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Ein Weißhandgibbon turnt in seinem Gehege im Tierpark herum.

© Paul Zinken/dpa

Berliner Tierpark: Der Gibbon ist „Zootier des Jahres 2019“

Sie schwingen sich elegant von Baum zu Baum und sind vom Aussterben bedroht. Nun wurden die kleinen Menschenaffen zum "Zootier des Jahres" gewählt.

Wenn ein Lebewesen mittlerer Größe im tropischen Regenwald elegant von Baum zu Baum schwingt, dann handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um Tarzan, sondern einen Gibbon. Die kleinen Menschenaffen sind auch im Zoo immer ein Anziehungspunkt, weil ihre faszinierenden leichten Turnübungen zum Lustigsten gehören, was es dort zu sehen gibt. Doch der Gibbon, den es in über 20 Arten gibt, ist eben nicht nur lustig, sondern wird in seinem Lebensraum, den tropischen Wäldern Südostasiens, auch immer seltener.

Daran soll der Titel „Zootier des Jahres 2019“ etwas verändern. Die „Zoologische Gesellschaft für Arten und Populationsschutz“ (ZGAP) hat sich diese Aktion vor vier Jahren einfallen lassen, um gleich mehrere Ziele anzuvisieren. Zum einen ist damit immer eine Spendenaktion verbunden, die Geld für Schutzprojekte in den betreffenden Ländern einsammeln soll. Zum anderen will man in den hiesigen Zoos auf die Bedrohung vieler Tierarten aufmerksam machen, die nicht zur Oberliga von Panda, Tiger & Co gehören, den „Flaggschiff-Tieren“, wie der Berliner Zoochef Andreas Knieriem sie nennt.

„Einmal Haare, einmal Federn, einmal Schuppen“

Und schließlich soll auch noch ein wenig Glanz auf die Zoos und Tierparks fallen, die durch Haltung und eigene Zucht auch in der freien Wildbahn verschwundene Tiere im Sinne einer „Arche Noah“ am Leben erhalten. Damit wehren sie sich auch gegen den von Aktivisten gern formulierten Vorwurf, dass Zoologische Gärten nur tierquälerische Einrichtungen im Dienste der Schaulust seien.

Im Schloss Friedrichsfelde, dem nördlichen Eingang zum Berliner Tierpark, wurde die diesjährige Aktion am Donnerstag vorgestellt. Sven Hammer vom Vorstand der ZGAP, eingerahmt von zwei Plüsch-Gibbons, formulierte das Auswahlprinzip so: „Einmal Haare, einmal Federn, einmal Schuppen.“ Begonnen wurde vor vier Jahren mit dem Leoparden, es folgte der Kakadu und im letzten Jahr die Scharnier-Schildkröte. Hammer betonte, es sei in allen Fällen gelungen, hoher fünfstellige Summen zugunsten von Schutzprojekten aufzubringen und damit dann nachhaltige Wirkungen zu erzielen.

Gibbons als lebende Bar-Dekoration

Es liegt auf der Hand, dass solche Aktionen besser funktionieren, wenn die ausgewählten Tiere sympathisch und niedlich wirken. Der Gibbon mit seinem Kindchenschema-Gesicht tut das, aber das ist auch ein Teil seines Problems. Denn bedroht werden die putzigen Menschenaffen nicht nur durch die zunehmende Zerstörung der Regenwälder zugunsten von Palmölplantagen und anderen einträglichen Nutzungen. Genauso verhängnisvoll wirkt sich die Wilderei aus, denn die Tiere sind zwar weitgehend per Gesetz geschützt, werden aber trotzdem illegal intensiv gejagt, einerseits für den Haustierhandel, andererseits für die Nutzung als Maskottchen im Tourismus für Selfies oder als lebende Bar-Dekoration.

Und ein Jungtier außerhalb des Waldes bedeutet, dass die Eltern mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit von Wilderern getötet wurden, um überhaupt an das Tier heranzukommen. Schnell lässt sich dies nicht wieder aufholen, denn die monogam lebenden Affen werden erst mit acht Jahren geschlechtsreif und bekommen dann nur alle zwei oder drei Jahre einen einzigen Nachkommen.

Am Morgen gibt es mehrminütige Gesänge

In China sind allein in den letzten 20 Jahren zwei Gibbon-Arten für immer verschwunden, wie Hammer erklärt. Von anderen gebe es noch ein paar hundert Tiere, von manchen wisse man nur, dass noch welche da seien. Die Aktion konzentriert sich im Kern auf zwei besonders bedrohte Arten. In Laos soll ein Schutzgebiet der Weißwangen-Schopfgibbons unterstützt werden; das Geld kommt der Ausbildung und Ausrüstung der dort stationierten Ranger zugute. Das andere Projekt befindet sich in Zentralvietnam, wo der Nördliche Gelbwangen-Schopfgibbon lebt.

Dort sollen zwei Schutzgebiete verbunden und um ein noch unerforschtes Waldgebiet ergänzt werden.
Knapp zwei Drittel aller europäischen Zoos und Tierparks besitzen Gibbons. Keins davon stammt allerdings mehr aus der freien Wildbahn, betonte Hammer. Es handele sich durchweg um Zuchttiere aus Zoohaltung, die gegebenenfalls weitergegeben und getauscht werden. Der Berliner Tierpark hat Weißhand-Gibbons, der Zoo Kappengibbons. Typische Gewohnheit im Dschungel wie im Zoo: Die Affen begrüßen sich morgens durch mehrminütige, eher nach einem großen Vogel klingende Gesänge.

Weitere Informationen gibt es unter www.zootierdesjahres.de. Dort sind auch die Spendenkonten zu finden.

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