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Bettina Jarasch mit Frank Bruckmann, Vorstandschef und Finanzvorstand der Berliner Wasserbetriebe.

© Carsten Koall/dpa

Berliner sollen Wasser sparen: Umweltsenatorin macht morgens nur „Katzenwäsche“

Volle Pools, ständige Autowäschen? Wegen der Dürre ruft Umweltsenatorin Jarasch eine Zeitenwende aus – und nennt „Luxusverwendungen“, die sie verhindern will.

Alles Weitere könne man ja beim Rundgang besprechen, lautet die Ansage beim Pressetermin am Mittwoch im Wasserwerk Tegel. Dass der Auftakt im überhitzten Konferenzraum möglichst kurz gehalten wird, passt zum Thema.

Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und der Vorstand der Berliner Wasserbetriebe (BWB) haben hierher geladen, um den Beginn einer neuen Ära auszurufen. Und der Rundgang führt durch fensterlose Hallen und Gänge, in denen frisch gefördertes Trinkwasser in Becken und gewaltigen Rohren die Dauerhitze dieses Sommers fernhält.

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Bis zu 200.000 Kubikmeter am Tag kann das Wasserwerk Tegel fördern. Aber auf Förderrekorde wollen die Wasserbetriebe verzichten, weil über die Flüsse kaum noch etwas nachkommt und es mittlerweile im fünften Jahr in Folge zu wenig regnet, um die Grundwasservorräte aufzufüllen.

„Wir leben in einer neuen Zeit“, sagt Jarasch deshalb – und gibt die Parole aus: „Wir müssen Wasser sparen – und dafür möchte ich heute den Startschuss geben.“

Die Senatorin selbst tut das unter anderem, indem sie nach eigener Aussage morgens nur „Katzenwäsche“ betreibt, Jarasch meint damit kurzes Duschen.

Die Umweltverwaltung prüft, ob regelmäßige Autowäsche als "Luxusverwendung" von Trinkwasser notfalls beschränkt werden kann.
Die Umweltverwaltung prüft, ob regelmäßige Autowäsche als "Luxusverwendung" von Trinkwasser notfalls beschränkt werden kann.

© Stefan Jacobs

Damit ist quasi das Gegenteil von dem offiziell, was noch vor zehn Jahren galt: Nicht zu sehr knausern, damit das Abwasser in den Rohren nicht steht und stinkt, hieß es damals. Außerdem seien die Vorräte fast unerschöpflich. Das gilt nun nicht mehr. Seit gut fünf Jahren steigt nicht nur der Gesamtverbrauch, sondern auch der hitzebedingte Mehrbedarf.

„Was wir auf gar keinen Fall mehr haben, ist Zeit“

„Was früher Sommerspitzen waren, sind jetzt Plateaus“, sagt Jens Feddern, Leiter der Wasserversorgung bei den BWB. Dieses Plateau von täglich mehr als 600.000 Kubikmeter Trinkwasserförderung pro Tag ziehe sich inzwischen von März bis Ende September. „Wir haben noch Wasser“, sagt Feddern. „Aber was wir auf gar keinen Fall mehr haben, ist Zeit.“

Jarasch warnt, dass aus dem Sparappell auch eine Pflicht werden könne: „Es ist gesetzlich grundsätzlich möglich, dass wir den Wasserverbrauch reduzieren, wenn wir eine Notlage haben.“ Das gelte ausdrücklich nicht fürs Trinkwasser, aber für „Luxusverwendungen“, etwa das Wässern von Gärten in der prallen Sonne, die Befüllung von Pools und Autowäschen.

Das Wasserwerk Tegel ist eines der beiden größten in Berlin. Es fördert an Spitzentagen bis zu 200.000 Kubikmeter Trinkwasser.
Das Wasserwerk Tegel ist eines der beiden größten in Berlin. Es fördert an Spitzentagen bis zu 200.000 Kubikmeter Trinkwasser.

© dpa/Carsten Koall

Zugleich bekennt sich Jarasch zur Riesenaufgabe, aus Berlin eine „Schwammstadt“ zu machen, in der der spärliche Regen nicht mehr in die Gewässer geleitet wird, sondern an Ort und Stelle oder im nächsten Teich versickert oder für die Toilettenspülung gespeichert wird.

Für eine „Schwammstadt“ müssten Flächen radikal entsiegelt werden

Nichts davon ist in Berlin bisher Standard, zumindest nicht im Bestand. Nur für Neubauten sind Einleitungen von Regenwasser in die Kanalisation verboten. Aber für eine „Schwammstadt“ müssten Flächen radikal entsiegelt werden, was Kämpfe etwa um Parkplätze und Neubauten bedeuten wird.

Jarasch bekennt sich zum Ziel, den Saldo der Neuversiegelung von Flächen bis 2030 auf Null zu bringen – und fügt hinzu, dass das harte Verhandlungen mit der Bauverwaltung bedeute. Massiven Spardruck über die Preise wird es zumindest bis Ende 2023 nicht geben: So lange sind die Tarife für Wasser und Abwasser konstant. Wie sehr sie danach steigen, ist noch offen.

Klar ist, dass die Wasserbetriebe massiv investieren müssen: Die ehemaligen Wasserwerke Jungfernheide und Johannisthal werden reaktiviert, die Klärwerke – deren Abläufe in die Gewässer münden, von deren Ufern wiederum zwei Drittel des Trinkwassers stammen – werden bis 2030 für zwei Milliarden Euro aufgerüstet.

Feddern hat noch ein weiteres Argument zum Sparen: Ein Kubikmeter Wasser wiege eine Tonne. Entsprechend groß sei der Energieeinsatz für Förderung und Pumpen. Sein Chef, BWB-Vorstand Frank Bruckmann, ergänzt, dass die Energie fürs Warmwasser noch obendrauf komme. „Insofern sind die Wasserhähne mit Einhebelmischer unsere Feinde. Denn die stehen meist in der Mittelstellung statt auf Kalt.“

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