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Letzter Aufruf THF. Der Rosinenbomber DC-3 Dakota vor dem Abschiedsflug am 29. Oktober 2008.

© Wolfgan Kumm/dpa/lbn/picture alliance

Berliner Flughäfen: Vor zehn Jahren starteten die letzten Flieger von Tempelhof

Am 30. Oktober 2008 endete der Flugbetrieb des Tempelhof Airport: Eine Ju 52 und eine DC-3 hoben damals feierlich ab.

30. Oktober 2008, ein verregneter Donnerstag, kurz vor Mitternacht. Die beiden Maschinen waren gerade losgerollt, vorneweg die DC-3 des Air Service Berlin, kurz dahinter die Ju 52 der Deutsche-Lufthansa-Berlin-Stiftung. Ein historischer Moment: Die letzten offiziellen Starts vom Flughafen Tempelhof standen bevor, 85 Jahre Berliner Luftfahrtgeschichte würden in wenigen Minuten enden.

Doch plötzlich stoppte die Tante Ju, ein Techniker eilte hin, die Kabinentür wurde geöffnet und ein kleiner altertümlicher Koffer, den im Stil der dreißiger Jahre gekleidete Kinder kurz vor dem Start gebracht hatten, wurde wieder ausgeladen, zu den wartenden Fotografen und Kameraleuten zurückgetragen und samt seinem Aufkleber präsentiert: „Ich hab noch einen Koffer in Berlin.“

Stromversorgungsprobleme vor dem Start

Koffer? Steffen Wardin, einer der beiden Geschäftsführer des Air Service Berlin und damals Co-Pilot im Rosinenbomber, kann sich daran nicht erinnern und auch nur vage an einen entsprechenden Funkspruch von Georg Kohne, dem Piloten der Tante Ju. Er hatte damals sowieso keine Zeit, sich um Koffer zu kümmern, denn gerade, als es losgehen sollte, war die Stromversorgung der DC-3 in die Knie gegangen, alle Lampen aus, Akkus leer – eine Folge der starken Belastung beim Warten auf den Start, als immer wieder die aktuelle Wetterlage abgefragt werden musste. Die Technik war ja auch nicht gerade die neueste. Wardin musste nach hinten klettern, die Systeme runterfahren, resetten und wieder hochfahren – 30 lange bange Sekunden.

Für Emotionen blieb ihm als Co-Pilot da kaum Raum, im Gegensatz zu Georg Kohne. Der Pilot der Tante Ju rang bei Interviews mit Journalisten aus aller Welt sichtlich um Fassung und musste mit den Tränen kämpfen, wie er bekannte. Tempelhof sei sein Lieblingsflughafen gewesen, „er war persönlich, übersichtlich und sah aus der Luft so aus, als ob er einen mit offenen Armen empfängt.“ Wardin sah das nüchterner, obwohl er nicht nur einen Start- und Landeplatz verlor, sondern gleich noch den Firmensitz, der, auch finanziell ein Kraftakt, nach Schönefeld verlagert werden musste.

Das besondere Flair in Tempelhof

Der dortige Flughafen war damals auch das Ziel für die beiden fliegenden Oldtimer, ein kurzer, doch wegen des miserablen Wetters anstrengender Flug, wie Wardin erzählt. Und obgleich die Arbeit dort viel entspannter gewesen sei, schon wegen der längeren Piste – das Flair in Tempelhof sei doch ein ganz anderes gewesen.

Eines der letzten Flugzeuge landet am 30. Oktober 2008 auf der Startbahn 27 R des Flughafens Berlin-Tempelhof.
Eines der letzten Flugzeuge landet am 30. Oktober 2008 auf der Startbahn 27 R des Flughafens Berlin-Tempelhof.

© Wolfgang Kumm dpa/lbn/picture alliance

Lange war über das Aus des innerstädtischen Flughafens gestritten worden, dabei war es mit der Festlegung von Berlin, Brandenburg und Bund auf den Standort Schönefeld für einen neuen zentralen Großflughafen eigentlich besiegelt. Die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH hätte ihn wegen der hohen Kosten, die er verursachte, sowieso lieber gestern als heute geschlossen. Aber es gab auch Anhänger des alten Flughafens, wenngleich nicht genug, wie der Volksentscheid vom 27. April 2008 zeigte.

Zwar war eine klare Mehrheit der abgegebenen Stimmen für den Weiterbetrieb Tempelhofs, die Beteiligung an der Abstimmung allerdings zu gering, wobei es ein deutliches Ost-West-Gefälle gab. In Lichtenberg oder Pankow war das Interesse an dem legendären Flughafen der Luftbrücke nun mal geringer als in Steglitz-Zehlendorf oder Charlottenburg-Wilmersdorf.

Eine letzte Landung 2010

Und so endete an einem verregneten Herbsttag vor zehn Jahren die Geschichte des schon lange nicht mehr größten, aber doch berühmtesten deutschen Flughafens. Die Flughafengesellschaft hatte 800 Vertreter aus Politik und Wirtschaft zu einem Abendempfang in die Abflughalle gebeten, während draußen etwa 300 Tempelhof-Anhänger noch einmal gegen die Schließung protestierten und am Tempelhofer Damm die „Plane Spotter“ auf letzte Schnappschüsse hofften.

Ursprünglich sollte der Flugbetrieb einen Tag länger aufrechterhalten bleiben, doch durch ein Missverständnis wurde in dem Bescheid der Luftfahrtbehörde das Aus zwar für den 31. Oktober verfügt, doch bereits für 0 Uhr. Um Mitternacht erlosch also die Betriebserlaubnis, drei Maschinen, zwei Antonow-Doppeldecker und eine Beechcraft-Sportmaschine, hatten es nicht mehr rechtzeitig geschafft abzuheben: Das Wetter war zu schlecht.

Es gab danach noch eine mittelschwere Zankerei mit der Flughafengesellschaft, die von „Provokation“ sprach, aber zuletzt erhielten die Maschinen dann doch eine Sondererlaubnis und durften am 24. November Tempelhof verlassen. Danach gab es dort nur noch eine Landung: Am 26. Juni 2010 entschied sich der Pilot einer Sportmaschine mit Motorproblemen, dort runterzugehen. Obwohl das Flugfeld mittlerweile die größte Spielwiese Berlin geworden war, ging die Notlandung gut aus, nur starten durfte die Maschine nicht mehr. Per Tieflader wurde sie weggebracht.

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