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Christian Staeblein wurde zum Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz gewählt.

© Jörg Carstensen/dpa

Berlins neuer Bischof: Guten Tag, ich bin der Neue

Christian Stäblein ist ab Herbst der neue Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Ein Porträt.

Als er den Blumenstrauß erhält, weiß er gar nicht so recht, was er damit machen soll. Etwas ungläubig steht Christian Stäblein am Freitag in der Bartholomäuskirche am Berliner Friedrichshain. Gerade hat die Präses der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), Sigrun Neuwerth, das Ergebnis des zweiten Wahlgangs der Bischofswahl verkündet. Abgegebene Stimmen 113, es entfallen auf Christian Stäblein 76. Weiter kommt Neuwerth nicht. Tosender Applaus bricht aus. Christian Stäblein ist zum Bischof gewählt.

Dass der frisch gewählte Nachfolger von Markus Dröge im ersten Moment völlig überwältigt ist, passt zu Christian Stäblein. Der Theologe ist bodenständig und bescheiden – und genau dafür liebt ihn seine Kirche. 2015 war er ebenfalls in der Bartholomäuskirche zum Propst der EKBO gewählt worden: Er ist der „Stellvertreter des Bischofs in der Kirchenleitung“, wie es offiziell heißt.

Unzählige Termine hat er in den Gemeinden absolviert. Stäblein predigt beim Abschied des Landesposaunenwarts in Cottbus und kommt zur religionsphilosophischen Schulwoche in Luckau. Er vertritt die EKBO im Ökumenischen Rat und absolviert eine Tour durch die Gemeinden, um über die Abendmahlsfrömmigkeit zu diskutieren. Aber vor allem: Er hört den Menschen zu und kann mit ihnen reden.

Am 16. November freilich wird Stäblein aus seinem Büro im Konsistorium eine Etage höher ziehen. Dann tritt der 51-Jährige, verheiratet, vier Kinder, das neue Amt an: Aus dem Propst wird der neue evangelische Hauptstadtbischof. Der leitende Geistliche von 940 000 evangelischen Gläubigen, die sich Sonntag für Sonntag in Neukölln, Zehlendorf oder Weißensee, aber auch im brandenburgischen Prenzlau oder in Weißwasser und Hoyerswerda in der schlesischen Oberlausitz zum Gottesdienst versammeln. Stäblein muss sie alle zusammenhalten: Die Frommen und die weniger Frommen, die Ossis und die Wessis, die Friedensbewegten, die Konservativen und die Liberalen, die Fans von Johann Sebastian Bach, von Lobpreisliedern und Taizé.

"In Vielfalt und Buntheit zusammenbleiben"

„Ein Bischof ist ein Hingucker“, sagt Stäblein. „Einer, der hinguckt, fragt, sagt, sucht, wie es den Gemeinden geht und wie es mit Gottes Wort ist, in der Welt und für die Welt.“ Dieses Stakkato von Wortgruppen ist typisch für Stäbleins Predigten. Schnell reiht der neue Bischof die Gedanken aneinander, das Gesagte wird lebendig. „Die Ängste, die Erfahrung von Verlust, Abgebrochenem, das sind nicht nur Gefühle, wir sollten hören, was Brüche in der Biographie, Abbau von Strukturen bedeuten“, sagt Stäblein. „Beteiligen, mitnehmen, nah dran sein, nicht so tun, als habe das nichts mit mir zu tun.“

Denn auch in der Evangelischen Kirche gibt es eine Ost-West-Debatte: Kein einziger leitender Geistlicher hat noch eine DDR-Biographie, auch Stäblein nicht. Der Theologe stammt aus Niedersachsen. Stäblein wurde 1967 in Bad Pyrmont geboren und wuchs in Hannover auf. Nach dem Theologiestudium in Göttingen, Berlin und Jerusalem war er an der Universität Göttingen, wo er promovierte.

Nach der Ordination war er Gemeindepfarrer, zunächst in Lengede, später in Nienburg/Weser und 2008 dann Studiendirektor im Kloster Loccum – ein Topjob in der Hannoverschen Kirche, den man nur für Berlin aufgibt. Seit 2015 ist er – Nachfolger von Friederike von Kirchbach – als Propst der Landeskirche in Berlin für theologische Grundsatzfragen zuständig.

Doch die Herkunft, der Mangel an Ostdeutschen in Führungspositionen ist nicht die größte Herausforderung, vor der der neue Bischof in den nächsten Jahren stehen wird. Auch wenn Stäblein am Freitag noch von einer „Volkskirche“ sprach: Seit ihrer Gründung 2004 hat die EKBO fast 300 000 Gemeindeglieder verloren – wobei die Kirchenaustritte der geringste Faktor waren.

Schon seit Jahrzehnten hinkt die Zahl der Taufen jener der Bestattungen hinterher. Und eine Trendwende ist nicht in Sicht. „Es kommt darauf an, dass wir die Kirche nach außen missionarisch und attraktiv gestalten, und in Vielfalt und Buntheit zusammenbleiben“, sagt Stäblein. „Wir brauchen gemeinsam alle guten Ideen und Initiativen, um als Kirche über unseren Raum hinaus in die Gesellschaft zu sprechen.“ Die Menschen müssten bei der evangelischen Kirche finden können, was sie dort erwarteten: „Das Reden von dem, wie Gottes Wort tröstet und frei macht.“

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