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Steve Thiede, Techniker der Waldbühne, überwacht die Wartungsarbeiten.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berliner Open-Air-Saison eröffnet: Frühjahrsputz in der Waldbühne

Während Rammstein am Freitag die Wuhlheide wiedereröffnen, wird in der Waldbühne noch geschuftet. Denkmalschutz, viel Wald und ein gespenstig wirkender Star-Tunnel fordern besonderen Einsatz.

Wenn Neil Young heute Abend sein Konzert hätte, würde er sich wahrscheinlich an die Naturwiesen beim Woodstock-Festival erinnert fühlen: Zwischen den Sitzreihen, die sich wie eine Wand vor dem Künstler aufbauen, schauen die Löwenzahnblüten hervor. Auch in dem Halbrund vor der Bühne sprießen sie aus dem harten Sand und schicken ihre flauschigen Samen hinauf zu den Brettern, auf denen am 2. Juni die Open-Air-Saison in der Waldbühne eröffnet wird. In der Wuhlheide am anderen Ende der Stadt ist man da schon weiter: Hier ist schon alles bereitet für die beiden ausverkauften Konzerte von Rammstein heute und morgen.

In der Waldbühne ist der Weg der Stars noch naturbelassen: Im Eingang zum Bühnenbunker, durch den ein enger Betontunnel zum Bühnenausgang führt, liegt ein feuchter Laubhaufen. „Vorsicht, Rutschgefahr!“, warnt Cheftechniker Steve Thiede. Dass die Waldbühne ihren Namen verdient, merkt der 33-Jährige vor allem jetzt, bei den Vorbereitungen für die Sommersaison. Laub fegen ist da noch die geringste Arbeit. „Der Eichenprozessionsspinner ist hier auch ein Thema, wir haben alle Bäume besprüht“, sagt Thiede. Eine weitere Baustelle sind die Zäune, die über den Winter oft von herabfallenden Zweigen beschädigt werden. „In meinem nächsten Leben werde ich Förster“, scherzt Thiede.

Der Tunnel der Stars sieht schon gut aus: Als erster wird hier Neil Young am 2. Juni durchlaufen.
Der Tunnel der Stars sieht schon gut aus: Als erster wird hier Neil Young am 2. Juni durchlaufen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Richtig angezogen ist er dafür schon mal: Seine Outdoorjacke hält den Regen und die Kälte ab. Die Techniker, die gerade in der Dachkonstruktion der Bühne arbeiten, beneidet er trotzdem nicht. Ein scharfer Wind pfeift durch die Arena und lässt die dicken Unkrautbüschel im Fußraum zwischen den Sitzreihen zittern. Kein ideales Wetter für den Beginn der Freiluftsaison. Kleine Schauer lösen sich aus den Baumkronen und prasseln auf den Kies. Der leuchtet in sauberem Hellbraun, frisch aufgeschüttet und gepresst.

Rein technisch gesehen könnte die Show schon losgehen. „Die Alustreben an der Bühne und die PA-Tower für die Boxen sind schon fertig installiert", sagt Steve Thiede. Das Licht- und Ton-Equipment bringen ohnehin die Tour-Trosse der Künstler mit. Die richten sich im Backstagebereich rechts der Waldbühne ein: In gelben, einstöckigen Häuschen liegen die Garderoben und der Küchenbereich. Dort wird schon eifrig geschrubbt. Linker Hand stapeln sich Container. „Heutzutage braucht ja jeder eine eigene Garderobe“, sagt Thiede. Deshalb hat die Waldbühne Extra-Container anliefern lassen. Ansonsten gibt es hier nicht mehr viel zu tun. Gestrichen wurde erst letztes Jahr, damit müssen die Damen und Herren Stars sich zufriedengeben.

Der Wildwuchs auf den Rängen der Waldbühne muss vor dem Start der Sommerkonzert-Saison noch entfernt werden.
Der Wildwuchs auf den Rängen der Waldbühne muss vor dem Start der Sommerkonzert-Saison noch entfernt werden.

© Kitty Kleist-Heinrich

Auch Thiede ist zufrieden: Dieses Jahr gibt es nur wenige Wartungsarbeiten. Bis auf einen kleinen Wasserschaden ist alles in Ordnung. Das ist nicht immer so. Im Winter wird das Wasser abgelassen und der Strom abgedreht. „Da hat man schon mal die ein oder andere Überraschung erlebt“, erzählt Thiede. Momentan hat er es eher mit kleinen Reparaturen zu tun. Ein Techniker schraubt von einer meterhohen Trittleiter an einer Laterne im Eingangsbereich herum, an einer Stufe ist eine Fliese abgebrochen. „Da die Waldbühne unter Denkmalschutz steht, muss das auch wieder originalgetreu ersetzt werden“, erklärt Thiede. Der ockergelbe Naturstein, aus dem die unzähligen Stufen an den Aufgängen gefliest sind, findet sich neuerdings auch zwischen den Rängen. Die hellen Mäuerchen mit den glänzenden Gittern heben sich strahlend ab von den moosbewachsenen Sitzflächen und den unkrautüberwucherten Rängen. Denn zwei große Aktionen haben Thiede und sein Team noch vor sich: Eine Grünpflegefirma wird in der kommenden Woche Löwenzahn und Grasbüschel niedermähen und die Wurzeln aus dem Boden hacken. „Wir wollen frisch geschnitten in die Saison starten“, sagt Thiede. Etwa 20 Personen sind nötig, um den Wildwuchs zu beseitigen. Danach steht die Grundreinigung an. Die Bänke müssen vom Moosschleier befreit, die Bühne gefegt, die Toilettenanlagen geputzt werden. Damit die Zuschauer nicht nur sauber sitzen, sondern auch ihr Pausenbier genießen können, richten sich gerade die Caterer ein. Einige haben schon ihre Herde geputzt und ihre Hütten neu angestrichen. Und für den Fall der Fälle haben die Sanitäter ihr Zelt am Fuß der Bühne aufgeschlagen.

Ab dem 2. Juni gibt es hier streckenweise alle drei bis vier Tage ein Konzert. Dazugekommen ist Bon Jovi am 18. Juni, der eigentlich im Olympiastadion spielen sollte. Während für Thiede, der auch die technische Leitung im Tempodrom innehat, und seine drei Mitarbeiter gerade die stressigste Zeit des Jahres beginnt, nähert sich für zwei andere Mitarbeiter der Urlaub. Die Hundehütten gegenüber dem Eingang sind gerade verwaist, nachts wachen hier im Winter ein Schäferhund und ein Kaukasier über das Gelände. Kommende Woche werden ihre menschlichen Kollegen dann einziehen, dazu ein weiterer neuer Kollege aus der Sicherheitsbranche: Eine elektronische Eingangskontrolle feiert hier zusammen mit Neil Young Premiere. Zwei Zuschauer werden aber trotz Scannerkontrolle ohne Eintrittskarten dem Rockstar lauschen können, und das aus nächster Nähe. Zwei Eulen gehören zum festen Inventar der Waldbühne und haben es sich unter dem Kuppeldach gemütlich gemacht, eine in der linken, die andere in der rechten Kuppelspitze. Noch fehlen sie, aber die Mitarbeiter erwarten sie zum Saisonstart. „Die lauschen dann immer den Konzerten“, sagt Steve Thiede und schaut hinauf in das Kuppeldach.

Neil Youngs Konzert am 2. Juni ist noch nicht ausverkauft, die Karten kosten 81,80 Euro. Alle Infos zu den Konzerten finden Sie auf: www.waldbuehne-berlin.de. Alle Konzerte in der Wuhlheide finden Sie auf www.wuhlheide.de

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