zum Hauptinhalt
Mailand mit Mundschutz: Der Norden Italiens ist vom Virus am stärksten betroffen.

© dpa

Update

Berliner Schulen und der Coronavirus: Eltern in Sorge wegen Klassenreise nach Norditalien

Wegen des Coronavirus sind auch Berliner Schulleiter verunsichert. Bildungssenatorin Scheeres hat einen Krisenstab eingerichtet.

Während an diesem Donnerstagmorgen in der Berliner Bildungsverwaltung erstmals ein kleiner Corona-Krisenstab tagen sollte, packten 19 Schüler der Tempelherren-Grundschule gerade ihre Koffer, um ins Corona-geplagte Norditalien aufzubrechen: Am frühen Abend soll es losgehen, wie Schulleiter Frank Dieckmann am Vormittag auf Anfrage bestätigte.

„Es ging stundenlang hin und her, aber dann wurde doch entschieden zu fahren“, hatte ein Elternteil dem Tagesspiegel am Mittwochabend berichtet. Betroffen seien Schüler aus verschiedenen Klassen.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen:leute.tagesspiegel.de]

Die Sorgen der Familien sind sehr unterschiedlich gelagert: Während die einen überlegten, ob es sich wegen einer einwöchigen Skireise wirklich lohne, das Risiko von Erkrankung oder zumindest Quarantäne auf sich zu nehmen, haderten jene, die ihre Kinder nicht zur Reise angemeldet hatten, mit der gesteigerten Ansteckungsgefahr für die Lehrer und die knapp 300 Schüler, die in Berlin bleiben und anschließend wieder mit den Rückkehrern Seite an Seite im Klassenraum sitzen würden.

Zwei Grundschulgruppen fahren heute nach Südtirol

Jene, die für die Reise votierten, argumentierten damit, dass Südtirol kein Risikogebiet sei. So sahen es auch viele Eltern der Mascha-Kaleko-Grundschule im gleichen Bezirk, die die Reise zusammen mit der Tempelherren-Schule geplant hat. 18 Schüler wollten mitfahren, berichtete Schulleiter Keith Zimmermann dem Tagesspiegel am Donnerstagavormittag. Ein Drittel der Schüler trat wenig später von der Reise zurück, sodass letzten Endes 12 Schüler die Reise angetreten wollten, ließ Zimmermann am Nachmittag ausrichten.

Vor einer ähnlichen Situation dürften in diesen Tagen unzählige Schulen stehen. Entsprechend zugenommen haben die verunsicherten Nachfragen - auf die noch nicht alle Schulleiter eine Antwort wissen – und auch keine einfachen Antworten bekommen, wenn sie ihre Schulräte fragen. „Die Schulräte wollen sich nicht festlegen, weil sie nicht für Stornogebühren aufkommen wollen“, mutmaßte das Elternteil.

Die Stornofrage ist ein Problem

Tatsächlich ist die Stornofrage ein Problem: Da das Auswärtige Amt keine Reisewarnung für Italien ausgesprochen hat, dürfte es schwierig bis unmöglich sein, die Kosten erstattet zu bekommen.

Aber nicht nur Klassenreisen werfen Fragen auf – auch sonst steigt der Informationsbedarf an den Schulen wegen Coronavirus und Infektionsschutz. Daher habe Bildungssenatorin Sandra Scheeres den Krisenstab eingerichtet, teilte Staatssekretärin Beate Stoffers (beide SPD) mit.

In den Tiroler Schnee zieht es auch Berliner Schulklassen.
In den Tiroler Schnee zieht es auch Berliner Schulklassen.

© promo

Zudem wandte sich die Bildungsverwaltung gegen 18 Uhr mit einem Rundschreiben an die Schulaufsichtsbeamten. Abteilungsleiter Christian Blume begründete dies mit „zahlreichen Anfragen aus den Schulen“ und verwies die Schulräte auf die Hotline der Senatsverwaltung für Gesundheit (täglich von 8 bis 20 Uhr unter (030) 9028-2828 zu erreichen).

Die Hotline diene „der telefonischen Klärung, ob jemand als Abklärungsfall zu betrachten ist“. Um einen solchen handele es sich, wenn man

Dies gelte „selbstverständlich“ auch für alle Beschäftigten sowie für die Schülerinnen und Schüler, so Blume weiter. Der Abteilungsleiter äußerte sich auch zum Thema Schülerfahrten. Da bleibe es bei der Empfehlung, sich an den Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes zu orientieren.

Klassenreise nach Norditalien? Nein, sagt ein Schulleiter kategorisch

Für Italien gibt es zwar keine Reisewarnung. Es gibt aber Ein- und Ausreiseverbote für mehrere Orte in der Region Lombardei und Venetien. Für die nächsten Tage bleiben Schulen und Universitäten in den Regionen Lombardei, Venetien, Emilia Romagna, Piemont, Friaul-Julisch-Venetien und der autonomen Provinz Trient geschlossen.

Beim Landeselternausschuss gab es am Mittwoch nur „eine Frage allgemeiner Natur zum Thema Coronavirus“, berichtete der Vorsitzende Norman Heise auf Anfrage. Die Schulausschussvorsitzende von Tempelhof-Schöneberg, Martina Zander-Rade, sagte dem Tagesspiegel, „ich als Mutter würde mein Kind nicht mitfahren lassen“.

Auf die Frage, ob er seine Schüler aktuell auf Klassenreise nach Norditalien fahren lassen würde, kam vom Leiter des Pankower Rosa-Luxemburg-Gymnasiums, Ralf Treptow, ein klares „Nein“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false