten Ampel“ – ebenfalls inakzeptabel. Ebenso wie ADAC und IHK sieht Friederici das Tarifsystem des Verkehrsverbundes Berlin- Brandenburg (VBB) kritisch: Das Monatsticket inklusive dem Umlandbereich C kostet knapp 20 Euro mehr als das AB-Ticket, das fürs Berliner Stadtgebiet gilt.

Das lade ein, bis in die Stadt zu fahren statt nur zum nächstgelegenen Bahnhof, heißt es unisono. „Gerade bei den Pendlern sind die Einkommen oft nicht so üppig, wenn sie beispielsweise im Dienstleistungssektor arbeiten“, gibt ADAC-Mann Becker zu bedenken. „Man kann innovativer werden“, findet er und schlägt als Beispiel ein intermodales Ticket für Parkgebühr und Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs vor.

Seit Jahren kritisieren alle Beteiligten auch die mangelnde Abstimmung zwischen Berlin und Brandenburg beim Umgang mit den Pendlern. Ob sich daran etwas ändert, wird sich erweisen, wenn der neue Senat die Arbeit aufgenommen hat. Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag steht dazu nur ein Satz: „Die Koalition spricht mit der Landesregierung Brandenburg unter Einbeziehung des VBB über die Lösung der Pendler*innenverkehre.“

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