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Revolution? Der ganz große Piratenaufstand blieb dann doch eher aus.

© dpa

Berliner Piratenpartei: Sie hatten die Pest an Bord

Gekentert sind sie nicht, immerhin! Doch die Piraten entern wohl kein zweites Mal das Abgeordnetenhaus. Fünf Jahre währte ihre Fahrt – und ständig ging einer über Bord. Eine Manöverkritik.

Falls es zuletzt etwas untergegangen ist: Sie streiten sich noch immer. Ach was, streiten: Das klingt viel zu sachlich, zu politisch. Zanken ist das bessere Wort, weil destruktiver, kindischer. Wobei, das klingt nun wieder nach „Mama wird’s schon schlichten“. Und Mama hat hier längst verloren.

Lange her, dass es die Berliner Piratenfraktion mit Mediation versuchte. Bereits im Dezember 2011 war das, nicht einmal 100 Tage, nachdem die Piratenpartei mit 8,9 Prozent sensationell ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen war – und mit ihr die Hoffnung auf mehr Transparenz in der Politik und eine völlig neue Form von Basisdemokratie. Eins hat die Gruppe immerhin bis heute geschafft: als Fraktion zusammenzubleiben, trotz zahlreicher Parteiaustritte. Aber wie!

In Umfragen lagen sie zuletzt zwischen nicht messbar und drei Prozent

Ein zitierfähiges Beispiel für verkommene Sitten: Da kommentiert Gerwald Claus-Brunner – das ist der mit dem Kopftuch und der Latzhose – im Abgeordnetenhaus ein Gesetz zur Zusammenführung der Planetarien und Sternwarten in eine Stiftung. Es ist Claus-Brunners letzte Wortmeldung im Parlamentsplenum vor der Sommerpause und mutmaßlich die letzte hier in seinem Leben. Im September wird gewählt, Claus-Brunner steht auf Platz 26 der Landesliste der Piraten, die in Meinungsumfragen zuletzt zwischen nicht messbar und drei Prozent lagen.

Er spricht von seinen Mühen, mit schriftlichen Anfragen – 20 an der Zahl – „in diesem Bereich von Filz und Korruption Licht ins Dunkle“ zu bringen. Leider seien die aber unzureichend beantwortet worden. So richtig verständlich machen, wo das Problem liegt, kann Claus-Brunner in dem kurzen Beitrag nicht. Auch nach fast fünf Jahren im Parlament wirkt er am Rednerpult seltsam deplatziert, wibbelt in der Hüfte, während er schematisch zwischen abgelesenen Phrasen und strengen Blicken ins Publikum wechselt. Die treffen auch die eigene Fraktion: Auch sie habe ihn nicht unterstützt, angegriffen gar. „Geh mal zum Arzt!“, ruft irgendwann Alexander Morlang, Sprecher für Forschung und Technologie mit langen Haaren und offenkundig kurzer Zündschnur, und bekommt daraufhin von Parlaments-Vizepräsidentin Anja Schillhaneck zu hören, dass „Geh mal zum Arzt!“ ja wohl „mal gar nicht“ gehe. Tage später wird Schillhaneck sagen, sie habe da eine Fraktion am Tiefpunkt erlebt.

Sie eilen von Tiefpunkt zu noch tieferem Tiefpunkt

Aber ist das so? Tiefpunkt? Echt jetzt? Eilen diese Piraten nicht seit fast fünf Jahren, seitdem mit dem unverhofften Berliner Wahlerfolg die ganz große Aufmerksamkeit kam, von Tiefpunkt zu noch tieferem Tiefpunkt? Die Berliner Fraktion ebenso wie die Bundespartei?

Piraten – das sind doch die, deren einstiger Bundesgeschäftsführer Johannes Ponader mit 1,0er-Abi, Trekkingsandalen und der Ansicht, keiner Lohnarbeit nachgehen zu müssen, in die Talkshow-Hölle einfuhr und seine Partei mit in den Abgrund riss. In der man sich fürchterlich in die Haare bekam, weil die Berliner Bezirksverordnete Anne Helm auf einem Foto barbusig britischen Bombern für den Untergang deutscher Städte anno 1945 dankte. Und die sich mit solchen Querelen von bundesweiten Umfragehöchstwerten von 13 Prozent im Frühjahr 2012 erfolgreich zurück in die Bedeutungslosigkeit geschrumpft hat. Auch personell: Nach Angaben der Fraktionspressestelle, die sich aber auch nicht ganz sicher ist, sind derzeit nur noch acht der 15 Berliner Abgeordneten Parteimitglieder. Kann es für diese Leute noch einen tieferen Tiefpunkt geben?

Den kompletten Artikel lesen Sie am Sonnabend, 20. August, auf den Mehr Berlin-Seiten des gedruckten Tagesspiegels - oder hierr nur 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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