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Immer wieder wird um Zwangsmittel in Psychiatrien gestritten - gerade nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes 2011.

© Sebastian Kahnert/ dpa

Berliner Senat: Bessere Kontrollen in Berliner Psychiatrien

Ein neues Gesetz soll dafür sorgen, dass Psychiatrien in Berlin sorgfältiger kontrolliert werden. Immer wieder diskutieren Experten, ob und wie lange einem Patienten Zwang angetan werden darf.

Der Senat hat sich auf ein neues Gesetz für psychisch Kranke geeinigt. Das PsychKG genannte Gesetz musste auch überarbeitet werden, weil das Bundesverfassungsgericht 2011 verlangte, die aus den 80ern stammende Vorschrift zu verbessern: Zwangsmittel – etwa Beruhigungstabletten – dürften nur in engen Grenzen eingesetzt werden. Vereinfacht gesagt, bekommen Patienten in Berliner Psychiatrien bald insofern mehr Rechte, als dass Kontrolleure die dortigen Abläufe genauer prüfen werden.

Eine Beschwerdestelle soll Experten auf die Stationen schicken dürfen. „Die Stelle wird von Weisungen unabhängig sein“, sagte Gesundheitssenator Mario Czaja (CU) am Dienstag. „Psychiatrie findet immer im Spannungsfeld zwischen Selbstbestimmung der Patienten und Rat der Ärzte statt.“

Fachleute streiten über Art und Dauer von Zwang

In den kommenden Wochen stimmt das Abgeordnetenhaus über den Entwurf ab; weil die Koalitionsparteien dort die Mehrheit stellen, gilt eine Verabschiedung als sicher. Wie bei verfolgten Verdächtigen streiten Fachleute bei psychisch Kranken über Art und Dauer von Zwang: Wann darf die Polizei einen psychisch Kranken in die Klinik bringen, ab wann dürfen Beruhigungsmittel eingeflößt oder ein Patient am Krankenbett fixiert werden?

Viele psychisch Kranke haben einen Betreuer, der Zwangsmitteln zustimmen muss. Weil das aber nicht für alle Nerven- und Seelenkranken gilt – etwa, weil das Leben bislang auch ohne Betreuer klappte – ist zuweilen kein gerichtlich anerkannter Betreuer da. Dann kann ein Patient bei Gefahr für Leben und Gesundheit ruhiggestellt werden. In der Praxis werden die unabhängigen Kontrolleure viel zu tun haben, denn jeder Patient hat eine eigene Leidens- und Aggressionsgeschichte und in jeder Klinik gehen Ärzte und Pflege ein wenig anders vor.

Viele gehen freiwillig in die Psychiatrie

Rund 45 000 Fälle werden jedes Jahr in den Psychiatrien der Berliner Kliniken versorgt. Nur 4,25 Prozent davon sind Patienten, deren Einweisung ein Gericht angeordnet hat. Tatsächlich, das berichten Ärzte, melden sich viele Verhaltensauffällige freiwillig und bitten um Hilfe. In Berlin gibt es derzeit 2800 psychiatrische Klinikbetten. Sie sind zu 98 Prozent belegt, oft 20 Tage vom gleichen Patienten am Stück.

Die Grünen hatten die ersten Entwürfe für die Novellierung des PsychKG noch kritisiert. Die Opposition wird sich nun bald im Abgeordnetenhaus dazu äußern.

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