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Bei gutem Wetter kommen tausende Berliner und Touristen in den Mauerpark.

© Gregor Fischer/dpa/picture alliance

Berliner Mauerpark: Fürs Karaoke-Aus will niemand verantwortlich sein

Vorerst kein Karaoke im Mauerpark. Der Bezirk nennt als Grund Arbeiten der Wasserbetriebe. Doch die sagen, ihre Baustellen seien ausreichend gesichert.

Eine spontane, riesige Tanzaktion im strömenden Regen, ein kleines Mädchen, das eine perfekte Show abliefert, ein unerwarteter Heiratsantrag und ein junger Mann, der bei seinem Auftritt charmant versagt. Joe Hatchiban kann die Momente gar nicht zählen, die für ihn das Mauerpark-Karaoke zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Für viele Berliner ist die Show jeden Sonntag ein Ritual – erst Flohmarkt, dann den Laien-Sängern zuhören, oder selbst ins Mikro singen.

Auch nach über 350 Karaoke-Shows freut sich der Veranstalter, der mit richtigen Namen Gareth Lennon heißt, über die Momente, die ihn so berühren. Die man mit einer Kamera gar nicht festhalten könne und unbedingt einmal selbst erlebt haben solle.
Zum zehnjährigen Jubiläum soll die wöchentliche Karaoke-Show auch in diesem Jahr wieder tausende Zuschauer in Prenzlauer Berg begeistern. Die Genehmigung beantragte Hatchiban für die Sommersaison, beginnend ab Ostern. Doch am Freitag bekam er eine Absage vom Grünflächenamt. Aufgrund von Bauarbeiten sei es zu gefährlich, im Amphitheater zu singen

Grund für das aktuelle Verbot sind die Baustellen, verursacht durch die Wasserbetriebe. Sie haben im vergangenen Jahr einen unterirdischen Stauraumkanal eingerichtet, ein riesiges Rohr mit vier Metern Durchmesser. Für dessen Belüftung und Reinigung werden nun Schächte installiert.

„Aus Sicht des Straßen- und Grünflächenamtes sind da Gefahrenflächen vorhanden“, heißt es von Nicole Holtz, Sprecherin von Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). Die Situation würde keine größeren Veranstaltungen ermöglichen.

Wasserbetriebe sehen kein Problem

Stephan Natz, Pressesprecher der Berliner Wasserbetriebe sieht das allerdings anders. Er sagt, die Baustellen seien ausreichend gesichert. Es gehe um 19 Schächte, die bis zum Herbst installiert werden müssen. Dabei werden die zuerst gebaut, die im Bereich des Amphitheaters und damit der Karaoke-Veranstaltung sind. Die Bauarbeiten in diesem Bereich sollen aber schon im Juni beendet sein.

Die Aushebungen sind jeweils quadratisch und etwa drei Mal drei Meter breit. Sie sind allerdings auch sieben Meter tief. Sollte jemand hineinfallen, könnte sich die Person schwer verletzten oder sogar tödlich verunglücken. Natz sieht einen versehentlichen Sturz aber nicht als Gefahr: „Unsere Baustellen sind so gesichert, dass jeder, der es nicht darauf anlegt dort drüber zu klettern, auch nicht reinfällt.“

Doch die Wasserbetriebe sind nur für ihre Baustellen verantwortlich, nicht für Großveranstaltungen. „Da ist das Straßen- und Grünflächenamt in der Pflicht, das zu sichern, und nicht die Wasserbetriebe. Da vertrau ich auch auf deren Kompetenz“, sagt Nicole Holtz.

Natz bringt noch eine andere Möglichkeit für die Entscheidung des Bezirks ins Spiel: „Mein Eindruck ist, dass wir mit unserer Baustelle in dieser Situation ganz gelegen kommen, um zu sagen ’nein das genehmigen wir jetzt nicht’.“ Vergangenes Jahr hatten sich Anwohner über den Lärm im Park beschwert.

Lärm von Parkbesuchern unter der Woche

Ist die Baustelle also ein Vorwand, um die Veranstaltung los zu werden? Joe Hatchiban ist sich nicht sicher, für unwahrscheinlich hält er es aber nicht. Vergangenes Jahr hatte es laut Pankows Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (parteilos/für AfD) „massiv Anzeigen wegen Lärmbelästigung“ gegeben. Er forderte deshalb „klare Regeln“, Verbotsschilder und Parkwächter zum Schutz der Anwohner rund um die Bernauer Straße vor dem Treiben.

Joe Hatchiban hat auch schon mit Anwohnen gesprochen, sagt er. Seinem Eindruck nach geht es ihnen um Lärm von Parkbesuchern nachts unter der Woche, und nicht um die Karaoke-Sonntage. „Zumindest vor mir haben sie das so gesagt.“

Sollte die Stadt tatsächlich langfristig das Mauerpark-Karaoke verbieten, glaubt Hatchiban, dass es an einem anderen Ort wieder auftauchen wird. Nicht von ihm organisiert und vielleicht auch nicht legal. Doch soweit soll es gar nicht kommen. Zahlreiche Unterstützer setzen sich für die Veranstaltung ein, erzählt er. Er lasse sich erstmal nicht aus der Ruhe bringen.

Seit 2009 stelle er diesen Genehmigungsantrag jedes Jahr wieder, höchstens zwei Mal sei er reibungslos durchgegangen. Für den DJ gehört das schon zum Prozess dazu. Und bisher hat es immer irgendwie geklappt. Er bleibe mit dem Amt in Kontakt. Sobald die Bauarbeiten in der Nähe des Veranstaltungsorts beendet sind, könnte er die Genehmigung noch schlussendlich doch noch erhalten.

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