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Das Olympiastadion in Berlin. Ist dies bald nicht mehr die Austragungsstätte von Hertha BSC?

© dpa

Berlins Fußball sucht eine Heimat: Hertha BSC sollte im Olympiastadion bleiben

Hertha ist ein Kind Berlins. Und findet gerade selbst zum Berliner Metropolengefühl. Ein Umzug in ein neues Stadion in Brandenburg wirkt da piefig. Ein Kommentar.

Zunächst zur harten Wahrheit: Die Currywurst schmeckt nicht. Das Bier ist lau. Im Winter zieht es durch die Lücke im steinernen Rund. Und die Laufbahn um das Spielfeld ist nun mal Mist, selbst wenn sie Hertha-blau leuchtet. Man kann also verstehen, dass Hertha BSC das weitläufige Olympia-Gelände am Westend verlassen will und den Bau einer neuen, reinen Fußballarena vorantreibt, die dem Verein gehört (oder zumindest seinen Investoren). Doch im Fußball geht es auch immer um Gefühl: Und deshalb sollte Hertha im Olympiastadion bleiben. Denn das Stadion ist wie der Verein: rau, aber robust. Und immer (zuletzt immer öfter) für eine begeisternde Überraschung gut.

Die Stadt Berlin spielt ungern mit

Die behutsam sanierte Arena ist inzwischen die stimmungsvollste Bühne, die Berlins Sport zu bieten hat - wenn sie denn gut besucht ist (wie zuletzt immer öfter). Das zeigen große nationale und internationale Pokalfinals; inzwischen erkennt die ganze Welt Berlins blaue Schüssel auf einen Blick. In modernen Stadien wie der "Allianz Arena" mag man komfortabler sitzen und trotzdem näher am Geschehen sein, sie verströmen mit ihrem durchdesignten Werbegewitter aber eher den Charme des real existierenden Fußballkapitalismus. Für das sympathische Berliner Gegenstück, die von den Fans des 1. FC Union mit eigenen Hände Arbeit errichtete Kleinod an der Alten Försterei, ist Hertha nicht klein genug. Denn der Bundesligist ist, nicht nur wegen der derzeitigen sportlichen Erfolge, die Visitenkarte des Gesamt-Berliner Sports. Genau deshalb ist eben ein Stadion hinterm Stadtrand das falsche Signal. Zumal der Steuerzahler bei der Sanierung von Berlins alteingesessener Arena schon kräftig mitbelangt worden war und nun im Zweifel für Infrastrukturkosten rund um ein neues Stadion herangezogen werden würde. Kein Wunder, dass die Stadt Berlin hier ungern mitspielen will.

Gerade erfindet sich der Verein neu

Hertha ist ein Kind Berlins: gegründet in Mitte, aufgewachsen in Prenzlauer Berg, berühmt geworden am Gesundbrunnen, in Würde gealtert (mal mehr, mal weniger) im Westend. Mittlerweile hat der Klub sehr viele Fans aus Brandenburg - und auch mehr aus den Ostbezirken als gemeinhin der alten West-Berliner Fußball-Tante zugetraut wird. Nun erfindet sich der Verein gerade neu mit einer (eher missratenen) Start-up-Kampagne und einem (sehr gut geratenen) Twitter-Account. Hertha will Hauptstadt sein und bei den Großen mitspielen. Da wirkt ein neues Stadion auf dem Lande, selbst wenn es dem Verein wirtschaftlich geboten erscheinen mag, plötzlich piefig und entfernt von der eigenen Mitte. Zumal Ludwigsfelde oder Oranienburg derzeit nicht so leicht zu erreichen sind wie das bestens angeschlossene Olympiastadion, aber das nur am Stadtrande.

Das Geschäftsmodell "wachsender Fußballverein" mag auch in Berlin für ein Retortenstadion im Retorten-Speckgürtel einer wachsenden Stadt sprechen. Das Berliner Metropolengefühl, das Hertha gerade wieder besser mit sich zu verbinden mag, aber spricht für etwas anderes: die alte blaue Berliner Schüssel, die sich das bunte Berlin längst neu erobert hat. Und die Herthas Heimat ist.

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