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Regine Günther (parteilos), Verkehrssenatorin in Berlin.

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Update

Berliner Verkehrsverwaltung: Günther verliert mehrere Spitzenkräfte

Im Verkehrsbereich hat Regine Günther es schwer: Führende Mitarbeiter zieht es fort aus dem Ressort, andere sind demotiviert.

Grün ist die Farbe der Hoffnung. Und viele hofften nach der Übernahme von drei wichtigen Ressorts in der Landesregierung 2016, dass die von den Grünen in den Senat geschickten Politiker Regine Günther (Umwelt, Verkehr und Klimaschutz), Ramona Pop (Wirtschaft) und Dirk Behrendt (Justiz) neuen Schwung mitbringen. Inzwischen sind sie ziemlich flügellahm geworden.

Vor allem Regine Günther bekommt es heftig zu spüren. Im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint hat Lorenz Maroldt es so formuliert: „Unter der Leitung von Günther knattert und keucht der Apparat vor sich hin wie ein Zweitakter auf Ölentzug im Riesengebirge.“

Und die Basis der Grünen murrt schon lange; zu langsam kommt für sie der im Mobilitätsgesetz beschlossene Ausbau der Radinfrastruktur voran. Neue Vorzeigeanlagen sind äußerst rar gesät; lediglich an der Holzmarktstraße in Mitte gibt es inzwischen ein paar Meter eines neuen – grün eingefärbten – Radweges.

Referatsleiter Matthias Horth gibt auf

Mit Verkehr habe die Senatorin eben nicht viel im Sinn, sagen Insider. Ihr Thema sei die Klimapolitik mit der Energiewende. Günther erklärte, die Umsetzung einer neuen Mobilität in der Stadt mit dem Vorrang für ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, der Kohleausstieg und die Bewahrung des Grüns in der Stadt stünden ganz oben auf der Agenda. Den Verkehrsbereich sollte Staatssekretär Jens-Holger Kirchner abdecken, ein Fachmann. Er hatte kommissarisch auch die Verkehrslenkung geleitet, die immer noch keinen Chef hat. Kirchner ist aber schwer krank und kann schon seit Monaten nicht mehr arbeiten. So muss sich Günther um viel mehr kümmern als geplant.

Kräftig eingespannt hat sie aber auch den Leiter der Verkehrsabteilung, Hartmut Reupke. Er ist erst vor einem Jahr in die Verwaltung gekommen und war zuvor 31 Jahre bei der BVG in verschiedenen Funktionen beschäftigt. Unter anderem organisierte er den Verkehr bei Großveranstaltungen. Nun muss er Großaufgaben bei Günther erledigen.

Andere Mitarbeiter sind demotiviert, weil Günther sie zu wenig unterstütze. Jüngster Fall: Der Referatsleiter für den Öffentlichen Personennahverkehr, Matthias Horth, wechselt ins Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Offiziell aus „persönlichen Gründen“, weil er in sein altes Arbeitsfeld der Stadtplanung zurückkehren wolle.

Horth war zuvor viele Jahre als Stadtplaner in Lichtenberg beschäftigt. Umweltstaatssekretär Stefan Tidow bedauerte am Donnerstag im Verkehrsausschuss öffentlich den Weggang Horths. Damit verliere die Verwaltung eine ausgezeichnete Fachkraft. Horth äußerte sich auf Anfrage nicht. Die erfahrene Ursula Kempny – sie hat unter anderem den Verkehrsvertrag mit der BVG ausgehandelt – geht dagegen in den Ruhestand. Ersetzt werden soll sie nach Tagesspiegel-Informationen durch eine 30-Stunden-Kraft.

Auch BVG-Finanzvorstand Haenecke geht

Auch Günthers Sprecher Matthias Tang zieht es weg. Er verlässt nach einer Mitteilung der Verwaltung seine Chefin auf eigenen Wunsch und wechselt zum 1. November zum IASS (Institute for Advanced Sustainability Studies) in Potsdam. Sein Nachfolger wird der Journalist Jan Thomsen.

Günther sagte zu dem Personalkarussell: „In einem Haus mit 1300 Mitarbeitern gibt es auch auf der Führungsebene immer mal Wechsel. Das ist normal und richtig. Niemand geht dabei im Groll.“

Eine neue Führungskraft braucht auch die BVG – weil es nach Tagesspiegel-Informationen Wirtschaftssenatorin Ramona Pop so wollte. Die Grünen-Politikerin ist auch Aufsichtsratsvorsitzende des Landesunternehmens. Sie hat sich demnach schnell mit Finanzvorstand Henrik Haenecke überworfen, dem sie vorwarf, zu wenig auf Berliner Start-Up-Unternehmen zu setzen. Zuletzt hatte sich Haenecke beim Projekt „Berlkoenig“ mit Daimler-Benz verbündet. Dabei geht es um einen App-basierten Mitfahrdienst. Haenecke hat auch die mehrfach ausgezeichnete BVG-Kampagne „Weil wir dich lieben“ verantwortet.

Pop fand nach Tagesspiegel-Informationen im Aufsichtsrat Unterstützung bei den Arbeitnehmervertretern, die Haenecke weiter krumm nehmen, dass zwei Mitglieder seiner Freizeitband „Moxy“ auf führende Positionen bei der BVG gerückt sind. Geeignete andere Bewerber habe es nicht gegeben, sagte Haenecke damals.
Da unklar war, ob der Aufsichtsrat den im August auslaufenden Vertrag verlängern würde, einigten sich beide Seiten, erst gar keine Verhandlungen dazu aufzunehmen. Pop bedankte sich bei Haenecke für „seine erfolgreiche Arbeit“.

Den Weggang fasst die Personalberaterin Sybille Uken, die früher im BVG-Aufsichtsrat war, so zusammen: „Der Abschied dieser exzellenten Fachkraft ist für die BVG eine Riesenkatastrophe.“

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