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Barbara Slowik, Berlins neue Polizeipräsidentin. +

© Christophe Gateau/dpa

Exklusiv

Berliner Polizeipräsidentin zum Corona-Protest: „Potenzial und Brutalität der Gewalt waren immens“

77 Polizisten wurden verletzt, 257 Strafverfahren eingeleitet. Barbara Slowik spricht von massiven Angriffen und rechtfertigt den Einsatz der Wasserwerfer.

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat vor einer zunehmenden Brutalität der Corona-Demonstranten gewarnt. Sie sagte dem Tagesspiegel mit Bezug auf die Proteste am Mittwoch: "Wir sind vom ganz bunten Publikum weggekommen und haben es zunehmend mit einem Spektrum von Menschen zu tun, die unser System generell ablehnen und bereit sind, dafür extreme Gewalt anzuwenden."

Bei den Demonstrationen rund um den Reichstag und am Brandenburger Tor wurden 77 Einsatzkräfte der Polizei verletzt. Laut einem Lagebericht der Behörde wurden die Beamten massiv angegriffen. Es soll versucht worden sein, den Polizisten die Helme vom Kopf zu zerren. Bei einigen Einsatzkräften sollen die Visiere hochgerissen worden sein, die Angreifer sprühten ihnen Reizgas ins Gesicht.

Einer Beamtin, die keinen Helm trug, wurde mehrfach gegen den Kopf getreten. Sie kam in ein Krankenhaus. Insgesamt leitete die Polizei 257 Strafverfahren ein, unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, tätlicher Angriffe und versuchter Gefangenenbefreiung

Slowik sagte dem Tagesspiegel: "Das Potenzial und die Brutalität der Gewalt am Mittwoch waren immens. Einzelne Stimmen haben mir gesagt, sowas haben wir in Berlin seit Jahrzehnten nicht erlebt." Man habe feststellen müssen, dass die auf Kommunikation fokussierte Strategie der Berliner Polizei bei den Corona-Demonstranten nicht trägt. "Wir haben die Besonderheit, dass tausende Menschen gleichzeitig die Regeln verletzen."

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Die Polizei habe am Mittwoch schon frühzeitig und vor dem offiziellen Versammlungsbeginn Demonstranten und auch den Versammlungsleiter angesprochen und auf die Einhaltung der Auflagen hingewiesen. Kaum jemand sei den Aufforderungen nachgekommen. Ab 12.30 Uhr wurden deshalb vor dem Brandenburger Tor Wasserwerfer eingesetzt.

40 Hooligans wollten zum Reichstag vordringen

Der Wasserwerfer habe zu einer schnelleren Zerstreuung der Menschen geführt, sagte Slowik. "Wir haben ihn aber bewusst nur regnen lassen, um es den Menschen ungemütlich zu machen. Es waren ja auch Kinder auf der Demonstration und es ist für unseren Einsatz erstmal egal, ob die als Schutzschild betrachtet wurden."

Die Polizei setze die Corona-Regeln verhältnismäßig durch. "Der Wasserwerfer ist ein Einsatzmittel, mit dem wir sehr sensibel umgehen", sagte Slowik.

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Insgesamt zeigte sie sich mit dem Polizeieinsatz aber zufrieden. "Die Herausforderung das Parlament zu schützen, haben meine Kolleginnen und Kollegen sehr gut gemeistert." Es seien Durchbruchsversuche in Richtung des Reichstags abgewehrt worden.

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Rund 40 Hooligans sollen versucht haben, dorthin vorzudringen. Slowik wiederholte ihre Forderungen nach einer Begrenzung der Teilnehmerzahl bei Demonstrationen auf zum Beispiel 100 Menschen.

Über die vergangenen Wochen und Monate könne niemandem mehr entgangen sein, mit wem er dort auf der Straße demonstriere. "Ich würde heute nicht mehr akzeptieren, dass Menschen sagen, ihnen ist nicht klar, dass sie dort mit Rechtsextremisten auf dem Platz stehen."

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Mit Blick auf die Bedrohungen und Belästigungen von Bundestagsabgeordneten im Parlament sagte Slowik: "Für die Vorgänge im Parlament ist die Polizei Berlin weder zuständig noch verantwortlich."

AfD-Abgeordnete hatten rechten Medienaktivisten und Corona-Demonstranten Zugang in den Bundestag verschafft, wo sie Abgeordnete filmten, einschüchterten und beleidigten.

Der Infektionsschutz wurde "rigoros missachtet"

Insgesamt, schätzt die Polizei, waren am Mittwoch in der Spitze 9000 Menschen bei den verschiedenen Demonstrationen im Regierungsviertel. 2523 Polizisten wurden eingesetzt, 854 davon waren Unterstützungskräfte aus anderen Bundesländern.

Die Infektionsschutzmaßnahmen wurden von den Demonstranten "rigoros missachtet", teilt die Polizei am Donnerstag mit. Weder wurden Mindestabstände eingehalten, noch trugen die Teilnehmer einen Mund-Nasen-Schutz. (Mitarbeit: Maria Kotsev)

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