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Eigentlich produziert die Firma Karl Rabofsky GmbH in Berlin Marienfelde Faltmaschinen, die die Hersteller von Schutzmasken kaufen. Dieser Tage stellen die Mitarbeiter des Unternehmens selbst Schutzmasken her.

© Stephani Gittner/Karl Rabofsky GmbH

Berliner Firma feilscht mit Bundesregierung: Poker um acht Sattelschlepper voller Schutzmasken aus China

Ein kleiner Mittelständler aus Berlin-Mariendorf könnte fünf Millionen Schutzmasken für die Bundesregierung beschaffen. Doch das Geschäft hat seine Tücken.

Michael Sperling könnte verzweifeln. Denn eigentlich scheint der Geschäftsführer beim Maschinen- und Anlagenbauer Karl Rabofsky GmbH aus Marienfelde im Berliner Süden bisher alles richtig gemacht zu haben in der Coronakrise. Nun aber schienen starre Regeln der Behörden bei der Beschaffung von Ausrüstung den Erfolg zu vereiteln.

Die Karl Rabofsky GmbH ist ein bereits 1896 gegründeter Hersteller von Faltmaschinen und anderen Spezialanlagen für die Nahrungsmittel-, Auto- und Textilindustrie. Unter Sperlings Führung hat das Unternehmen mit Sitz im Gewerbegebiet an der Motzener Straße sehr flexibel reagiert und die Produktion schon vor Wochen umgestellt auf Schutzmasken, die nun alle Welt eher haben will als die Anlagen.

Weil die Firma nur 50 Mitarbeiter beschäftigt, kann sie allein aber unmöglich die gigantische Nachfrage stillen. Sie profitiert aber von ihren ausgezeichnet guten Kontakten zu Kunden in China. Das sind nämlich große Schutzmaskenhersteller, die Maschinen der Karl Rabofsky GmbH gekauft haben.

Über diese Kontakte konnte das relativ kleine Unternehmen kürzlich schnell und zuverlässig 1,7 Millionen Masken aus China für die Kassenärztliche Vereinigung (KV) beschaffen – gegen Vorkasse bei den Lieferanten. Die KV bezahlte den Berlinern ein Mehrfaches der Summe für jede Maske, die in Vor-Corona-Zeiten für rund 50 Cent erhältlich gewesen wäre, noch am Tag der Lieferung. Dieser Großauftrag ging auch durch die Medien.

Beflügelt von dem Erfolg, beteiligte sich der Mittelständler nun auch an einer noch größeren Ausschreibung des Bundesgesundheitsministeriums. Das will jetzt offenbar ein Vielfaches des ursprünglichen Preises aus Vor-Corona-Zeiten zahlen. Bedingung ist aber: Lieferanten können fünf Millionen Masken liefern und das schnell, bis zum kommenden Donnerstag, den 30. April.

Eine Teil-Lieferung lehnt das Ministerium ab - zu dem Preis

„Das können wir leider so nicht garantieren, weil wir beim Hersteller den kompletten Kaufpreis vorstrecken müssen. Banken helfen uns zwar, aber hier kommen wir an unsere Grenzen“, sagt Sperling. Sein Angebot an das Ministerium: Drei der fünf Millionen Masken gibt es bis Donnerstag, die verbleibenden zwei Millionen zwei Wochen später. Dann könne man womöglich auch über den Preis der Beschaffung sprechen. Doch darauf will sich das Ministerium in diesem „Open-House-Verfahren“ offenbar nicht einlassen, klagt Sperling.

Der Auftrag wäre eine logistische Herausforderung. Eine Million verpackte Masken im Schutzstandard FFP2 benötigen etwa anderthalb große Lkw-Ladungen. "Insgesamt bräuchten wir also Sattelschlepper für diesen Auftrag", rechnet sich Sperling aus.

Er hofft, dass er doch noch irgendwie mit der Regierung ins Geschäft kommt. Dieser 25-Millionen-Auftrag würde seiner kleinen Firma – das will der Mann nicht verhehlen – in der Krise helfen, Jobs zu sichern. Man darf also davon ausgehen, dass die Berliner die Masken zu einem geringeren Preis in China einkaufen können.

Michael Sperling, Geschäftsführer des Maschinenbauers Karl Rabofsky GmbH aus Berlin-Marienfelde.
Michael Sperling, Geschäftsführer des Maschinenbauers Karl Rabofsky GmbH aus Berlin-Marienfelde.

© Stephani Gittner/Karl Rabofsky GmbH

Das Gesundheitsministerium teilte dem Tagesspiegel auf Anfrage mit: „Alle Angebote, die eingehen, werden sorgfältig geprüft und bearbeitet.“ Man bitte um Verständnis dafür, dass man zu einzelnen Angeboten keine Auskunft geben könne. Das Ministerium ist mittlerweile in einer etwas besseren Verhandlungsposition als noch Anfang März bis Anfang April, als für Deutschland bestimmte Schutzmasken beim Umladen einfach weggekauft worden sind - wie Masken für die Berliner Polizei am Flughafen Bangkok. Seit März importierte das Ministerium rund 108 Millionen Masken. Und es noch weitere Millionen folgen - wenn wohl auch nicht mehr zu jedem Preis.

Berlin Partner richtet Plattform für Maskengroßhändler ein

Etwas mühsamer - aber sicher möglich - wäre es für das Unternehmen, die Masken in China einzukaufen, die Lieferung dann aber zu zerstückeln und an mehrere Kunden auszuliefern. Möglich wäre das zum Beispiel über die erst am Donnerstag eingerichtete Plattform www.alltagsmasken.berlin, die die landeseigene Wirtschaftsagentur Berlin Partner in Zusammenarbeit mit mehreren Senatsverwaltungen entwickelt hat, um Händler und Käufer schneller zusammenzubringen.

Hintergrund der Aktion ist die neue - wenn auch umstrittene - Pflicht zur Nutzung einer Schutzmaske im öffentlichen Personennahverkehr in Berlin ab Montag (27. April). Andere Länder haben ähnliche Regelungen, die auf unbestimmte Zeit gelten dürften. Das Portal richtet sich weniger an Privatpersonen als an Firmen und Einrichtungen, die große Stückzahlen benötigen – oder anbieten können, teilte Berlin Partner mit. Anbieter und Interessenten können auf diesem Wege in Verbindung treten und Liefer- sowie Zahlungsbedingungen aushandeln. Der eigentliche Verkauf werde nicht auf der Website abgewickelt.

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