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Wohnungen sind rar. Hartz-IV-Empfänger können derzeit kaum umziehen - und sollen davon keinen Nachteil haben.

© picture alliance / dpa

Berliner Sozialgericht zu Corona-Regelung: Warum Hartz-IV-Empfänger auch in einer teuren Wohnung leben dürfen

Das Berliner Sozialgericht hat sich erstmals zu Corona-Sonderregelungen geäußert: Auch zu hohe Mieten muss das Jobcenter übernehmen. Eine Klägerin hatte Glück.

Von Fatina Keilani

Angesichts des schwierigen Wohnungsmarktes in der Coronakrise muss das Jobcenter die hohe Miete einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin vorerst weiter übernehmen. Dazu hat das Berliner Sozialgericht das Jobcenter Steglitz-Zehlendorf in einem Eilverfahren verpflichtet. Der Beschluss ist nach Angaben des Gerichts die erste Entscheidung des Sozialgerichts Berlin zu den Hartz-IV-Sonderregelungen, mit denen während der Corona-Krise der Zugang zu Sozialleistungen erleichtert wird.

Geregelt ist das im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), Paragraf 67. Danach müssen die Jobcenter wegen der Corona-Pandemie vorübergehend die jeweils tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als angemessen anerkennen und entsprechende Leistungen gewähren. Das gilt aber nur, wenn der Bewilligungszeitraum zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 beginnt.

Im Falle der Antragstellerin hatte das Jobcenter ihr schon im Juli 2019 mitgeteilt, dass die 990 Euro Miete, die ihre 79 Quadratmeter kosten, zu hoch seien und dass das Jobcenter das nur noch bis März 2020 trage. Ab April würden nur noch die als angemessen erachteten Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 794,92 Euro übernommen.

Die Frau stellte beim Sozialgericht einen Eilantrag und argumentierte, dass wegen der Pandemie keine Wohnungsbesichtigungen mehr angeboten worden seien. Das war für das Gericht glaubhaft.

Mindestens bis September ist die hohe Miete gesichert

Zudem hatte die Frau Glück, denn die neue gesetzliche Regelung passt auf sie - die Kürzung sollte in dem Zeitraum wirksam werden, der vom Gesetz festgelegt wurde. Das Jobcenter hatte das anders gesehen, da die Frau seit Jahren im Leistungsbezug stehe.

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Nun muss das Jobcenter vorerst die tatsächliche Miete weiter übernehmen - bis Ende September 2020, längstens jedoch bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im noch nicht abgeschlossenen Hauptsacheverfahren. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Insgesamt hat das Sozialgericht im April 2020 rund 350 Eingänge weniger verzeichnet als im Vormonat. Es gingen rund 1500 Anträge ein. Da pandemiebedingt der Bedarf an Sozialleistungen stark gestiegen ist, steht jedoch zu befürchten, dass die Zahlen wieder steigen werden.

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