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Ringbahn S41 der Berliner S-Bahn. Pünktlich? Ist alles unter vier Minuten Verspätung.

© imago images/Seeliger

Berliner S-Bahn zieht Bilanz zur Jahreshälfte: Fußgänger auf Gleisen sind immer häufiger Grund für Störungen im Bahnverkehr

97 Prozent der S-Bahn-Fahrten sind pünktlich – doch immer häufiger gibt es Störungen, weil Menschen auf den Gleisen unterwegs sind.

Von Ronja Ringelstein

Schön, wenn es mal gut läuft. Während andere Unternehmen während der Corona-Pandemie eine Krise nach der nächsten bewältigen müssen, herrscht bei der S-Bahn eitel Sonnenschein. Bei einer Pressekonferenz konnte die Tochter der DB Regio erneut verkünden, noch pünktlicher geworden zu sein.

Zu Beginn der Pandemie musste die S-Bahn ihr Angebot zwar wegen Ausfällen von Mitarbeitern um zehn Prozent reduzieren, aber „inzwischen fahren wir das Angebot wieder uneingeschränkt“, sagte S-Bahn-Chef Peter Buchner.

Durch die 2018 gestartete und 30 Millionen Euro schwere Qualitätsoffensive werde die S-Bahn „pünktlicher, zuverlässiger und auch schöner“, sagte Alexander Kaczmarek, DB Konzernbevollmächtigter für Berlin. Die Züge hätten seit Januar 2020 eine durchschnittliche Pünktlichkeit von über 97 Prozent. Im vergangenen Jahr lag sie demnach bei 96,1 Prozent.

Damit hält die S-Bahn die Quote von 96 Prozent, die der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg vorgibt, das zweite Jahr in Folge ein – wenn im kommenden Halbjahr nichts mehr schiefgeht. Als „pünktlich“ gilt ein Zug, der weniger als vier Minuten Verspätung hat.

Die S-Bahn kann sich allerdings mit der Verringerung von Signalstörungen und Verbesserung von Weichenstandards noch so viel Mühe geben: Ihr größtes Problem sind Menschen auf den Gleisen. Im ersten Halbjahr 2020 habe es eine deutliche Steigerung der Fallzahlen gegeben. Im ganzen Jahr 2018 sei es so zu 48.000 Verspätungsminuten gekommen.

Für das Jahr 2020 sei dieser Wert bereits jetzt erreicht. Es könnte also zu einer Verdopplung der Fallzahlen kommen. „Wir tun alles, damit unser System besser wird, gleichzeitig wächst dieser Berg an, ohne, dass wir ihn ernsthaft beeinflussen können“, sagte Kaczmarek. Denn das Herumlaufen auf Gleisen sei nicht nur lebensgefährlich, sondern führe auch zu massiven Störungen im System, weil immer der gesamte Zugverkehr unterbrochen werden müsse.

Am Ostbahnhof und am Gesundbrunnen sind besonders häufig Menschen auf den Gleisen

An zwei „Hotspots“ gebe es besonders häufig Personen auf oder am Gleis: Gesundbrunnen und Ostbahnhof. Am S-Bahnhof Gesundbrunnen, Knotenpunkt mit acht S-Bahnlinien, sechs Regional- und weiteren Fernverkehrslinien, habe es beispielsweise innerhalb eines Zeitraums von nur zehn Tagen in diesem Jahr fünf Vorfälle gegeben. Diese hätten jeweils zu Störungen von 30 bis 90 Minuten geführt.

Am Ostbahnhof wurden im Rahmen der Offensive bereits extra „Bahnsteigendtüren“, Gitter am Ende des Bahnsteigs, eingebaut, damit Unbefugte nicht mehr so einfach aufs Gleis können. Viel machen könne die S-Bahn in so einem Fall nicht, sie verständigt die Bundespolizei und ist dann von deren Ansage abhängig, wann der Betrieb weitergehen darf. Die Bahn hofft, dass Aufklärung dazu beiträgt, das Bewusstsein für die Gefahr zu erhöhen.

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Die S-Bahn selbst verursachte im ersten Halbjahr 2020 6,9 Prozent weniger Störungen der Leit- oder Sicherungstechnik und 8,2 Prozent weniger Fahrzeugstörungen im Vergleich zu 2019. Das liege an optimierter Fahrzeugtechnik und Infrastruktur. Auch neue Lokführer sind in Ausbildung, bis zum Jahresende sollen 65 ihre Ausbildung beendet haben. Um Weichenstörungen zu verringern, wurden auf der Stadtbahn rund 80 Prozent der Weichen hochgerüstet.

„Hightech“-Farbe soll gegen Graffiti helfen - die sind dann einfach abwaschbar

Die Baureihe 481 – vor rund zehn Jahren noch ein Sorgenkind der damals kaputtgesparten S-Bahn – wird immer weiter umgerüstet. Die Fahrzeuge, die schon rund 20 Jahre alt sind, sollen noch mal so lange machen. Dafür bekommen sie neue Technik und Ausstattung – die Sitze kommen in Königsblau mit schwarzen Kacheln. Jedes Jahr sollen so hundert Züge fit gemacht werden.

Bis zum Jahresende sollen außerdem mehr als 90 Bahnhöfe durch künstlerische Wandgestaltungen und bauliche Veränderungen verschönert werden. Für die Wände nutzt die Bahn demnach nun eine Farbe, von der Graffiti später mit Wasser einfach abgespült werden können. Bisher muss allein die S-Bahn jährlich fünf Millionen Euro ausgeben, um Graffiti zu beseitigen. Leider gebe es bislang noch keine ähnliche „Hightech“-Farbe für Züge, die funktioniere nur auf Wänden, hieß es.

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