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366 öffentliche Toiletten soll es in Berlin bald geben.

© Getty Images/iStockphoto

Berliner Toilettenkonzept: Senat will mehr öffentliche Toiletten

Die Zahl der öffentlichen Toiletten in der Stadt soll deutlich erhöht werden. Bis Ende Juni soll ein neuer Betreiber gefunden sein.

Öffentliche Toiletten gehören zur „Daseinsvorsorge in einer lebenswerten Stadt“, sagt die zuständige Senatorin für Umwelt und Klimaschutz, Regine Günther (parteilos, für Grüne). Genau wie Schwimmbäder, Schulen oder Parkanlagen. Soviel politische Wertschätzung haben die stillen Örtchen seit Langem nicht mehr erfahren. Rot-Rot-Grün hat schon vor Monaten ein 100-seitiges „Toilettenkonzept“ vorgelegt, das an Karten- und Datenmaterial seinesgleichen sucht. Nun geht es an die Umsetzung, bis Ende Juni soll ein neuer Betreiber gefunden sein. Die obere Zielmarke liegt bei 447 Toilettenanlagen, verteilt über die ganze Stadt, das wäre ein Zuwachs um fast 75 Prozent und sogar mehr als von Bezirken und Behindertenverbänden derzeit gefordert. Dieses Ziel soll aber erst ab 2024 angepeilt werden, bis dahin sind verschiedene Zwischenstufen geplant.

Nach 25 Jahren Bewirtschaftung der meisten öffentlichen Toiletten durch die Firma Wall – der Auftrag läuft Ende dieses Jahres aus – musste der Senat erstmal den Status Quo prüfen, ein Mitarbeiter-Team lief alle Standorte ab und zählte 259 öffentliche Toiletten, wobei die Angaben schwanken, abhängig von der Definition „öffentliche Toilette“. Nicht jedes Pissoir erfüllt die Anforderungen an Privatsphäre und Hygiene. Fast ein Viertel der aufgefundenen Toiletten war zudem außer Betrieb oder verschlossen. Das war „eine Momentaufnahme, als das Konzept entstand“, erklärt Günthers Sprecher Matthias Tang. „Mittlerweile dürften die meisten, wenn nicht alle, wieder geöffnet sein.“

Lichtenberg ist am schlechtesten ausgestattet

Eigentlich sollten einige Alt-Standorte zugunsten neuer wegfallen, aber die betroffenen Bezirke haben erfolgreich dagegen interveniert. Inzwischen wurde die „Grundversorgung“ aus bestehenden und neuen Standorten auf insgesamt 281 öffentliche Toiletten aufgestockt, die meisten davon in den touristisch frequentierten Bezirken wie Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg. Lichtenberg, Pankow und Steglitz-Zehlendorf müssen sich mit deutlich weniger WC-Kapazität begnügen, sind darüber aber nicht zwingend unglücklich. „Im Grunde sind wir zufrieden, weil bestehende Anlagen erhalten bleiben sollen und unsere Vorschläge für zusätzliche angenommen wurden“, sagt Stadträtin Maren Schellenberg (Grüne) aus Steglitz-Zehlendorf.

An den U-Bahnhöfen Oskar-Helene-Heim und Dahlem-Dorf ist Bedarf festgestellt werden, der Bezirk hätte auch gerne am U-Bahnhof Onkel-Toms-Hütte eine Toilette, aber dort gebe es nicht ausreichend Platz, sagt Schellenberg. Neben U- und S-Bahnhöfen sind auch viele Friedhöfe, Spielplätze, Parks und Badestellen als Bedarfszonen identifiziert worden. Die Behindertenverbände wünschen sich an Plätzen wie Zeppelinplatz, Gartenplatz, Vinetaplatz und Blochplatz (alles Mitte) zusätzliche Toiletten. Lichtenberg ist mit neun öffentlichen WCs bislang am schlechtesten ausgestattet, Charlottenburg-Wilmersdorf mit 40 am besten.

Trockentoiletten als Sparmaßnahme

Anders als bisher sollen Bau und Betrieb der Toiletten nicht mehr mit der Überlassung von Werbeflächen verknüpft werden, wie es bei Wall der Fall war. Der Senat geht davon aus, dass die Werbeeinnahmen deutlich höher lagen als die Kosten für die Toiletten. Zumal auch für die Nutzung der City-Toiletten 50 Cent verlangt werden – diese „Schutzgebühr“ soll beibehalten werden, Walls Toiletten werden aber nicht übernommen. Der Senat streicht die Werbeeinnahmen künftig selbst ein und hofft damit, sein ehrgeiziges Toilettenprogramm finanzieren zu können. Für den Bau von 175 Toiletten, die dem technischen Standard der Wall-Toiletten entsprechen, müsste der Senat nach eigenen Schätzungen rund 21 Millionen Euro ausgeben, hinzu kämen rund fünf Millionen Euro pro Jahr für den Betrieb.

Nicht alle WCs werden als Hightechautomat mit Handtrockner und Saugspülung ausgestattet sein. Als Sparvariante will der Senat auch „Trockentoiletten“ aufstellen. „Aus Akzeptanz- und Hygienegründen wird jedoch vorgeschlagen, sie vor allem an Standorten im Kontext der Natur einzusetzen (z.B. an Wanderwegen sowie an Badestellen).“

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