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Die verbotene Fussilet-Moschee: An dem Treffpunkt der militant salafistischen Szene verkehrte auch Anis Amri.

© Maurizio Gambarini/dpa

Berliner IS-Unterstützer: Prozess gegen Salafisten aus Amri-Umfeld beginnt

Vor dem Kammergericht Berlin beginnt am Donnerstag der Prozess gegen vier IS-Unterstützer aus dem Umfeld des Attentäters Anis Amri. Amris Anschlag steht dabei allerdings nicht im Mittelpunkt.

Von Frank Jansen

Die terrorverdächtige Gruppe wirkt auf makabre Weise mannigfaltig. Ein körperlich behinderter Schulabbrecher, zwei Taxi-Kleinunternehmer, ein arbeitsloser Schläger – das könnten Figuren aus einem mittelmäßigen Krimi sein. Doch der Fall zeugt mutmaßlich vom Bedrohungsszenario, dem Berlin ausgesetzt ist.

Die Männer müssen sich von Donnerstag an vor dem Kammergericht verantworten, weil sie die Terrormiliz „Islamischer Staat“ unterstützt und eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben sollen. Die Geschichte ist zusätzlich brisant, weil die Angeklagten offenbar Anis Amri kannten, den Attentäter vom Breitscheidplatz.

Der Deutschmarokkaner Soufiane A. (22), die Türken Emrah C. (32) und Resul K. (46) sowie der Deutsche Feysel H. (25) zählten nach Erkenntnissen der Berliner Sicherheitsbehörden zum Stammpersonal der Fussilet-Moschee in Moabit. An dem Treffpunkt der militant salafistischen Szene verkehrte auch Amri.

Zuletzt am 19. Dezember 2016 – eine Stunde bevor er einen Lkw kaperte, den polnischen Fahrer erschoss und auf dem Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche elf Menschen totfuhr. Im Februar 2017 holte Innensenator Andreas Geisel (SPD) dann zum Schlag gegen die Brutstätte salafistischer Militanz aus und verbot den Moscheeverein „Fussilet 33“.

Die Reisen nach Syrien misslangen

In der Verfügung des Senators werden Soufiane A., Emrah C. und Resul K. erwähnt. Eine Woche vor dem Verbot hatte die Polizei die Männer festgenommen. Feysel H. wurde kurz zuvor abgeführt.

In dem nun startenden Prozess gegen die vier Salafisten steht allerdings nicht der Anschlag von Anis Amri im Mittelpunkt. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, gemeinsam mit weiteren Beschuldigten Ende 2016 versucht zu haben, von Berlin nach Syrien zu reisen, um sich in dem Bürgerkriegsland der Terrormiliz IS anzuschließen.

Geld für die Touren sollen Soufiane A. und Feysel H. mit dem betrügerischen Kauf teurer Handys organisiert haben. Die Angeklagten sollen mit falschen Angaben Kredite erschlichen und bei Media Markt sowie Saturn vier Smartphones erworben haben, um sie zu verkaufen. Doch die Reisen nach Syrien misslangen.

Ermittler schildern den Verlauf so: Feysel H., Emrah C. und Resul K. fuhren mit dessen Taxi los. Bei einer Kontrolle in Kroatien fiel jedoch auf, dass im Personalausweis von Feysel H. ein Verbot der Ausreise aus Deutschland vermerkt war. Der Mann musste zurück. Emrah C. und Resul K. kamen bis nach Istanbul, hörten dort aber schreckliche Geschichten über den IS und traten die Heimreise nach Berlin an.

Ort dschihadistischer Wahnvorstellungen

Soufiane A. wurde im italienischen Ancona von der Polizei gestoppt. Die Beamten schickten A. nach Deutschland zurück, in seinem Pass war ebenfalls eine Ausreisebeschränkung vermerkt. Es soll A. allerdings gelungen sein, von Berlin aus einen weiteren Beschuldigten, Husan S. H., zur Terrormiliz zu schleusen. Der Mann habe eine Kampfausbildung bekommen, sagen Sicherheitskreise. Bei einem Einsatz für den IS sei er verletzt worden.

Als Beleg für den Fanatismus von A. nennen Sicherheitsexperten auch seine Bereitschaft, trotz seiner Behinderung an der Wirbelsäule beim IS kämpfen zu wollen. Der Mann sei zudem wegen räuberischer Erpressung vorbestraft. Und dem Angeklagten Feysel H. würden im aktuellen Verfahren auch Gewaltdelikte vorgeworfen, heißt es. Der Salafist soll seinen Bruder misshandelt und in der Untersuchungshaft mehrmals Justizvollzugsbedienstete angegriffen haben.

Das Verfahren gegen Soufiane A., Emrah C., Resul K. und Feysel H. lässt ahnen, dass die Fussilet-Moschee ein Ort dschihadistischer Wahnvorstellungen war. Anis Amri passte dahin. Soufiane A. hatte bereits 2013 bei Facebook gepostet, „mit dem sprengstoff im auto direkt in den bundestag al jannah frau merkel ausgelöscht“. Ein Jahr später soll er bei einer Versammlung geäußert haben, „ich werde so lange weitermachen, bis man mich erschießt".

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