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Schüler und Lehrerin an der Tafel in einer Grundschule in Berlin.

© picture alliance / dpa

Berliner Grundschulen: Erfahrene Lehrer sollen nicht leer ausgehen

Ein neues Punktesystem soll Ungerechtigkeiten bei der Bezahlung von Berliner Lehrern mildern. Das sorgt für Unruhe in den Lehrerzimmern.

Die drohende Schlechterstellung erfahrener Grundschullehrer gegenüber Nachwuchskräften soll verhindert werden: Die Lehrergewerkschaft GEW und Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) wollen sich offenbar auf ein Punktesystem einigen, mit dem eine bessere Bezahlung „einer großen Gruppe“ der rund 15.000 Beschäftigten erreicht werden könnte. So steht es in einem GEW-Mitgliederschreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Demnach soll es für Berufserfahrung, besondere Funktionen und Fortbildungen Punkte geben, damit auch ältere Grundschullehrer in die höhere Gehaltsstufe EG 13aufsteigen können: Sie gilt ab Sommer – allerdings erstmal nur für Lehrer, die seit Inkrafttreten des neuen Lehrkräftebildungsgesetzes im August 2014 ihre Ausbildung beendeten.

Wer die notwendige Punktzahl noch nicht erreicht, könne sie „zeitnah durch die Teilnahme an Fortbildungen nachholen“, heißt es weiter. Die GEW rechnet im Juni mit der abschließenden Einigung.

Es gärt in den Lehrerzimmern

Dass sie ihren Mitgliedern vorab das "Zwischenergebnis" mitteilt, ohne auf die komplette Einigung mit dem Finanzsenator zu warten, erklärt die GEW damit, dass sie ihre Mitglieder nicht länger im Unklaren lassen wollte. Tatsächlich gärt es in vielen Lehrerzimmern: Ausgerechnet jene Tausende Lehrer, die seit Jahren oder Jahrzehnten die Arbeit an den Grundschulen schultern und aktuell Hunderte Quereinsteiger und Nachwuchskräfte einarbeiten, sollen am September weniger Geld erhalten als die Nachwuchslehrer, weil ihre Ausbildung etwas kürzer war als es neuerdings der Fall ist.

Schon kursieren erste "Wutbriefe", in denen die Betroffenen sich dagegen wehren, als minder qualifiziert behandelt zu werden. Nicht wenige halten es auch für eine Zumutung, jetzt noch zusätzliche Fortbildungen belegen zu müssen, um den künftigen Anfängern gleichgestellt zu werden. Umso wichtiger ist jetzt, dass die GEW mitteilen kann: "Es wird eine große Gruppe von Kolleginnen geben, die die Bedingungen ohne weitere Fortbildungen bereits jetzt erfüllen".

Wie groß diese Gruppe sein wird, ist allerdings völlig offen. Die Finanzverwaltung deutete am Dienstagabend gegenüber dem Tagesspiegel an, dass es noch "ein weiter Weg" sei, bis die Einzelheiten zu dem Punktesystem geklärt seien. Was nicht wundert, denn es geht um sehr viel Geld - womöglich um einen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr. Auf jeden Fall müssen sowohl das Laufbahnrecht als auch die Bildungslaufbahnverordnung geändert werden.

Geld gegen den Mangel

Ein weiterer wichtiger Punkt wurde laut GEW mit dem Finanzsenator schon vollständig geklärt: Die attraktive Zulage (Erfahrungsstufe 5) für alle voll ausgebildeten Lehrer sei bis 2022 gesichert, teilte die GEW ebenfalls in dem Mitgliederbrief mit. Diese Zulage war vom vorletzten Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) durchgesetzt worden, um mit den Ländern, die ihre Lehrer verbeamten, konkurrieren zu können. Auch einige Lehrer aus Österreich konnten mit diesem guten Gehalt angeworben werden.

Hintergrund der besseren Bezahlung ist der große Lehrermangel: Vor einem Jahr machte der Tagesspiegel bekannt, dass Berlin zum Sommer 1000 Grundschullehrer brauchte, aber nur 175 die Ausbildung beendeten. Selbst ehemalige DDR-Lehrer, die seit 25 Jahren nur als Erzieher gearbeitet hatten, wurden zurück an die Schulen geholt. Jeder dritte neu eingestellte Grundschullehrer gilt inzwischen als Quereinsteiger.

Um den Mangel zu mildern, wird mit der besseren Besoldung versucht, aus anderen Bundesländern Lehrer zu werben und die Abwanderung in andere Bundesländer einzudämmen und den Schulfrieden in den Lehrerzimmern zu halten: Dort herrscht ohnehin schon seit Jahren Frust, da die Beamten besser gestellt sind als die Angestellten. Wenn nun die neuen Lehrer wesentlich mehr verdienen würden als die bereits tätigen, würde dies als weitere Gerechtigkeitslücke empfunden.

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