zum Hauptinhalt
Juso-Landeschefin Annika Klose gibt nach fünf Jahren den Landesvorsitz der Jugendorganisation ab.

© picture alliance / Anna Kleimann

Berliner Jusos wollen die SPD nach links drehen: „Den ausbeuterischen Kapitalismus überwinden“

Auf einer Landeskonferenz am Wochenende wollen die Berliner Jungsozialisten ihr linkes Profil schärfen und fordern eine sozialistische Stadtpolitik.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner Jungsozialisten, die am nächsten Wochenende einen neuen Landesvorstand wählen, wollen mit einem kompromisslos linken Kurs in die Offensive gehen – und dabei die eigene Partei mitnehmen. „In Tradition der Arbeiterbewegung streben wir danach, das ausbeuterische kapitalistische System zu überwinden“, steht im Leitantrag des Vorstands für die Delegiertenkonferenz.

[Mehr als 180.000 Haushalte haben unsere Tagesspiegel-Bezirksnewsletter schon abonniert. Die gibt es kompakt, kiezig, kostenlos - und Bezirk für Bezirk unter leute.tagesspiegel.de]

„Wir streiten für eine Demokratisierung aller Lebensbereiche, eine Vergemeinschaftung der Produktionsmittel und des erwirtschafteten Mehrwerts sowie für ein sinnerfülltes Leben ohne Existenzängste für alle.“

Ihre klare politische Haltung können die Jusos selbstbewusst vertreten. Mit über 6.000 Mitgliedern spielt der SPD-Nachwuchs eine zunehmend wichtige Rolle im Landesverband der Regierungspartei, die rund 20.000 Genossen zählt. „Wir wollen durch die Besetzung wichtiger Positionen, die inhaltliche Mitgestaltung und die aktive Einbringung möglichst viel Rückhalt innerhalb der Partei erzielen“, heißt es im Leitantrag, der das Arbeitsprogramm der Jusos bis 2022 darstellt.

Der Berliner SPD "den Stempel aufdrücken"

Sowohl in Berlin als auch bundesweit sehen sich die Jungsozialisten in der Lage, „der SPD unseren Stempel aufzudrücken“. Viele Menschen setzten ihre Hoffnung auf die Jusos, „um die SPD auf links zu drehen“. In Berlin sehen sich die Junggenossen, die mit mehreren Mitgliedern im SPD-Landesvorstand vertreten sind, schon jetzt in der Lage, „Mehrheiten bei Parteitagen zu organisieren“.

Doch bei der Verteilung von Ämtern und Mandaten sehen sich die Jusos noch massiv unterrepräsentiert. „Das muss sich ändern!“

Mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2021 haben sich die Jungsozialisten schon festgelegt. Die „progressive Regierungskoalition“ aus SPD, Linken und Grünen solle weiterarbeiten – und man werde innerhalb der SPD dafür kämpfen, dass es gar nicht erst zu „Liebäugeleien mit Union und FDP“ komme. Das nächste sozialdemokratische Wahlprogramm müsse ein „Ort mutiger Zukunftsentwürfe“ werden anstatt nur an „moderaten Stellschrauben“ zu drehen.

Dies werden die Jungsozialisten wohl mit der designierten SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey bereden müssen, die dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird.

Sozialistische Programmatik für den Berliner Wahlkampf

Für den Parteinachwuchs ist klar: Es gehe um eine sozialistische Programmatik, einschließlich der Demokratisierung von Wirtschaft und Arbeit, einen „möglichen Dualismus aus Parlamenten und Rätestrukturen“ und die Frage nach systemüberwindenden Reformen und Revolutionen. Berlin müsse, so wird es im Leitantrag formuliert, zu einer „sozialistischen Stadtentwickelt“ werden.

Aber es geht auch konkreter: Gemeinnütziger und demokratisch organisierter Wohnraum müsse zum Regelfall werden, die Stadt brauche schnellstmöglich Klimaneutralität und das Gefälle zwischen S-Bahnring und Außenbezirken müsse beseitigt werden, fordern die Jusos.

Gemeinschaftsschule für alle und eine liberale Drogenpolitik

In der Bildungspolitik lehnen die jungen Genossen eine Verbeamtung von Lehrern ab und sie wollen das mehrgliedrige Schulsystem durch die Gemeinschaftsschule als „einzige Regelschulform“ bis 2030 ersetzen“. Außerdem wollen die Jungsozialisten über die Legalisierung von Cannabis hinaus über eine „liberale Drogenpolitik“ diskutieren. Und über die Frage, ob und wie das Land Berlin bedeutende Wirtschaftszweige vergesellschaften könne. In jedem Fall solle genossenschaftliches Wirtschaften in Berlin zur Regel werden.

In der Verkehrspolitik fordern die Jusos in einem weiteren Vorstandsantrag eine „intelligente und soziale City-Maut“. Die Einkünfte darauf sollen dem öffentlichen Personennahverkehr in Berlin zugute kommen.

Um den politischen Diskurs in der Stadt voranzubringen, wollen die Jusos sich enger mit linken und gewerkschaftlichen, antifaschistischen und feministischen Organisationen vernetzen, Seminare zu Grundlagen sozialistischer Theorie anbieten und einen stadtpolitischen Basiskongress organisieren. Dort entwickelte Forderungen sollten in das Wahlprogramm der Berliner SPD für 2021 integriert werden.

Zur Startseite