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Jérôme Boateng hat bereits einen WM-Titel und bekommt nun auch den Moses-Mendels-Mendelssohn Preis für sein soziales Engagement.

© Reuters

Berliner Moses-Mendelssohn-Preis: Jérôme Boateng ausgezeichnet für Toleranz

In Berlin werden drei Mendelssohn-Ehrungen an einem Tag verliehen. Auch Fußballstar Jérôme Boateng steht demnach in der Tradition des Berliner Philosophen.

Jérôme Boateng hat als Sportler schon alles erreicht: Geprägt auf Berliner Sportplätzen ist er seit Jahren erfolgreich mit dem FC Bayern München, 2014 dann der WM-Titel, jetzt Fußballer des Jahres. Nun ist eine ganz andere Ehrung hinzugekommen – der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat Boateng am Dienstag im Festsaal des Roten Rathauses mit dem „Moses-Mendelssohn-Preis des Landes Berlin“ ausgezeichnet. Der namensgebende Philosoph war zu seinen Lebzeiten im 18. Jahrhundert weniger für herausragendes Abschneiden in Leibesübungen bekannt. Als Vertreter der Aufklärung ist er bis heute vielmehr Symbolfigur für Toleranz gegenüber Andersdenkenden, zwischen Völkern und Religionen.

In dieser Tradition steht demnach auch der 29-jährige Kicker Boateng. Den Preis bekommt er laut Müller für sein soziales Engagement und seine Vorbildfunktion, die Jugendliche gerade auch in bildungsfernen Familien ermutige. Außerdem gab es an Boatengs Seite, wie schon einige Male seit dem Beginn dieser Preisverleihungen im Jahr 1979, noch einen zweiten Preisträger. Gemeinsam mit dem Sportstar wurde der evangelische Theologe Peter von der Osten-Sacken für seine Beiträge zur christlich-jüdischen Verständigung ausgezeichnet. Die vom Senat gestifteten 10.000 Euro Preisgeld werden geteilt.

Zwei Ehrungen, ein recht ähnliches Anliegen

Der Preis ging auch schon einige Male an weniger bekannte Persönlichkeiten als in diesem Jahr. Drei Kilometer weiter, in der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße, dürfte die Promidichte bei der Verleihung der undotierten Moses Mendelssohn Medaille hingegen wie gewohnt hoch gewesen sein. Die seit 1993 vom Potsdamer Moses-Mendelssohn-Zentrum für Europäische Studien verliehene Auszeichnung ging dort – ebenfalls am Dienstagabend – an die Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz für ihr Wirken als Schauspielerin, Schriftstellerin und Suhrkamp-Verlegerin.

Medaille und Preis – zwei verschiedene Ehrungen, ein recht ähnliches Anliegen: Auch Unseld-Berkéwicz hat sich demnach „im Sinne und in der Tradition des Denkens von Moses Mendelssohn für Toleranz und Völkerverständigung und gegen Fremdenfeindlichkeit engagiert“. 2015 erhielt der Verleger und Kunsthistoriker Hubert Burda die Medaille, in der Vergangenheit wurden auch schon der Dirigent und Pianist Daniel Barenboim und Verlegerin Friede Springer bedacht.

Kein Dreier-Selfie

Dass die Mendelssohn-Ehrungen auf einen Tag fielen, hat natürlich mit dem Geburtstag des Berliner Philosophen zu tun. Vielleicht müsste man sogar sagen: mit seinem angeblichen Geburtstag.

Denn seit gut 20 Jahren ist eine Korrekturthese der streitbaren Germanistin Eva Engel in der Welt. Sie behauptet, dass Mendelssohn bei genauer Betrachtung des jüdischen Kalenders nicht am allgemein anerkannten Datum 6. September 1729 zur Welt gekommen ist, sondern schon Ende August 1728. Die Fachwelt hat auf diesen Umsturzversuch ziemlich verhalten reagiert, 2013 verstarb die Mendelssohn-Forscherin Eva Engel hochbetagt. Spätestens jetzt, mit der dreifachen Preisverleihung am 6. September 2016, dürften nun aber alle Zweifel, die diesen Termin überschatten, endgültig weggewischt sein.

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