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Nur ein Drittel der neuen Lehrer hatte im Jahr 2018 eine Pädagogenausbildung.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Berliner Lehrer auf dem Sprung: Jede Menge Angebote aus Brandenburg

Weil sie nicht verbeamtet werden, hatten über 900 Lehrkräfte vor dem SPD-Parteitag ihren Weggang in Aussicht gestellt. Was ist daraus geworden?

Der Tag der Wahrheit rückt näher: Klappt es, alle offenen Lehrerstellen zu besetzen und wenn ja wie? Das ist kurz vor den Sommerferien die beherrschende Frage. Dieses Jahr ist die Sorge besonders groß, denn im März hatten 924 ausgebildete Lehrer und Referendare durch ihre Unterschrift bekräftigt, dass sie erwägen, Berlin den Rücken zu kehren.

Ihre Forderung: Die SPD sollte auf ihrem Parteitag der Rückkehr zur Verbeamtung den Weg ebnen. Taten die Sozialdemokraten aber nicht. Und nun? Sind die 924 tatsächlich auf dem Absprung?

Ausgegangen war die damalige Unterschriftenaktion von Lehrerinnen der Schöneberger Sternberg-Schule. Eine der Initiatorinnen, Christina Braun, berichtet dem Tagesspiegel, dass die betreffenden Sternberg-Kolleginnen „nicht dieses Jahr gehen, aber 2020“. Sie hätten sich in Brandenburg beworben und würden "am laufenden Band angeschrieben". Etwa 50 bis 60 Angebote – "beispielsweise aus Potsdam, Werder und Ludwigsfelde" lägen bereits vor.

Braun betonte, dass die Lehrkräfte "eigentlich in Berlin bleiben wollen". Noch hofften sie auf die vom SPD-Parteitag angestoßene „ergebnisoffene Prüfung“. Wenn das zu nichts führe, werde es 2020 eine "große Abwanderungswelle" geben, erwartet die Sternberg-Initiative. Wie berichtet, hatte die SPD-Fraktionsspitze für die Verbeamtung votiert und dabei ebenfalls die ständige Abwanderung nach Brandenburg als Argument vorgebracht.

Zwei frische Kündigungen

Florian Bublys von der Intiative "Bildet Berlin" hat ebenfalls keine Kündigungszahlen, aber immerhin konkrete Beispiele: "Ein von mir ausgebildeter Politiklehrer meiner Schule geht jetzt nach Brandenburg. Ein ebenfalls von mir mit Note 1 ausgebildeter Referendar, den ich als Ersatz an meine Schule holen wollte, hat gestern schweren Herzens abgesagt – er hat eine Stelle in Hamburg", sagt Bublys.

Die Antwort der Bildungsverwaltung lautet, dass zum Wechsel und zu Kündigungen von Lehrkräften "noch lange" keine Zahlen vorlägen. Es sei ja "generell noch alles im Fluss", teilte ihr Sprecher Thorsten Metter dem Tagesspiegel mit.

Drei von 924. Die Lehrinnen Alina Fröhlich (v.l.), Maren Peters-Choi und Katharina Legnowska haben die Unterschriftenaktion gestartet.
Drei von 924. Die Lehrinnen Alina Fröhlich (v.l.), Maren Peters-Choi und Katharina Legnowska haben die Unterschriftenaktion gestartet.

© Selina Bettendorf

2800 Kräfte werden gebraucht

Als sicher gilt, dass ausgebildete Lehrer auch ohne eine Abwanderung der besagten 924 Kolleginnen und Kollegen abermals nur einen Bruchteil des Bedarfs decken können, denn es werden 2700 bis 2800 Kräfte gebraucht, berichtet Dieter Haase, der Vizevorsitzender des Gesamtpersonalrates. Somit werden wieder Quereinsteiger gesucht, die zwar nicht über eine Lehrerausbildung verfügen, aber ein Fach der Berliner Schule – also etwa Germanistik, Englisch, Mathematik oder Biologie – studiert haben: Sie absolvieren berufsbegleitend zu ihrem Unterrichtseinstieg am 5. August ein Referendariat, können also nicht für die volle Stundenzahl eingesetzt werden. Die 2700 Kräfte entsprechen somit rein rechnerisch weniger als 2000 Vollzeitstellen.

Seit mehreren Jahren reichen nicht einmal die Quereinsteiger, um die freien Stellen zu besetzen.
Seit mehreren Jahren reichen nicht einmal die Quereinsteiger, um die freien Stellen zu besetzen.

© Tagesspiegel/Böttcher

Die Belastung an den Schulen steigt

Da der Quereinsteigermarkt schon 2018/19 abgegrast war, wird allgemein damit gerechnet, dass abermals neben den Quereinsteigern viele Kräfte eingestellt werden müssen, die kein Schulfach studiert haben: In Berlin nennt man sie "Lehrer ohne volle Lehrbefähigung" (Lovls).

Die noch unbekannte Zahl von Lovls trifft in diesem Sommer in den Schulen auf die 850 Quereinsteiger und 900 Lovls vom Vorjahr, womit sich die potenziellen Nachteile für die Schüler erhöhen.

Zudem steigt die Belastung für die Lehrer, die mit der Einarbeitung und Betreuung der Lovls und Quereinsteiger befasst sind. Unter denen, die Betreuung brauchen, sind auch die Studenten, die unter dem Motto "Unterrichten statt Kellnern" als Lehrer an die Schulen geholt wurden.

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