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Sorgt für Spannungen auch innerhalb der Koalition: Der Umgang mit dem erfolgreichen Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen.

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Update

Berliner Volksentscheid zu Vergesellschaftungen: Mietaktivisten beteiligen sich an Expertenkommission

„Deutsche Wohnen & Co enteignen“ hat beschlossen, drei Personen in das Gremium zu entsenden. Bis zuletzt war unklar, ob die Aktivisten sich beteiligen.

Die Vollversammlung der Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" hat nach Informationen des Tagesspiegel beschlossen, drei Personen in das vom Senat gegründete Expertengremium zu Prüfung der Vergesellschaftung von Firmen mit mehr als 3000 Wohnungen zu entsenden. Die erste Sitzung ist dem Vernehmen nach für den 29. April terminiert.

Bis zuletzt war unklar, ob die Aktivisten sich beteiligen. Viele hatten beklagt, dass die Besetzung durch Experten stark von kritischen Stimmen geprägt sei.

Zuletzt hatte am Montagabend Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) auf einer von der Initiative und dem Berliner Mieterverein gemeinsam veranstalteten Podiumsdiskussion mit führenden Politikern der Koalition die Aktivisten dazu aufgerufen, sich an der Kommission zu beteiligen.

Aus den Kreisen von „Deutsche Wohnen & Co“ war zuvor heftige Kritik an der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen laut geworden, weil die Expertenkommission mit vielen Verfassungsrechtlern besetzt wurde. Zwei davon, die von der SPD benannt worden waren, meinen, ein Gesetz zur Vergesellschaftung von Firmen mit mehr als 3000 Wohnungen sei nicht vereinbar mit der Berliner Verfassung.

Mitglieder der Initiative meinen, die Kommission müssen auch und vor allem finanzpolitische und wirtschaftliche Fragen der Vergesellschaftung klären, so zum Beispiel die Höhe der Entschädigung und wie die zu übernehmenden Wohnungen in welcher Gesellschaftsform verwaltet werden sollten. In der Debatte ist eine Anstalt öffentlichen Rechtes, die mit Krediten sowie Zuschüssen des Landes die Wohnungsbestände übernehmen sollen.

Anwendung der Vergesellschaftung ist riskant

Allerdings warnte unter anderem der Chef des Berliner Mietervereins Reiner Wild vor den rechtlichen "Risiken" der geplanten Vergesellschaftung. Ohne eine erneute Diskussion aller juristischen Argumente für und gegen die Anwendung des noch niemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik angewandten Artikel 15 des Grundgesetzes drohe ein Vergesellschaftungsgesetz wieder vom Bundesverfassungsgericht kassiert zu werden.

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Dies war zuvor bereits mit dem Mietendeckel geschehen, das das Berliner Abgeordnetenhaus im vergangenen Jahr erlassen hatte und das vom obersten Gericht für „nichtig“ erklärt worden war. Auch ein weiteres Regulierungsinstrument der Wohnungsmärkte, das kommunale Vorkaufsrecht, war kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht für nicht anwendbar erklärt worden.  

Däubler-Gmelin will "Möglichkeit und Wege" prüfen lassen

Vorsitzende der Expertenkommission ist die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD). Im Tagesspiegel-Interview sagte sie auf die Frage, ob sie selbst eine Vergesellschaftung für möglich halte, dass sie der Arbeit des Gremiums nicht vorgreifen werde. Dieses habe den Auftrag, "die Möglichkeit und Wege (einer Vergesellschaftung)" zu diskutieren. "Diesen Diskussionen werde ich jetzt nicht vorgreifen."

Im Zusammenhang mit der Anwendung des Artikel 15 gebe es jedoch "umstrittene und ungeklärte juristische Fragen", das die Anwendung wohl bisher verhindert habe. Ferner zählten finanzielle Überlegungen sowie "gegensätzliche ideologische Grundüberzeugungen der handelnden Politiker" dazu.

Als "große Sache", die an den "Grundfesten des Kapitalismus ein stückweit rüttelt", hatte Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) die diskutierte Vergesellschaftung am Montag bezeichnet.

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